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Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton
Autoren: Carter Brown
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preßte beide Hände
an die glühenden Wangen und schüttelte den Kopf.
    »Sie müssen mir aber zuhören,
Helen«, sagte ich gelassen, »weil es nämlich die Wahrheit ist.«
    »Lügen!« schluchzte sie.
»Nichts als schmutzige Lügen. Ich höre nicht auf Sie, Sie können mich nicht zwingen.
Ich will nicht, ich will nicht, ich will nicht!«
    »Na gut«, meinte ich. »Wenn Sie
mich nicht anhören wollen, vielleicht tut es Donna Alberta.«
    Ihr Kopf zuckte hoch, sie
starrte mich an wie gebannt, und die nackte Angst in ihren Augen leuchtete grell
auf.
    »Donna erzählen, daß ich...«
Ihr Adamsapfel hüpfte hektisch auf und nieder. »Das können Sie mir nicht antun,
Mr. Boyd. Das werden Sie doch nicht tun, ich bitte Sie...«
    Ihr wollener Rock murmelte
ungeduldig, als sie langsam vor mir auf die Knie sank. Ich sah den Ausdruck
ihrer Augen, hörte die Furcht in ihrer Stimme — und kam mir vor wie ein
Ungeheuer, ein Menschenfresser, ein Elternmörder. Ihre Hände hoben sich
unablässig und baten noch beredter als die Stimme.
    »Ich brauche Donna Alberta
überhaupt nichts zu verraten«, sagte ich, »wenn Sie mir nur die Wahrheit
offenbaren.«
    Langsam sanken ihre Hände
hinab, dann erhob sie sich mühsam wieder und wankte zum Sessel zurück.
    »Also gut«, sagte sie dumpf.
»Ich habe mir die Geschichte ausgedacht — alles. Es hat keinen Anruf und keinen
Boten gegeben. Aber ich habe nicht gewußt, daß er Niki etwas antun wollte, das
müssen Sie mir glauben. Ich schwöre, daß er sagte, er wolle ihn nur ein paar
Tage behalten, bis Donnas Interesse an Paul Kendall erloschen sei; dann werde
er den Hund zurückgeben.«
    »Er?« forschte ich.
    »Rex Tybolt .«
Sie verzog schmerzlich das Gesicht. »Ich glaube, in gewisser Hinsicht ist das
sogar irgendwie komisch. Wir litten beide an demselben Problem, wir beide
liebten Donna. Und sie wußte das. Es bereitete ihr ebensoviel Vergnügen, Rex zu quälen wie mich.«
    »Was passierte, als der Hund
zurückkam?«
    Sie schüttelte müde den Kopf.
»Ich fürchtete, um den Verstand zu kommen. Rex ging mir während der folgenden
Tage sorgfältig aus dem Weg — sobald er mich kommen sah, lief er weg. Dann
stellte ich ihn schließlich bei einer Probe zur Rede, und er schwor, er habe
Niki nicht ermordet — jemand anderes habe das getan. Natürlich glaubte ich ihm
nicht und wurde ein bißchen hysterisch. Daraufhin riet er mir, den Mund zu
halten, denn ich sei genau wie er in die Sache verwickelt. Er hatte recht, ich
konnte gar nichts unternehmen.«
    Irgendwo hinter mir ertönte ein
rasselndes Geräusch.
    Helens Gesicht glich einer
Maske purer Angst. Ihre Lippen formten immer wieder ein und dasselbe Wort:
»Nein, nein, nein!« Es war ein stummes und hoffnungsloses Gesicht.
    Ich stand eilends auf und fuhr
herum, und einen Augenblick prickelten meine Nervenenden, während ich mir den
Kopf zerbrach, woher, zum Teufel, wohl das Rasseln rühren mochte.
    Donna Alberta hatte das Zimmer
schon halb durchquert; sie schritt langsam und zielbewußt aus. Das silberblonde Haar hing ihr über die Schultern hinab, sie trug nur
einen Bikini aus weißer Atlasseide.
    Ihre Augen waren riesengroß und
starrten unverwandt auf Helen, wie unter hypnotischem Einfluß; sie schien gar
nicht zu bemerken, was für ein Gurgeln und Gerassel aus ihrer Kehle drang. Eine
Hundeleine, aus kostbarem Leder geflochten, mit einer Nickelschnalle am Ende,
baumelte lose in ihrer rechten Hand. Es war unschwer zu erraten, daß sie einst
Niki gehört hatte.
    »Sie weiß alles!« Helen Mills
fand ihre Stimme wieder. »Sie hat die ganze Zeit gehorcht! Sie wird mich
umbringen!«
    »Donna!« sagte ich scharf, als
sie auf gleicher Höhe mit mir war. »Donna, hören Sie mir zu!«
    Sie ging weiter, ohne erkennen
zu lassen, daß sie meine Stimme überhaupt vernommen oder daß sie mich gesehen
hatte. Helen Mills erhob sich aus dem Sessel, als die Primadonna ihr näher kam,
dann beugte sie unterwürfig die Schultern.
    »Du Abschaum!« Donna Alberta
spie ihr das Wort förmlich ins Gesicht, dann hob sich ihr rechter Arm, und die
Lederschnur pfiff durch die Luft.
    Ich sagte mir, der Situation
gebreche es an Takt und sie erfordere sofortiges Handeln. Also schlug ich mit
meiner Faust Donna Alberta ins Genick — aber im ersten Moment tat sich
daraufhin noch nichts.
    Ihr rechter Arm vollendete
seinen Bogen, und das geflochtene Leder klatschte auf Helens Schultern. Ihre
Züge verzerrten sich vor Schmerz, ihre Lippen zuckten in einem tonlosen Schrei.
Ich
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