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Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
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angriffsfreudige und disziplinierte Ameise, die in Marschordnung angreift. Der Floh ist von Natur aus ein Individualist; Ameisen sind eine Volksgemeinschaft. Zwölf von meinen Zuchtexemplaren haben es bereits auf die Größe von Mardern gebracht. In einem halben Jahr werden sie durch mein Wachstumsserum etwa siebzig bis achtzig Zentimeter erreicht haben. Dann marschieren Millionen von ihnen über und unter der Erde, ferngesteuert durch einen kleinen Sender. Schade, daß die lieben Tierchen noch nicht vorführungsreif sind. Mit ihren Zangen können sie nämlich einen Gewehrlauf durchbeißen. Im Augenblick sind sie noch etwas undiszipliniert. Vergangene Woche hat eines der kleinen Luder seinem Wärter das Bein durchgebissen – ritsch, glatt wie mit einem Rasiermesser. Die nächste Generation wird besser programmiert sein und nur auf Befehl die Zangen benutzen.«
Es bedurfte nicht mehr viel, und Bruno hätte bereits vor Angst das Zeitliche gesegnet. Verzweifelt suchte er nach Worten, die den Professor besänftigen könnten, aber es kam ihm nur die klägliche Bemerkung von den Lippen, daß er nicht Blutgruppe A, sondern B habe, was der Flohzüchter indes nicht zur Kenntnis nahm. Caramallum war unterdessen mit seinen Vorbereitungen fertig geworden. Er hatte tatsächlich eine Filmkamera montiert.
»Wir haben einige hundert Karnickel halten müssen, um unsere Hüpfer zu ernähren«, erklärte von Pulex, »ein Ersatz wie alles in Kriegszeiten. Mit Ihnen, Plath, will ich das erste realistische Experiment durchführen. Nun hören Sie schon auf zu zittern. Sie erhalten ein Messer aus bestem Edelstahl. Setzen Sie sich zur Wehr. Menschenskind, Sie waren doch an der Front, haben sogar das Eiserne Kreuz bekommen. Nun zeigen Sie, daß Sie ein ganzer Kerl sind.«
Er gebot ihm mit einer Handbewegung aufzustehen. Bruno erhob sich schwerfällig aus seinem Sessel, hatte das Empfinden, auf Gummibeinen zu stehen. Er wankte zum Regal, blickte durch das Fenster in einen gekachelten Raum, der durch ein eisernes Gitter geteilt war. Ihm wurde schwindlig, als er hinter dem Gitter das gepanzerte Rieseninsekt bemerkte.
»Unser Rochus«, erklärte der Professor begeistert, »ist er nicht herrlich anzusehen? Mit ihm sollen Sie fertig werden. Zugegeben, es ist keine leichte Aufgabe, aber vielleicht haben Sie Glück. Möglich, daß Sie ihm sympathisch sind. Auf dem Fußboden finden Sie den Dolch. Blut und Ehre, mein Freund. Wenn Rochus sich auf Sie stürzt, wehren Sie ihn mit dem Dolch ab – das ist Ihre Chance, Plath.«
»Ich will nicht«, flüsterte Bruno bebend, »bitte, Herr Professor, mir ist schlecht…«
Caramallum packte ihn am Jackett, hob ihn mühelos zur Tür. Bruno erhielt einen Stoß in den Rücken. Er taumelte, fiel auf den Steinfußboden. Hinter ihm schloß sich die Tür.
»Nehmen Sie doch den Dolch, Mann!« hörte er den Professor rufen. Er sah die beiden hinter der Glasscheibe. Ihre ernsten Gesichter zeigten höchstes Interesse. Er griff nach dem Dolch, fand aber nicht die Kraft, ihn fest zu umklammern. Es erschien ihm auch aussichtslos, mit dieser Waffe gegen das Tier zu kämpfen. Die Bestie hatte bereits sein Blut gewittert, kroch, unruhig geworden, am Gitter hoch.
Bruno vernahm wieder das eigentümliche Zischen und sah die phosphoreszierenden Lichter wieder. Ein klirrendes Geräusch ließ ihn zusammenfahren. Das Gitter teilte sich in der Mitte, der Spalt wurde langsam größer.
Er taumelte in die Ecke. Rochus, wie der Professor das Höllenvieh nannte, zwängte sich durch die größer werdende Öffnung, stand mit seinen drahtigen Beinen bereits auf der anderen Seite. Ein widerlicher Gestank wehte durch den Raum. Als sich das Gitter so weit geöffnet hatte, daß der Weg frei war, verharrte der Riesenfloh einen Augenblick an seinem Platz. Bruno sah, wie er die behaarten Beine unmerklich zurückzog. Der gedrungene Körper duckte sich zum Sprung. Wachsbleich im Gesicht, drückte sich Bruno gegen die Wand, glich der erstarrten Maus, die auf den Biß der Schlange wartet.
Blitzschnell stieß sich das Untier ab. Er hob die Arme schützend übers Gesicht, verspürte die nadelspitzen Krallen in den Beinen, sackte zusammen. Im Fallen drangen ihm peitschende Schüsse in die Ohren. Das Licht erlosch, durch den Zwinger polterten Nagelschuhe. Wieder knallte es einige Male. Der Körper des Tieres, das ihn noch immer umklammerte, sank zur Seite.
Was nun folgte, nahm er nur im Dämmerzustand wahr. Eine Taschenlampe leuchtete auf, der Lichtkegel
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