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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs
Autoren: Mikael Niemi
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sprechen, während die Dorfbewohner mit leuchtendem Weiß in den Augen verlegen grinsend unter den Fliegen hockten?
    Ein Bürotelefon klingelte. Sonny ging ran. Therese wachte aus ihrem Tagtraum auf und musterte die Männer, die um den Tisch herum saßen. Männer, Kerle mit gemächlichem nördlichem Akzent. Hier ist man ja selbst im finstersten Afrika, dachte sie.
    »Da ist eine Frau aus Uddes Stadtteil«, flüsterte Sonny, die Hand auf den Hörer gelegt.
    »Ja?«
    »Bei ihr ist jemand am Wochenende gewesen. Zwei Personen. Sie sind im Schritttempo durch die Straßen gefahren und haben ein Stück entfernt geparkt. Eine gut gekleidete Dame hat bei ihnen geklopft und um Wasser gebeten.«
    »Das Auto?«
    »Ein Mercedes. Dunkle Farbe.«
    Therese richtete sich auf.
    »Das übernehme ich«, beschloss sie schnell. »Ich fahre selbst zu ihr hinaus.«
     

5
     
    Die Frau hieß Ann-Mari Moona und wohnte in einem gelb gestrichenen Haus gleich neben Martin Udde. Ihre Grundstücke lagen einander schräg gegenüber und stießen an einer Ecke aneinander, wie Therese feststellte. Jetzt saßen sie sich an dem Küchentisch der älteren Frau gegenüber und stippten beide weiße, ganz luftige Kuchenstückchen in ihren Kaffee. Ann-Mari hatte erzählt, dass sie seit vielen Jahren Witwe war und dass ihr Sohn Hakan ihr beim Rasenmähen half. Am Tag zuvor hatte sie sich mit einer Freundin in Kassa getroffen, sie hatten den ganzen Tag unten am Fluss mit Pflanzen gefärbt, und so hatte sie von dem Mord gar nichts mitbekommen. Erst als sie nach Hause gekommen war, hatte sie von dem schrecklichen Ereignis erfahren.
    »Und da ist mir diese Frau eingefallen, die hier vorbeigekommen ist.«
    »Wann genau?«
    »Das war am Samstagabend. Ich habe gerade die Nachrichten gesehen, es muss kurz nach halb acht gewesen sein.«
    »Ja?«
    »Da war jemand an der Haustür. Es klopfte, und ich hörte, wie die Klinke runtergedrückt wurde. Zuerst dachte ich, es wäre eines der Nachbarskinder. Aber es war eine mir unbekannte Frau, die Wasser trinken wollte.«
    »Beschreiben Sie sie mir.«
    »Sie war ziemlich groß und richtig gut gekleidet. Ein helles Sommerkleid und eine weiße Jacke. Blondes Haar, zum Pferdeschwanz gebunden. Und außerdem hatte sie Goldzähne.«
    »Tatsächlich.«
    »Beide Eckzähne. Hier oben. Zuerst habe ich gedacht, es wäre eine Touristin vom Markt, die nach dem Weg fragen wollte, aber sie wollte nur Wasser.«
    »Und das haben Sie ihr gegeben?«
    »Ich wollte gerade etwas holen, da sah ich einen Mann in meinem Garten. Er schlich um die Hausecke, aber ich habe ihn gerade noch sehen können. Eine dunkelhaarige Gestalt.«
    »Was meinen Sie mit schleichen?«
    »Ich glaube, er ist herumgegangen, um in die Fenster zu gucken. Ob jemand zu Hause ist. Das fand ich unheimlich, deshalb habe ich die Tür zugemacht.«
    »Dann hat sie kein Wasser bekommen?«
    »Nein, sie ist in den Flur gekommen, aber ich habe sie dann gestoppt. Und da hat sie sich umgedreht und ist gegangen. Aber später habe ich ihr Auto gesehen, sie hatten es hinten am Lillskogen abgestellt. Es war ein Mercedes. Dunkelblau, glaube ich.«
    »Sie sind sich bei der Automarke ganz sicher?«
    »Ja, natürlich. Ich habe mir auch die Nummer aufgeschrieben.«
    »Das Kennzeichen?«
    »Ja, sicherheitshalber. Ich habe gefürchtet, dass sie vielleicht zurückkommen.«
    Therese hielt den Atem an. Es stach wie mit Nadeln in den Handflächen, während die Frau in einer Schublade suchte und einen Zettel hervorholte. Therese konnte ihre Begeisterung nicht verbergen. Sie rief Sonny an, steckte den Zettel in ihre Tasche und bedankte sich für den Kaffee und die lockeren Kuchen.
    »Die nennt man Kangoskuchen«, lächelte Ann-Mari. »Die sind hier ganz üblich.«
    Therese beeilte sich, zum Auto zurückzukommen. Aber als sie die Hand auf dem Türgriff hatte, zögerte sie. Da war etwas, das sie vergessen hatte. Das bei ihr im Hinterkopf surrte. Sie kehrte noch einmal zum Haus zurück und klopfte erneut.
    »Entschuldigen Sie, nur noch eine Frage. Sprechen Sie Finnisch?«
    »Ja, Meänkieli natürlich«, bestätigte Ann-Mari.
    »Was sagen Sie, Mienki …«
    »Na, so heißt unser Finnisch hier. Hier in Tornedal. Das ist nicht genauso, wie sie in Finnland reden.«
    »Ach so, ich verstehe«, sagte Therese fälschlicherweise. »Aber wie dem auch sei, diese Frau, die bei Ihnen war, hat sie Finnisch mit Ihnen gesprochen?«
    »Nein, sie …«
    »Dann sprach sie also Schwedisch?«
    »Nein«, antwortete Ann-Mari
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