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Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton
Autoren: Carter Brown
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Zigarette
an und las noch ein paar andere Zeitungsberichte, dann ließ mich ein sanftes
Pochen aufblicken — und ich starrte auf Kasplin . Er
stand in der Tür, lächelte mich höflich an, und ich hätte höchstens raten
können, wie lange er da schon weilte. Er trug einen hellbraunen Anzug, einen
Strohhut schief auf dem Kopf, und der Ebenholzstock mit dem Silbergriff schwang
zwischen seinen Fingern hin und her.
    »Eigentlich wollte ich Sie
nochmals anrufen«, sagte er mit seiner Vogelstimme, »aber dann überlegte ich
mir, ich könne ja auch selber mal hereinschauen, falls Sie hier wären.
Hoffentlich haben Sie nichts dagegen?«
    »Durchaus nicht«, sagte ich.
    »Ausgezeichnet!« Er sprang
förmlich zum Zimmer herein und stand blitzschnell vor meinem Tisch, so daß es
zu spät war, den Umschlag verschwinden zu lassen, selbst wenn ich dies gewollt
hätte.
    Er ergriff einen der
Reklamezettel und studierte ihn ein paar Sekunden lang aufmerksam. »Es hat
wirklich gestimmt, müssen Sie wissen«, sagte er, als wollten wir eben mal
Konversation machen. »Pfeifen Sie die ersten drei Takte von irgendeinem Stück,
das Ihnen einfällt — und ich nenne es Ihnen!«
    »Das ist eine große Gabe«,
meinte ich.
    Höflich lächelnd trat er zurück
und setzte sich in den nächsten Sessel. »Sie sind ein wesentlich schlauerer
Detektiv, als ich dachte«, sagte er. »Diese Unterlagen bei Earl Harvey
loszueisen, war gewiß nicht einfach.«
    »Ich hatte Glück«, sagte ich
vorsichtig. »Ich wußte gar nicht, daß sich der dritte Umschlag auf Sie bezieht
— ihn hielt ich für Donna Albertas Eigentum.«
    »Irren ist menschlich«, sagte
er freundlich. »Was haben Sie nun mit diesem Material vor, Boyd?«
    »Darüber habe ich noch gar
nicht nachgedacht«, erwiderte ich der Wahrheit gemäß. »Ich war eben erst dabei,
das Bild vor meinem geistigen Auge zu sortieren.«
    »Soll es ein Porträt werden?«
Er legte den Kopf zur Seite und sah mich fast schelmisch an. »Darf ich fragen,
wen es darstellt? Oder ist das ein Geheimnis?«
    »Es wird ein Gruppenbild«,
sagte ich, »mit einer beherrschenden Zentralgestalt — einer Primadonna.«
    »Erzählen Sie weiter«, sagte er
aufgeregt. »Es klingt äußerst spannend.«
    »Die Menschen, die verrückt
nach ihr waren, stehen um sie herum«, fuhr ich fort. »Während der letzten Tage
habe ich mir einen nach dem anderen von ihnen vorgeknöpft und dabei
herausgefunden, wie sie ihren Sadismus an jedem einzelnen ausgelassen hat. Wie
alles an ihr, so hat auch ihre Grausamkeit großes Format — meinen Sie nicht
auch?«
    »Weiter bitte«, sagte er ruhig,
und langsam wich das Lächeln aus seinen Zügen.
    »Was mir aber bis zu diesem
Augenblick nicht aufging«, sprach ich weiter, »das war die Tatsache, daß ihr
Manager genau so verrückt nach ihr war wie die anderen. Und sein Verlangen nach
großen Frauen konnte er auf die Dauer nicht mit zweitklassigen Ausgaben wie
seiner Sekretärin stillen. Sein wahres Sehnen galt Donna Alberta.«
    »Es leuchtet doch ein, daß eine
große Frau auf jemand wie mich faszinierend wirkt«, sagte er leise. »Das ist
verständlich, glaube ich. Und Donna ist wirklich etwas Einmaliges — diese
Stimme und diese Gestalt. Als ich sie eines Abends in der Met zum erstenmal hörte, da war das für mich wie der Anfang eines
neuen Lebens. Ich war entschlossen, in ihre Nähe zu gelangen, ein Teil ihres
Daseins zu werden — und das gelang mir auch.«
    »Sie wurden ihr Manager«, sagte
ich und nickte bekümmert. »Und dann kam der Tag, an dem Earl Harvey verlangte,
sie solle die Salome singen — in der Second Avenue. Sie dachten wohl erst, er
scherze; bis er Ihnen dann diesen Umschlag präsentierte. Ich bin sicher, Donna
wußte Ihre Verdienste und Ihr Talent als Manager zu schätzen — wenn auch sonst
nichts an Ihnen. Und als Sie ihr erzählten, diese Rolle werde ihrer Karriere
dienen, da glaubte sie Ihnen?«
    »Sie haben recht.« Er nickte.
    »Das ergab weitere Probleme:
Paul Kendall, der Mann, dem Donna nur deshalb nicht widerstehen mochte, weil
Margot Lynn ihn zuerst für sich gewonnen hatte. Ferner Rex Tybolt ,
der verrückt nach ihr war und genauso behandelt wurde wie Sie und Helen Mills.
Vielleicht gab Kendall den Ausschlag — Sie konnten den Gedanken nicht ertragen,
daß er bei Donna schlief. Deshalb kamen Sie auf den Einfall, sie davor zu
warnen?«
    »Sie wissen also, wie das mit
Niki war?« Er lachte und schien ehrlich amüsiert. »Und da dachte ich, ich hätte
Ihnen fünfhundert
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