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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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Sie stand auf und ging zum Flur. Im Türrahmen blieb sie stehen und drehte sich noch einmal zu Sebastian um. Er sah sie fragend an.
    «Du warst mit ihr im Bett, oder?»
    «Wie bitte?»
    «Mit der Mutter. Beatrice. Du warst mit ihr im Bett.»
    Diesmal formulierte sie den Satz nicht einmal als Frage, also antwortete Sebastian nicht. Das brauchte er auch nicht, wie immer war Schweigen die beste Bestätigung.
    Sah er etwa einen enttäuschten Ausdruck im Gesicht seiner künftigen Exkollegin?
    «Als du zu dem Jungen hinaufgegangen bist, weil du glaubtest, er würde sich möglicherweise etwas antun, da dachte ich noch, dass du vielleicht nicht durch und durch verkommen bist.»
    Sebastian wusste bereits, in welche Richtung das Gespräch ging. Er kannte das schon, von anderen Frauen, aus anderen Zusammenhängen, mit anderen Worten. Und der gleichen Schlussfolgerung.
    «Offenbar habe ich mich getäuscht.»
    Vanja ließ ihn zurück. Er sah sie gehen und blieb schweigend sitzen. Was hätte er auch sagen sollen?
    Sie hatte ja recht.
     
     
    Ulf Strand saß auf demselben Stuhl wie wenige Stunden zuvor seine Frau. Er machte einen sehr gefassten Eindruck. Höflich, beinahe zuvorkommend. Das Erste, was er fragte, als Vanja und Torkel in den Verhörraum kamen und ihm gegenüber Platz nahmen, war, wie es Johan ging. Als er die beruhigende Nachricht erhalten hatte, dass er betreut wurde und Beatrice bei ihm war, erkundigte er sich nach Haraldssons Zustand. Vanja und Torkel berichteten, dass er operiert worden und außer Gefahr sei, schalteten das Aufnahmegerät ein und baten Ulf, alles von Anfang an zu erzählen. Ab dem Zeitpunkt, als er zum ersten Mal von Rogers Tod hörte.
    «An dem besagten Abend rief Johan mich im Büro an. Er weinte und war vollkommen außer sich, er sagte, auf dem Fußballplatz wäre etwas Schreckliches passiert.»
    «Also sind Sie hingefahren?»
    «Ja.»
    «Und was geschah, als Sie dort ankamen?»
    Ulf richtete sich auf dem Stuhl auf.
    «Roger war tot. Johan war völlig aufgelöst, also versuchte ich, ihn so gut es ging zu beruhigen, und setzte ihn in den Wagen.»
    Vanja registrierte, dass Ulfs Stimme keinerlei Gefühlsregung verriet. Als hielte er gerade einen Vortrag vor Kollegen oder Kunden. Er war es gewohnt, korrekt und mit dem richtigen Ton aufzutreten.
    «Dann habe ich mich um Roger gekümmert.»
    «Inwiefern gekümmert?», fragte Torkel.
    «Ich habe ihn außer Sichtweite geschleift, in den angrenzenden Wald. Ich begriff, dass man die Kugel zurückverfolgen konnte und ich somit gezwungen war, sie irgendwie herauszubekommen.»
    «Und wie haben Sie das angestellt?»
    «Ich ging zum Auto zurück und holte ein Messer.»
    Ulf hielt inne und schluckte. Kaum verwunderlich, dachte Sebastian im angrenzenden Zimmer. Bisher hatte Ulf in seiner Erzählung niemandem Schaden zugefügt. Erst jetzt wurde es schwer.
    Im Verhörraum bat Ulf nun um ein Glas Wasser. Torkel holte es ihm. Ulf nahm einige wenige Schlucke. Er stellte das Glas wieder ab und fuhr sich mit der Rückseite der Hand über den Mund.
    «Sie haben also ein Messer aus dem Auto geholt. Und dann?» Vanja trieb das Gespräch voran.
    Ulf hatte beträchtlich an Stimmkraft eingebüßt, als er antwortete.
    «Ich ging zurück und verwendete es, um die Kugel herauszuschneiden.»
    Vanja schlug die Mappe auf, die vor ihr auf dem Tisch lag. Sie blätterte einige großformatige Fotografien der übel zugerichteten Leiche des Jugendlichen durch und schien etwas zu suchen. Reine Show, dachte Sebastian. Sie hatte alles parat, was sie wissen musste, um dieses Verhör zu führen, ohne irgendwelche Papiere oder Protokolle. Sie wollte nur, dass Ulf einen Blick auf seine Gräueltaten warf.
    Nicht, weil er sie vergessen hatte oder jemals vergessen würde. Vanja tat nun so, als hätte sie das Papier gefunden, nachdem sie gesucht hatte.
    «Roger hatte am ganzen Körper zweiundzwanzig Messerstiche, als wir ihn fanden.»
    Ulf kämpfte, um seinen Blick von den grausamen Bildern abzuwenden, die nun ausgebreitet auf der Tischplatte um die Mappe herum lagen. Das klassische Gaffersyndrom, wie bei einem Autounfall: nicht hinsehen wollen, aber den Blick auch nicht abwenden können.
    «Ja, ich dachte mir, es so aussehen zu lassen, als sei er erstochen worden. Irgendetwas Rituelles, die Tat eines Wahnsinnigen, was weiß ich.» Ulf gelang es, den Blick von den Bildern zu lösen. Er sah Vanja nun direkt an. «Eigentlich wollte ich nur verbergen, dass er erschossen wurde.»
    «Okay. Und
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