Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
Vom Netzwerk:
Ehrendoktor an vierzehn Universitäten. Seit vielen Jahren arbeite ich auf dem Gebiet der genetischen Forschung. Über zehn Jahre habe ich gebraucht, um als erster Mensch hinter das Geheimnis des genetischen Codes zu kommen. Sehen Sie sich dieses Notizbuch an, Plath. Der Inhalt ist nicht mit Gold aufzuwiegen, denn dieses unscheinbare Buch enthält den Schlüssel zum größten Geheimnis der Menschheit, das Geheimnis der gesteuerten Rasse, Leben nach meinem Willen…«
Er fuchtelte mit dem abgegriffenen Notizbuch vor Brunos Gesicht, schlug nervös einige Seiten auf, die mit Zahlen und Formeln vollgekritzelt waren. »Hier steht es schwarz auf weiß: Ich habe die künstlichen Viren Phi 174 X und Phi 176 X geschaffen und aus den Nukleotiden das Riesenmolekül entwikkelt, das alle Lebensvorgänge steuert. Aus drei Zauberbuchstaben besteht das ,Sesam, öffne dich’, DNS, Desoxyribonukleinsäure. Wer diesen Schlüssel besitzt, der beherrscht das Leben. Ich schaffe den Übermenschen in der Petrischale. Können Sie mir folgen, Plath? Desoxyribonukleinsäure, DNS – kapiert?«
Der Ärmste befürchtete, den Verrückten noch mehr zu erregen, wenn er verneinte. Daher nickte er interessiert und wiederholte das komplizierte Wort, indem er es vereinfachend Zitronensäure nannte.
»Sie sind ein Idiot, Volksgenosse Plath«, sagte der Professor zornig, »nichts haben Sie begriffen. Wenn ich will, verwandle ich Sie in einen Pavian oder lasse Sie zu einem Zwerg zusammenschrumpfen. Ich forme das Leben wie Brotteig, ich schaffe Wesen nach meinem Willen. Ich bin die Vorsehung!«
Von Pulex kramte in den Papieren auf dem Schreibtisch, zog ein Foto hervor und reichte es Plath. »Schildern Sie, was Sie auf dem Foto erkennen.«
Bis jetzt hatte Bruno von den Fieberphantasien des Professors kein Wort begriffen. Als er nun das Foto betrachtete, wurden ihm unvermittelt einige Zusammenhänge klar. Jetzt wußte er auch, warum ihm das scheußliche Tier so bekannt vorgekommen war. Auf dem Foto war eine Streichholzschachtel abgebildet; darauf hockte ein Floh. Das gleiche Tier, nur in tausendfacher Vergrößerung, hatte ihn im Auto überfallen.
Professor von Pulex nahm ihm das Foto aus der Hand, nachdem Bruno gehorsam das Bild beschrieben hatte. »Ja, ein Floh, Plath, ein kleiner Springinsfeld mit nur sechs Chromosomenpaaren. Ein nutzloses Tier, wie es den Anschein hat, von allen Menschen gefürchtet und gehaßt. Die Furcht wird bald noch größer sein. Schon in natürlicher Gestalt ist der Floh bewundernswert durch seine gewaltige Kraft. Er vermag das Hundertfache seines Körpergewichtes zu tragen und bis zu vier Meter weit zu springen. Das kann nicht einmal der Elefant.
Jahrhunderte lang haben Gaukler die kleinen Räuber für lächerliche Kunststücke abgerichtet – Flohzirkus. Ich habe eine furchtbare Waffe aus ihnen gemacht. Der Rhynchoprion penetrans, wie man den etwas größeren Sandfloh nennt, wird durch mein Hormon fünfundzwanzig Kilo schwer und kann auf ebener Fläche achtzig Meter weit springen – mit Rückenwind sogar bis zu zweihundert Meter. Sein Biß führt zum Tode, wenn nicht sofort Hilfe kommt. Der Hornpanzer meiner Schöpfung ist hieb- und stichfest, und seine Augen übertreffen die besten Teleskope, denn er sieht nachts besser als eine Katze. Das Beste aber ist der unbedingte Gehorsam der Tiere. Sie lassen sich wie Hunde abrichten.«
Der Professor machte eine Pause. Er hatte sich in Ekstase gesteigert, wühlte hektisch in Papieren auf dem Schreibtisch und hielt dabei Selbstgespräche. Bruno entdeckte einen Briefbeschwerer, benutzte ihn in Gedanken als Waffe. Er beobachtete verstohlen Caramallum, der zwischen den Regalen ein Fenster freigelegt hatte.
»Nun kennen Sie mein Geheimnis, Plath«, setzte der Professor seine Erklärungen fort. »Im Morgengrauen schicke ich die ersten drei Kompanien an die Front – die Geheimwaffe des Führers, eine programmierte Variation von Phi 174 X. Rochus, Titus und Vampus werden die Meute anführen. Bedenken Sie: bei günstigem Rückenwind zweihundert Meter. Es ist leicht zu berechnen, wann die braven Springer in Paris oder Moskau angekommen sind. Aber das ist erst ein bescheidener Anfang.«
Erneut hielt von Pulex dem entsetzten Friseur eine Fotografie unter die Nase. »Was ist das, Plath?«
»Eine Ameise, Herr Professor.«
Der Wahnsinnige lächelte verzückt. »Eine Ameise, eine, die ich aus mehr als fünftausend Ameisenarten selektiert habe. Dies ist die Eciton drepanophorum, eine mutige,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher