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Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton
Autoren: Carter Brown
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»vorausgesetzt, die Kasse stimmt. Nur
singen kann ich wirklich nicht.«
    Kasplin holte ein silbernes Büchschen
aus der Tasche und klappte den Deckel auf. Mit Daumen und Zeigefinger nahm er
eine Prise des grauen Pulvers, das sich darin befand, dann hielt er die Finger
erst ans eine und anschließend ans andere Nasenloch, und jedesmal schnaufte er dabei genüßlich . Den Kopf hatte er auf
eine Seite gelegt, wodurch er mich an einen ungläubigen Raubvogel gemahnte, den
gerade eine Schrotladung getroffen hatte.
    »Das Schnupfen, Mr. Boyd«,
antwortete er sanft auf meine unausgesprochene Frage, »beruhigt so schön die
Nerven, finde ich.«
    » Kasplin !«
Das war Donna Albertas volltönender Sopran. »Vergeuden Sie keine Zeit, erzählen
Sie ihm von Niki!«
    »Selbstverständlich«, erwiderte
er säuerlich. »Zunächst jedoch muß ich Sie darauf hinweisen, Mr. Boyd, daß die
Angelegenheit streng vertraulich ist.«
    »Na klar«, nickte ich.
    »Niki«, schluchzte Donna
Alberta, »mein armer, lieber Niki.«
    »Er ist vor zwei Tagen entführt
worden«, erklärte Kasplin steif.
    »Haben Sie schon das FBI
benachrichtigt?« erkundigte ich mich.
    »Nein...« Er schüttelte den
Kopf. »Miss Alberta wollte die Herren unter diesen Umständen nicht behelligen.«
    »Nicht behelligen?« wiederholte
ich verständnislos.
    In seinen Augen blitzte es
flüchtig und böse auf, dann sah er wieder gelassen drein. »Ich muß wohl etwas
erklären«, meinte er mild. »Niki ist ein Pekinese.«
    »Ein Hund?« gurgelte ich.
    »Ein Hund«, bestätigte er.
    »Wie komisch! Wirklich
ausgesprochen komisch!« Ich stand auf. »Ich werde Ihnen meine Zeit in Rechnung
stellen, die Sie mir gestohlen haben.«
    »Setzen Sie sich!« sagte Kasplin scharf. »Die Sache ist in keiner Weise komisch, Mr.
Boyd. Niki wurde heute früh zurückgeschickt — in einer Geschenkpackung und tot.
Jemand mit dem Talent eines Chirurgen hat ihn sorgsam und fein säuberlich
seziert.«
    Ich nahm erneut Platz und
lauschte ein paar Sekunden schweigend dem gedämpften, harmonischen Schluchzen
Donna Albertas, das den ganzen Raum ausfüllte.
    »Ein übler Scherz für starke
Nerven, Mr. Boyd«, sagte Kasplin schließlich.
»Unglücklicherweise besitzt Miss Alberta jedoch keine starken Nerven, wenn es
um Niki geht — das sehen Sie ja selbst. Wir wünschen, daß Sie den Fall
untersuchen und den Mörder finden.«
    »Ich soll mich mit dem Tod
eines Köters befassen?« Ich gaffte ihn an. »Haben Sie denn eine Ahnung, was so
etwas kostet?«
    »Wie hoch sich Ihr Honorar auch
belaufen mag, Miss Alberta wird es bezahlen«, schnauzte er. »Geld spielt in
diesem Fall überhaupt keine Rolle!«
    In diesem Augenblick hörten sie
sich wirklich wie meine liebste Sorte Kunden an, also lehnte ich mich zurück
und brannte mir eine Zigarette an, die Kasplin derart
abfällig musterte, als sei sie eine persönliche Beleidigung.
    »Wollte man dem Hund etwas
antun — oder Miss Alberta?« fragte ich.
    »Um eben dieser Frage willen
hat Miss Alberta Sie hergebeten, Boyd«, erklärte er sauer. »Sie sollen die
Antwort finden. Sie hat im Augenblick andere Sorgen genug, weil doch in vier
Tagen Premiere ist, und damit ist immer noch ein gewisses Maß an Risiko
verknüpft, obwohl doch Earl Harvey...«
    »Earl Harvey?« sagte ich
verständnislos.
    »Der Impresario.« Ein Ausdruck
ungläubigen Staunens kam in seine Augen. »Wollen Sie damit sagen, Sie hätten
noch nie von ihm gehört?«
    »Sie sollten ihn Zirkusdirektor
nennen und nicht Impresario!« unterbrach Donna Alberta ihn heftig.
    »Von Harvey habe ich schon
gehört«, sagte ich, »aber es ist mir neu, daß er sich mit Kultur befaßt .«
    »Ha!« Donna Alberta sprang auf,
und jetzt hatte sie das typische Gesicht einer Tragödin. »Haben Sie das gehört, Kasplin ? Selbst ein Privatdetektiv rümpft die Nase,
wenn er diesen Namen hört! Und mit einem solchen Menschen haben Sie den Namen
der einmaligen Sopranistin Donna Alberta in Verbindung gebracht, Sie haben sich
unterstanden...«
    »Aber so hören Sie doch...« hub Kasplin an.
    »Wer bin ich denn?« fragte sie
die Zimmerdecke in verzweifeltem Zorn. »Bin ich eine Schlangenbändigerin? Eine
Bauchtänzerin?« Sie wackelte plötzlich mit den Hüften, und einen Augenblick
lang schien es Wiederbelebungshoffnung fürs Varieté zu geben.
    »Donna, bitte!« Kasplin gestikulierte matt, dann schloß er resignierend die
Augen. »Das alles haben wir doch nun schon zur Genüge durchgehechelt. Earl
Harvey zahlt die Gage, die
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