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Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Titel: Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
Autoren: Mark Boyle
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An anderen Abenden war ich in der Stadt, ausgehungert von der Radtour dorthin, hatte aber vergessen, Proviant mitzunehmen, und traf dann auf der Straße einen Freund oder Bekannten, der mich zum Abendessen einlud.
    Meine Erfahrung ist: Wenn man freimütig gibt, ohne einen Gedanken daran, was man dafür zurückbekommt, dann wird einem auf jeden Fall auch freimütig gegeben. Es besteht ein organischer Fluss zwischen Geben und Empfangen, es ist ein magischer Tanz, auf dem unser gesamtes Ökosystem basiert. Aber das erfordert einen Vertrauensvorschuss, und wir müssen darauf vertrauen, dass die Natur unsere Bedürfnisse erfüllt. Die Christen nennen das »Ernten, was man sät«, die Buddhisten nennen es »Karma«, und die Atheisten nennen es »gesunden Menschenverstand«.
    Hier ein Beispiel: Angenommen, wir wären eine aus 30 Freunden bestehende Gruppe. Wir beschließen, gegenseitig auf unsere Bedürfnisse zu achten und unser Bestes zu tun, um sie zu erfüllen. Jeder Einzelne aus der Gruppe hat jetzt 29 Leute, die sich um sein Wohlergehen kümmern. Doch wenn jeder von uns beschließen würde, in das Leben zurückzukehren, das die meisten von uns heute führen, und überwiegend an sich selbst dächte, gäbe es nur eine Person, die sich um unser Wohlergehen kümmern würde – wir selbst.
    Wenn wir etwas mehr Liebe, Respekt und Fürsorge in die Welt tragen, glaube ich, dass wir alle von einer Welt profitieren werden, in der es mehr Liebe, Fürsorge und Respekt gibt. Das ist keine komplizierte Theorie. Freimütig im Fluss des Gebens und Empfangens zu bleiben, ist eine Herausforderung. Es gelingt mir nicht immer. Doch die Gelegenheiten, bei denen ich in diesem Fluss bin, sind meine glücklichsten Momente. Das Leben scheint einfach, es gibt keine Widerstände, kein Schwimmen gegen den Strom. Das Vertrauen darauf, dass das Leben einen mit allem versorgt, was man braucht, ist für mich die totale Befreiung. Es befreit einen von Sorgen und gibt einem die Möglichkeit zu tun, was auch immer man wirklich tun möchte.
    Geld ist nur eine Art, die Dinge anzugehen
    Das ganze Jahr über meinten viele, dass ich nur deshalb ohne Geld leben könnte, weil andere mit ihm leben. »Wie könntest du eine Straße haben, um darauf Rad zu fahren, wenn es kein Geld gäbe und ich keine Steuern zahlen würde?« Das ist ein nachvollziehbares Argument, aber es basiert auf der unterschwelligen Annahme, dass man Geld braucht, um Dinge zu erschaffen. Eine Annahme, die ich für grundlegend falsch halte.
    Ich habe zunehmend gelernt, dass Geld nur eine Art ist, die Dinge anzugehen. Es ist eine Methode, um denjenigen eine Belohnung zukommen zu lassen, die beim Bau der Straße helfen, aber völlig unnötig für den eigentlichen Straßenbau. Geld ermöglicht einem, Arbeitskräfte von außerhalb einzusetzen. Der Asphalt wird fast immer von weit entfernt arbeitenden Menschen hergestellt. Ein geldloses Leben zwingt uns, die benötigten Materialien vor Ort zu beziehen. Es zwingt uns, Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die Bedürfnisse unserer Gemeinschaft erfüllt werden. Es zwingt uns, mehr Wertschätzung für das aufzubringen, was wir benutzen. Es zwingt uns auch dazu, auf Arbeitskräfte aus der Gegend zurückzugreifen. Etwas, das ich für absolut wesentlich halte, wenn wir so entscheidende Probleme wie Erdölknappheit und Klimawandel erfolgreich lösen wollen. Es gibt keinen Grund dafür, warum einheimische Arbeitskräfte die Straßen und Wege, die sie brauchen, nicht auch bauen könnten. Wenn wir die Entscheidungsfindung auf die Gemeinschaften übertragen würden, was würde dann die Leute aus der Gegend davon abhalten, zusammenzukommen, um all das zu erzeugen, was sie brauchen? Nichts weiter als ein Perspektivenwechsel.
    Vor allem in Interviews wurde ich dafür kritisiert, dass ich mit meinem Rad auf Straßen fahre. Das verstehe ich. Das sieht nach Scheinheiligkeit aus. Aber man kann einem Mann nicht die Augen ausstechen und ihn dann dafür kritisieren, dass er blind ist. Ich muss mit der Welt klarkommen, in der ich lebe, und nicht mit einer idealen Welt, die es nicht gibt. Ich möchte diese Welt, so wie sie ist, nicht aufrechterhalten, aber ich lebe nun mal in ihr. Ein Fahrrad ist meine Art, ein Gleichgewicht zu finden, um einerseits möglichst viel Einfluss durch positive Veränderungen in der Gesellschaft und möglichst wenig Einfluss auf die Umwelt zu nehmen. Hätte ich zu entscheiden, würde ich gern die asphaltierten Straßen opfern, wenn das
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