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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs
Autoren: Mikael Niemi
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zögerlich. »Sie hat gar nichts gesagt.«
    »Nichts?«
    »Nein. Überhaupt nichts. Sie hat die ganze Zeit geschwiegen.«
    »Das verstehe ich jetzt nicht so ganz«, sagte Therese.
    »Sie hat nur auf ihren Hals gezeigt, deshalb habe ich angenommen, dass sie ihre Stimme verloren hat. Dass sie erkältet war oder so was. Und dann hat sie mit der Hand gezeigt, dass sie trinken möchte.«
    »Wie mit der Hand?«
    »Na ja, so mit Gesten.«
    »Und dessen sind Sie sich vollkommen sicher?«
    »Ja, vollkommen sicher. Sie hat nicht ein Wort gesagt.«
    »Danke«, sagte Therese.
     
    Laut Verkehrsregister gehörte das Kennzeichen zu einem weinroten Ford Escort, gemeldet in Hoting im nördlichen Ångermanland.
    »Bingo«, sagte Sonny, »Jetzt kommen wir endlich von der Stelle.«
    »Falsche Nummernschilder«, stellte Dagewitz fest. »Der Mercedes ist vermutlich gestohlen, ich lasse gerade eine Liste der verschwundenen Wagen erstellen.«
    »Wir gucken sie sofort durch«, sagte Therese.
    »Vergiss nicht, Finnland mit einzubeziehen«, ermahnte Sonny. »Das Auto kann von dort kommen. Oder auch aus Nordnorwegen.«
    »Ja, gut.«
    »Und den Zoll«, fuhr Sonny fort. »Wir sollten sie bitten, die Automatenfotos durchzusehen.«
    »Was heißt das?«
    »Die Zollstationen hier oben sind ja im Allgemeinen nicht besetzt, seit sowohl Schweden als auch Finnland zur EU gehören. Aber es wurden automatische Kameras aufgestellt. Jedes Fahrzeug, das passiert, wird fotografiert. Es gibt ja viele, die über die Grenze pendeln, und die Finnen wollen kontrollieren, wo die Leute schlafen.«
    »Du machst Witze.«
    »Nein, wenn du als Schwede mehr als hundertachtzig Tage im Jahr in Finnland übernachtest, musst du in Finnland Kfz-Steuer bezahlen. Es gibt so einige Tornedaler, die nicht aufgepasst haben und deren Auto dann beschlagnahmt wurde.«
    Therese betrachtete Sonny und konnte an seiner Miene erkennen, dass er die Wahrheit sagte. Gleichzeitig erhob sich Dagewitz von seinem Bürostuhl.
    »Das mit den Goldzähnen sagt mir was«, erinnerte er sich. »Wir hatten vor ein paar Jahren eine Bande, die hier im Bezirk ihr Unwesen trieb. Gleiche Vorgehensweise, zuerst haben sie sich bei allein lebenden Alten eingeschlichen. Sie wollten Wasser haben oder telefonieren. Einer von ihnen lenkte das Opfer ab, während der andere Schubladen und Handtaschen durchwühlte. Sie haben sich maskiert, indem sie sich falsche Goldzähne anklebten.«
    »Das kannst du übernehmen«, sagte Therese. »Hol die Ermittlungsakten, finde heraus, ob die Diebe gefasst wurden und eventuell immer noch sitzen.«
    »Schließlich fehlte die Brieftasche bei dem Alten«, erinnerte Sonny.
    »Die Mercedesgangster besuchen also diese einsame alte Dame. Aber sie lässt sich nicht hereinlegen. Die Diebe gehen weiter zu einem anderen Haus im gleichen Viertel und dringen durch die Garage zu Martin Udde ein, der im Bett liegt und schläft. Sie schnappen sich seine Brieftasche, aber unglücklicherweise wacht er auf. In dem Tumult erstechen sie ihn und fliehen.«
    »Bonnie und Clyde«, sagte Petren.
    »Ich frage mich nur, warum sie nicht geredet hat«, überlegte Therese.
    »Wahrscheinlich wollte sie nicht an der Stimme wiedererkannt werden.«
    »Aber sie hatte doch bereits ihr Gesicht gezeigt. Warum war es dann so wichtig, die Stimme zu verbergen?«
    »Vielleicht hatte sie einen auffälligen Akzent«, vermutete Sonny. »Vielleicht den aus Schonen?«
    »Eher etwas Ausländisches«, nahm Dagewitz an. »Das klingt in meinen Ohren wie baltische Zigeuner auf Tournee.«
    »Vielleicht hatte sie auch einen Sprachfehler, den man wiedererkennen kann«, fuhr Sonny fort. »Sie stotterte – und wenn sie jetzt tatsächlich stumm war?«
    »Das mit dem Dialekt klingt jedenfalls glaubwürdiger.«
    »Schließlich haben sie dem Alten die Zunge rausgeschnitten«, rief Sonny ihnen in Erinnerung. »Sie haben ihn stumm gemacht, vergesst das nicht. Irgendeinen Grund müssen sie dafür ja wohl gehabt haben.«
     

6
     
    Eino Svedberg parkte vor dem breiten, sich hochtürmenden Backsteingebäude, das während seiner Jugend als Krankenstube bezeichnet worden war. Irgendwann in den Achtzigern hatte man es in Pajala-Krankenpflegezentrale umbenannt, sonst war alles unverändert geblieben. In der Umgebung breiteten sich wie ehedem Wiesen bis zum Fluss hinunter aus, näher am Ufer standen ein paar Höfe, die zu den ältesten Häusern von Pajala gehörten. Eino trat durch den nächstgelegenen Eingang und spürte, wie die Sommerwärme durch
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