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Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Titel: Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
Autoren: Mark Boyle
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bedeuten würde, dass wir zu einer wirklich nachhaltigen Lebensform zurückkehren könnten. Und die gleichen Argumente können Sie für alles anführen, was wir bauen wollen, egal, ob Häuser, Brücken, Krankenhäuser oder Schulen. Je mehr ich auf diese Art lebe, desto besser weiß ich, dass eine andere, mehr auf räumliche Nähe ausgerichtete Lebensform möglich ist.
    Not macht erfinderisch
    Ich wusste vor Beginn meines Jahres ohne Geld, dass ich nur in begrenztem Umfang planen konnte. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich meistens jedem Tag neu würde stellen müssen. Es ist ein alter Spruch, aber er stimmt wirklich: Not macht erfinderisch.
    Den Trick mit der Zahnpasta aus wilden Fenchelsamen und Sepiaschulp lernte ich erst, als mein Experiment schon einen Monat lief. Der Gedanke an einen grauenhaften Mundgeruch zwang mich, meine Möglichkeiten zu prüfen. Ich benutzte meine per Handkurbel betriebene alte Singer-Nähmaschine erst, als mir bei zwei Jeans der Schritt eingerissen war. Ich hatte nie zuvor von Reifen gehört, die keinen Platten bekommen konnten, bis ich mich fragte, was ich tun würde, wenn ich ständig einen Platten hätte. Ich hatte keine Ahnung, wie ich ohne Geld die Bremsklötze an meinem Fahrrad auswechseln sollte, bis ich feststellte, dass die Fahrradläden halb abgenutzte Exemplare wegwerfen und es Leute in der Freeconomy Community vor Ort gab, die mir zeigen konnten, wie man das macht.
    Die Erfahrungen aus meinem Jahr haben mir viel Hoffnung gegeben. Umweltschützer entwerfen ein apokalyptisches Szenario der Zeit nach der Erdölknappheit und befürchten, dass alles wirklich furchtbar enden wird. Ich kann die Angst und die Skepsis nachvollziehen. Manchmal empfinde ich genauso. Ich bin auch der Meinung, dass wir anfangen müssen, den Übergang zu vollziehen. Wir müssen die Gesellschaft umgestalten, für eine Zeit, in der unser meteorologisches Klima und unser Wirtschaftsklima nicht mehr so stabil sind. Wenn wir es jetzt schaffen, mit diesem Übergang zu beginnen, weiß ich, dass wir in der Lage sein werden, alle Hürden zu überwinden. Die Menschen sind eine unglaublich einfallsreiche Spezies. Wenn die Zeiten hart waren, taten wir uns zusammen und fanden Lösungen. Während des Zweiten Weltkriegs arbeiteten die Briten gemeinsam für die »Dig-for-Victory«-Kampagne zur Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion auf Privatgrundstücken und in Schrebergärten. (Im Zweiten Weltkrieg wurden deutsche U-Boote im Handelskrieg gegen England eingesetzt und verhinderten die Einfuhr von Nahrungsmitteln.) Das waren andere Zeiten, in denen die Menschen ihre Nachbarn und Mitbürger kannten und die Gemeinschaften kleiner waren. Doch ich weiß eines: Würden wir uns heute daranmachen, wieder stabile Gemeinschaften aufzubauen, indem wir wieder engere Beziehungen zu den Menschen in unserer Gegend knüpfen, dann wären wir in der Lage, alles anzupacken, was die Zukunft bereithält.
    Der wahre Wert der Dinge
    Riesige Fabriken, Supermärkte, Outlets und dergleichen haben unsere Wahrnehmung für das, was ein fairer Preis ist, komplett verändert. Ich stelle das besonders dann fest, wenn ich in dem kleinen Bioladen in Bristol arbeite. Die Leute, die erklären, dass sie auf keinen Fall 1,50 Pfund für 500 Gramm Zucchini bezahlen werden, haben keine Ahnung, wie aufwendig es ist, sie biologisch ohne die Verwendung großer Mengen fossiler Brennstoffe anzubauen. Damit ein Anbauer an diesem Pfund Zucchini überhaupt etwas verdient, hat er, der wie die meisten anderen für einen Mindestlohn arbeitet, ungefähr fünf Minuten Zeit, um alle dafür anfallenden Arbeiten zu erledigen. Der Anbauer erhält im Durchschnitt nur etwa die Hälfte des Einzelhandelspreises. Von dieser Hälfte muss er einen Teil für die Betriebskosten und andere direkte Kosten abzweigen. Wie viel schneller soll ein Anbauer unserer Erwartung nach arbeiten können, wenn er die Hände benutzt statt energieintensiver Maschinen?
    Je mehr ich dafür verantwortlich bin, meine eigenen Dinge zu produzieren, oder je näher ich an die Menschen herankomme, die das tun, desto mehr wird mir klar, welchen wahren Wert die Dinge haben. Mein Freund Josh stellt großartige Stühle aus Weiden her, die er selbst anbaut. Ich weiß, wie lange er dafür braucht, vom Pflanzen der Setzlinge bis zum Verbinden der Weidenruten. Ich kenne den wahren Wert dieses Stuhls, und er geht über Geld hinaus. Für Josh symbolisiert er seinen Respekt vor der Erde und verkörpert alles, wofür er
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