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Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton
Autoren: Carter Brown
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Earl war einer davon. Dann
erzählte ich ihr, wie ich seit Tybolts Tod meine
Meinung geändert hatte, samt den Gründen hierfür.
    »Na und?« meinte sie
schnippisch, als ich fertig war. »Was wollen Sie nun von mir?«
    »Margot Lynn hat mir einen
unterschriebenen Schriftsatz gegeben, aus dem in allen Einzelheiten hervorgeht,
wie Earl sie erpreßt hat«, log ich unverblümt. »Wenn ich das der Polizei
weiterreiche, ist Earl erledigt. Mein Wissen um seine Unschuld wird mich keine
Stunde Schlaf kosten — meiner Meinung nach landet er ohnehin bald hinter
Gittern.«
    »Sie haben also etwas
herausgekriegt«, sagte Marge trocken. »Aber Sie wären nicht hier, wenn Sie mir
nicht ein Geschäft anbieten wollten. Also, was schlagen Sie vor?«
    »Ich nehme an, daß sich der
Beweis für die Identität des Mörders bei dem Material befindet, das Earl zum
Erpressen der drei benutzt hat«, sagte ich. »Ich weiß, Sie nehmen es mir nicht
übel, wenn ich es sage: Earl ist ein solcher Dummkopf, daß er diesen Beweis
nicht aus dem Material herausfände, selbst wenn er bis über beide Ohren
drinsteckte.«
    »Deshalb möchten Sie also gern
selber nachschauen?« Sie wandte den Kopf ab. »Warum verschwinden Sie nicht
endlich, Boyd?«
    »Wenn ich gehe, dann geradewegs
ins Präsidium zu Leutnant Chase«, sagte ich finster. »Wahrscheinlich findet die
Polizei das Material ohnehin — nachdem Anklage gegen Earl erhoben worden ist.
Aber dann suchen sie nach keinem Mörder mehr, sondern nur nach weiteren
Beweisen, um Ihren Bruder in den Stuhl zu setzen.«
    Langsam wandte sich ihr Kopf
zurück, und eine ganze Weile starrte sie mich schweigend an.
    »Woher soll ich wissen, daß Sie’s
ehrlich meinen, Boyd?« fragte sie.
    »Das garantiert Ihnen keiner,
Marge«, sagte ich. »Aber weshalb, zum Teufel, würde ich sonst hier meine Zeit
vergeuden?«
    Die unbehagliche Stille schlich
sich wieder ein, während sie unentschlossen an ihrer Unterlippe herumnagte.
    »Also gut«, sagte sie
schließlich. »Ich spiele mit. Aber wenn es irgendein doppeltes Spiel ist, Boyd,
dann schneide ich Ihnen die Ohren und noch mehr ab, sobald ich hier wieder raus
bin.«
    »Wo ist der Kram?« drängte ich.
    »In einem Schließfach im Grand
Central«, sagte sie. »Den Schlüssel hat allerdings Earl.«
    »Dann muß ich also auch ihn
erst überzeugen?« meinte ich mißgelaunt .
    »Sagen Sie ihm, Marge habe
erklärt, es sei okay«, flüsterte sie.
    »Und das wird er mir so ohne
weiteres glauben?«
    »Das Schließfach hat die Nummer
625«, sagte sie. »Das können Sie nur von mir erfahren haben, und das weiß er.«
    »Hoffentlich haben Sie recht,
Marge«, sagte ich bedächtig.
    Die Tracht der Schwester
raschelte leise, als sie ins Zimmer kam. »Die Zeit ist um, Mr. Boyd. Haben Sie
sich alle erforderlichen Dokumente von Miss Harvey unterschreiben lassen?«
    »O ja, gewiß«, sagte ich
hastig.
    »Dokumente?« sagte Marge
heftig. »Was denn für Dokumente?« Ihre Blicke brannten mir Löcher ins Gesicht.
    Ich wandte den Kopf ab und
blinzelte der Schwester zu. »Sie haben ja so recht, Miss Harvey«, sprach ich
besänftigend. »Man kann bei diesen Dingen gar nicht vorsichtig genug sein.« Ich
blinzelte erneut zur Schwester hin. »Obwohl ich überzeugt bin, daß Sie der
Schwester vertrauen können.«
    »Was — für Dokumente?« schrie
Marge.
    »Ja — äh — richtig«, stammelte
ich. »Sie haben völlig recht, Miss Harvey. Was denn eigentlich für Dokumente?«
    Ich zog mich rasch vom Bett zurück,
erhaschte einen letzten Blick auf den sich rötenden Kopf, den sie aus den
Kissen erheben wollte, dann lief ich fast auf den Flur hinaus.
    Die Schwester schloß die Tür
und lächelte mich verzeihungheischend an. »Es tut mir
furchtbar leid, Mr. Boyd, daran war nur ich schuld. Ich sollte wissen, wie
empfindlich viele Patienten sind, wenn es um ihre Privatangelegenheiten geht.«
    »Aber ich bitte Sie«, sagte ich
großzügig. »Im Gegenteil, ich bin Ihnen dankbar für Ihre Hilfe.«
    »Haben Sie schon mit Dr. Weiner
gesprochen?« fragte sie plötzlich, als wir am Aufzug standen.
    »Nein«, sagte ich vorsichtig.
»Ich bin ganz einfach nicht dazu gekommen.«
    »Ich glaube, Sie sollten sich
einmal mit ihm in Verbindung setzen, obwohl er zur Zeit nicht im Dienst ist.«
Sie biß sich einen Augenblick auf die Lippen, dann faßte sie einen Entschluß.
»Ich darf das eigentlich nicht, aber Sie sind schließlich ihr Anwalt... Ich
fürchte, ihr bleibt nicht mehr viel Zeit, Mr. Boyd.«
    Ich gaffte sie
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