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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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nachdem sie zweiundzwanzigmal auf ihn eingestochen hatten und ihm das Herz herausgeschnitten hatten, was taten sie dann?»
    «Ich fuhr Johan nach Hause.»
    «Wo war Beatrice zu diesem Zeitpunkt?»
    «Ich weiß es nicht, jedenfalls nicht zu Hause. Johan musste einen Schock erlitten haben. Auf dem Weg nach Hause schlief er. Ich begleitete ihn nach oben und brachte ihn ins Bett.» Ulf verstummte und blieb in Gedanken bei diesem Moment. Plötzlich fiel ihm auf, dass es vermutlich das Letzte gewesen war, was noch eine gewisse Normalität hatte. Ein Vater, der seinen Sohn ins Bett brachte. Alles, was anschließend kam, war ein einziger, langer Kampf gewesen. Um stillzuhalten, zusammenzuhalten.
    «Erzählen Sie weiter.»
    «Ich bin zu der Lichtung im Wald zurückgekehrt und habe die Leiche weggeschafft. Ich wollte sie an einen Ort fahren, an den ein Sechzehnjähriger sie nicht hätte bringen können. Um sicherzugehen, dass der Verdacht nicht auf Johan fallen würde.»
    Sebastian richtete sich auf seinem Stuhl auf. Er drückte den Sendeknopf seines Headsets. Durch das Fenster sah er, wie Vanja lauschte, als sie das Surren in ihrem Ohr vernahm.
    «Er wusste nicht, dass Beatrice und Roger miteinander gevögelt haben. Aber was denkt er dann, warum Johan seinen Freund erschossen hatte?»
    Vanja nickte kurz. Gute Frage. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit erneut auf Ulf.
    «Eine Sache verstehe ich nicht. Wenn Sie nichts vom Verhältnis zwischen Ihrer Frau und Roger wussten, was hielten Sie dann für den Grund, dass Johan seinen Freund erschossen hatte?»
    «Es gab keinen Grund. Es handelte sich um ein Versehen. Ein Spiel, das tödlich endete. Sie waren draußen und haben Schießübungen gemacht, und er war unvorsichtig. So hat Johan es mir erzählt.»
    Ulf blickte plötzlich mit einer neuen Intensität von Vanja zu Torkel, so, als hätte er bisher geglaubt, dass die Lüge Johans schlimmstes Vergehen gewesen wäre. Als wäre ihm jetzt erst aufgegangen, dass Johan gar nicht unschuldig war. Dass es sich nicht um einen Unfall handelte. Jedenfalls nicht nur.
    «Was wird mit Johan geschehen?» Diesmal lag echte Sorge in seiner Stimme.
    «Er ist älter als fünfzehn, also ist er strafmündig», erklärte Torkel sachlich.
    «Und was bedeutet das?»
    «Dass es zu einem Verfahren kommen wird.»
    «Erzählen Sie von Peter Westin.» Vanja wechselte das Thema, darauf erpicht, endlich zu einem Abschluss zu kommen.
    «Er ist Psychologe.»
    «Das ist uns bekannt. Wir möchten wissen, warum er tot ist. Was hat Roger Ihrer Meinung nach zu ihm gesagt, das so gefährlich war, dass er sterben musste?»
    Ulf sah sie völlig verständnislos an.
    «Roger?»
    «Ja, Peter Westin war Rogers Psychologe. Wussten Sie das nicht?»
    «Nein. Er ist Johans Psychologe, schon seit mehreren Jahren. Seit der Scheidung. Johan war sehr aufgewühlt nach … ja, nach der ganzen Sache. Mit Roger. Also ging er zu Westin. Hinterher. Ich weiß nicht, was er gesagt hat. Ich fragte ihn danach, aber er konnte sich nicht richtig daran erinnern. Ich verstand nur so viel, dass er kein Geständnis abgelegt hatte, denn dann wäre die Polizei gekommen, aber möglicherweise hatte er über bestimmte Sachen gesprochen, sodass Westin später eins und eins zusammenzählen konnte und auf diese Weise begriff, was passiert war. Ich wollte einfach kein Risiko eingehen.»
    Vanja suchte die Fotografien zusammen, die sie ausgebreitet hatte, und schlug die Mappe zu. Sie hatten alles Notwendige erfahren. Jetzt lag die Entscheidung beim Gericht. Johan würde vermutlich mit einer milden Strafe davonkommen. Ulf dagegen … es würde lange dauern, bis die Familie Strand wieder vollzählig war.
    Vanja beugte sich gerade vor, um das Aufnahmegerät zu stoppen, als Torkel sie zurückhielt. Eine Frage war noch offen, über die er grübelte, seit er begriffen hatte, wie alles zusammenhing.
    «Warum haben Sie nicht die Polizei gerufen? Ihr Sohn berichtet Ihnen, dass er aus Versehen seinen Freund erschossen hat. Warum haben Sie nicht einfach die Polizei angerufen?»
    Ruhig begegnete Ulf Torkels neugierigem Blick. Es war ganz einfach. Wenn Torkel auch Kinder hätte, würde er es verstehen.
    «Johan wollte es nicht. Er war außer sich vor Angst. Ich hätte ihn nicht enttäuschen dürfen. Das hatte ich schon einmal getan. Als ich die Familie verließ. Diesmal war ich gezwungen, ihm zu helfen.»
    «Vier Menschen sind tot, Sie kommen ins Gefängnis, und er ist traumatisiert, möglicherweise für den Rest seines
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