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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler
Autoren: Monika Feth
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Picasso Dora Maar gemalt hatte, abstrakt und kalt, aber auch das reizte ihn nicht.
    Ihre Augen verrieten ihm, dass er ihr gefiel. Es ärgerte ihn, denn es erschwerte ihren Umgang miteinander. Sie hatten einen Vertrag geschlossen und jeder hatte seinen Part zu erfüllen. Da war kein Raum für Begierde.
    Egal. Bald würden sie hier fertig sein. Dann würde sich das Problem von ganz allein lösen. Demonstrativ schaute er auf die Uhr. Hob die Schultern. Murmelte etwas von einem Termin. Und stieg erleichtert in seinen Wagen. Komplikationen konnte er jetzt wirklich nicht brauchen.
     
    Mike sah Ilka hinterher, wie sie davonradelte. Er hob den Arm und winkte ihr nach, obwohl sie sich nicht mehr nach ihm umdrehte. Wenn er bloߟ dieses Zimmer bekam! Einen ungestörten Platz, für Ilka und ihn. Vielleicht würde das alles ändern.
    Er hatte dem Tag entgegengefiebert, an dem er volljährig geworden war. Endlich würde er selbst über sein Leben bestimmen können. Kein Stress mehr zu Hause, keine Auseinandersetzungen, keine Lügen und keine Heimlichkeiten.
    Seine Eltern waren schon lange geschieden. Mike war bei seiner Mutter geblieben, weil sie ihm Leid getan hatte, eine betrogene und verlassene Frau, die niemanden hatte auߟer ihrem Sohn. Er hatte versucht, die Leere zu füllen, die sie empfand, aber es war ihm nicht geglückt. Sie wollte mehr und mehr von ihm, saugte ihn förmlich aus.
    Nicht dass sie keine Männer kennen gelernt hätte. Sie brachte sie alle mit, und Mike saߟ beim Frühstück nicht selten einem unrasierten Mann gegenüber, dem er nie zuvor begegnet war. Doch nie wurde etwas Ernstes daraus.
    Der eine war ihr zu ungebildet, der andere zu unattraktiv. Etwas fehlte ihr immer. Und wenn sie keinen Makel entdeckte, dann suchte sie so lange, bis sie einen fand. Sie wollte nicht glücklich sein, sich nicht verlieben. Vielleicht hatte sie Angst davor, noch einmal enttäuscht zu werden.
    »Das Einzige, was einem bleibt, sind die Kinder«, sagte sie zu ihren Freundinnen, mit denen sie sich regelmäߟig zum Kaffeeklatsch traf, reihum mal bei dieser, mal bei jener. Es war ihr gleichgültig, wenn Mike in der Nähe war und es hörte.
    »Dein Mike ist wirklich ein Schatz«, sagten die Freundinnen.
    »Um den kann man dich nur beneiden«, sagten sie.
    Und Mike sah, wie seine Mutter nickte. Vielleicht rollte ihr auch eine Träne über die Wange. Das hing davon ab, wie viele Liköre sie schon getrunken hatte. Ihre Zuneigung zu Mike stieg mit ihrem Alkoholpegel, ebenso wie ihr Selbstmitleid.
    Kaum hatten ihre Freundinnen das Haus verlassen, bekam sie das heulende Elend, und Mike verwandelte sich pflichtschuldig in ihren Seelentröster.
    Doch damit war jetzt Schluss. Er würde sich das Zimmer ansehen, und wenn die Mädchen ihn wollten, würde er es nehmen, egal in welchem Zustand es wäre. Es war ihm gleichgültig, ob die Tapeten sich von den Wänden lösten oder das Linoleum sich auf dem Boden wellte. Es könnte feucht sein und klamm und voller Schimmelpilze. Hauptsache, es hätte eine verschlieߟbare Tür und niemand würde seine Mutter hereinlassen, ohne ihn um Erlaubnis zu bitten.
    Mike beschleunigte seine Schritte. Er konnte es kaum erwarten.
     

Kapitel 4
    Ilka stellte das Fahrrad ab, sicherte es an einem Laternenpfahl und drückte zögernd das niedrige Tor auf. Noch konnte sie es sich anders überlegen. Noch konnte sie sich ihr Fahrrad schnappen und einfach davonfahren. Noch war nichts geschehen, was sich nicht rückgängig machen lieߟe.
    Sie hatte sich für Lara Engler entschieden, weil ihr das Haus gefiel. Die kleine gelbe Bauernkate hinter dem niedrigen, weiߟ gestrichenen Holzzaun hätte ebenso gut in Südfrankreich stehen können. Im Augenblick konnte man ihren Zauber nur erahnen, aber bald würde der schmale Weg gesäumt sein von Narzissen, Traubenhyazinthen und Vergissmeinnicht und die Forsythie würde in voller Blüte stehen. Dann würden die Rosen blühen, die Glockenblumen, der Sommerflieder und die Malven. Ilka war oft hier stehen geblieben und hatte den Schmetterlingen zugesehen, die wie trunken von Blüte zu Blüte taumelten. Sie hatte den Duft der Pflanzen eingeatmet und sich gewünscht, später auch einmal so ein Haus zu besitzen.
    Während sie sich an die Hitze des Sommers erinnerte, an den Gesang der Vögel und das lebhafte Summen im Gras, spürte sie die beiߟende Kälte auf den Wangen. Hör auf, dich wieder wegzuträumen, rief sie sich zur Ordnung, nahm allen Mut zusammen und drückte
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