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Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton
Autoren: Carter Brown
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Inszenierung zu tun haben«, fuhr
er fort. »Paul Kendall, der Produzent, gibt heute abend eine Party, und da werden alle zugegen sein — auch Sie sind eingeladen.«
    »Besten Dank«, sagte ich. »Weiß
Kendall davon?«
    »Er wird nichts dagegen haben«,
meinte Kasplin vertraulich. »Die Party soll um elf
beginnen — Paul hat besondere Betonung auf diesen Zeitpunkt gelegt, kommen Sie
daher bitte nicht zu spät. Ich schreibe Ihnen die Adresse auf.« Er kritzelte
mit einem goldenen Schreiber etwas auf ein Blatt, riß es vom Block und warf es
mir über die kahle Ebenholzfläche herüber.
    »Ansonsten gibt es im
Augenblick nichts zu besprechen«, sagte er. »Es wäre mir lieb, wenn Sie mich
morgen früh wieder aufsuchen könnten, nachdem Sie die anderen kennengelernt
haben. Ich möchte gern erfahren, welche Eindrücke Sie gewonnen haben.«
    »Okay«, sagte ich. »Ich lasse
von mir hören.«
    »Seien Sie pünktlich«, sagte er
knapp.
    Auf meinem Weg hinaus machte
ich am Schreibtisch des denkmalswürdigen Rotköpfchens ein paar Augenblicke Station.
Sie sah mit sehr mäßigem Interesse zu mir auf, als sei ich ein Stück Abfall,
das der Installateur liegengelassen hatte, als er letztesmal die Rohre überprüfte.
    »Wollten Sie noch etwas?«
forschte sie mit ihrem kehligen Alt.
    »Daß ich nicht nach Noten
singen kann«, erklärte ich munter, »ist eigentlich noch kein Grund, daß wir
beide nicht doch ein bemerkenswertes Duett abgäben, nicht wahr?«
    »Nach Ihrer Art Musik sehne ich
mich ebensosehr wie nach Leibweh«, fuhr sie mich an.
»Und nun verschwinden Sie!«
    Ich trat aus dem Bürogebäude
hinaus in die freundlichklare Luft eines
Herbstmittags in New York. Sie hüllte mich ein, daß ich fast den Rauch eines
Tannenzapfenfeuerchens zu schnuppern glaubte und goldene Blätter gemächlich auf
die Bürgersteige segeln sah. Ich fühlte mich wie ein Junge daheim im schönen
Silberwald mit Appetit auf Mütterchens hausgemachten Eintopf, so daß ich mir
zum Lunch ein schlichtes kleines Chateaubriand bei Monsignore genehmigte, um mir die wehmütige Stimmung zu vertreiben.
     
     
     

2
     
    Paul Kendall, der Produzent,
bewohnte ein Penthouse am Sutton Place und bevorzugte eine neue Sorte Butler —
weiblich, brünett und prächtig zu beschauen. Sie öffnete nur die Tür und stand
ganz einfach da — bewies aber allein damit, daß Träume wahr werden können.
    Ihr Haar war zu einer wahren
Wolke aus seidenweichen Locken frisiert, was das Bestechende ihrer etwas hohlen
Wangen und der Stupsnase noch betonte. Das Oberteil ihres ärmellosen Kleides
war aus schwarzem Crêpe und schmiegte sich eng an ihre kleinen, doch aufreizend
hochstrebenden Formen, der weiße Organdyrock war mit
großen schwarzen Ornamenten besetzt. Ihre Ohrringe bestanden aus dicken
Perlentrauben, und in ihren großen schwarzen Augen glitzerte es ebenso
hintergründig, als sie mich anlächelte.
    »Wollen Sie etwas verkaufen?«
fragte sie mit angenehm vibrierender Stimme.
    »Butler sollten keine Fragen
stellen«, erwiderte ich, »sondern lediglich die Gäste anmelden.«
    »Sie sind ein Gast?« Es fiel
ihr gar nicht schwer, die Frage wie eine Beleidigung klingen zu lassen.
    »Ich bin der Gast eines
Gastes«, antwortete ich vorsichtig. » Kasplin meinte,
Paul Kendall würde sich freuen, auch mich bei seiner Party begrüßen zu können.«
    »Dann ist es wohl in Ordnung«,
sagte sie lässig. »Kommen Sie rein.«
    Ich trat in die geräumige Diele,
sie schloß die Tür, wandte sich um und musterte mich nochmals ausführlich.
    »Mein Name ist Danny Boyd«,
verriet ich ihr. »Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen auch gern meine
Telefonnummer.«
    »Ich bin nur neugierig«,
entgegnete sie gelassen. »Ich wußte gar nicht, daß Kasplin einen Freund besitzt.«
    »Da doch in New York acht
Millionen Menschen leben, mußte er früher oder später ja mal einen finden«,
meinte ich.
    »Ich bin Margot Lynn«, sagte
sie lächelnd.
    »Sind Sie Sängerin?«
    Das Lächeln gefror sehr
plötzlich. »Mezzosopran«, sagte sie kühl. »Sie kommen wohl nicht sehr oft in
die Met, Mr. Boyd?«
    »Ich bedaure«, entschuldigte
ich mich, »aber was Opern betrifft, bin ich kein großes Licht.«
    »Seien Sie nur nicht zu
bescheiden, Mr. Boyd.« Ihre Zähne glitzerten eine Augenblick perlweiß. »Ich bin
überzeugt, daß Sie es durchaus nicht nur bei der Oper sind. Oder besitzen Sie
vielleicht einen ausgefallenen Humor — wie Paul Kendall?«
    »Ich kenne Kendall noch gar
nicht«, sagte ich.
    Sie zuckte
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