Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe
Autoren: Nelson DeMille
Vom Netzwerk:
den Schwesternrufknopf zu drücken, aber ich riss ihn ihr aus der Hand, schwang mich aus dem Bett und sagte: »Gehen wir.«
    »Was – ?«
    Ich nahm sie am Arm, und als ich sie zur Tür schob, sagte ich: »Du musst mich hier rausbringen.«
    Sie entzog mir ihren Arm. »Nein, John – «
    »Vertrau mir. Ich kann’s erklären. Komm schon.«
    Sie schaute mich an und sagte schließlich mit beschwichtigendem Tonfall: »Bleib hier, John, ich hole dir etwas zum Anziehen. «
    Ich schaute auf meine Uhr, aber da war keine. »Wie spät ist es?«, fragte ich sie.
    Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Fünf nach acht. Du bleibst hier – «
    »Kate, um acht Uhr sechsundvierzig, zur gleichen Zeit, zu der das erste Flugzeug den Nordturm gerammt hat, wird auf der Baustelle des World Trade Center eine sehr große Bombe explodieren. «
    Sie starrte mich an und wirkte erschrocken – nicht wegen der Bombe, sondern wegen mir.
    Um die Sache in die Gänge zu kriegen, log ich. »Khalil hat es mir erzählt, als er dachte, er könnte mich umbringen.«
    »O mein Gott …«
    »Lass uns gehen. Hast du dein Handy?«
    Sie schnappte sich ihre Handtasche, und wir stürmten durch die Tür.
    Die andere Seite der Station war für geisteskranke Straftäter bestimmt, und da ich nicht dort landen wollte, versuchte ich so lässig wie möglich zu wirken, als wir raschen Schrittes über den Flur liefen, der voller Wärter von der Strafvollzugsbehörde war.
    Wir kamen zur Sicherheitsschleuse und wären beinahe durchgekommen,
aber ein Typ von der Strafvollzugsbehörde hielt uns an. Offenbar waren ihm mein Krankenhauspyjama und die Hausschuhsocken aufgefallen.
    Kate schlug ihren FBI-Tonfall an, zeigte ihren Dienstausweis und machte dem Typ klar, dass ihn die Sache nichts anging.
    Er machte einen Rückzieher, und wir waren draußen auf dem Korridor.Am Aufzug fragte sie mich: »Wohin gehen wir?«
    »Ground Zero. Gib mir dein Telefon.« Ich wählte Walsh an. Ich wusste, dass er Kates Anrufe immer annahm. Jetzt hatte er stattdessen mich am Apparat, weshalb er sowohl verdutzt als auch enttäuscht war.
    Er sagte: »John … schön, dass ich von Ihnenhöre. Ich wollte – «
    »Tom, hören Sie mir zu – «
    »Die Sache mit Vince tut uns sehr leid – «
    Im Aufzug riss die Verbindung ab, und ich sagte zu Kate: »Beschlagnahme einen Krankenwagen, wenn wir rauskommen.«
    Sie nickte.
    Der Aufzug hielt in der Lobby an, worauf Kate rasch zum Ausgang an der First Avenue lief, während ich Walsh ein weiteres Mal anwählte und ihr folgte.
    Tom meldete sich wieder und sagte: »Kate hat mir erzählt, dass Sie sich ausruhen, und ich wollte nur sagen – «
    »Tom, halten Sie den Mund und hören Sie mir zu.« Das brachte ihn zum Schweigen, und ich sagte langsam und deutlich, mit ruhigem, aber drängendem Unterton: »Als Asad Khalil dachte, er könnte mich umbringen, hat er mir erzählt, dass an der WTC-Baustelle eine Bombe gelegt ist – «
    »Was?«
    Ich hörte Motorenlärm im Hintergrund und fragte ihn: »Sind Sie noch dort?«
    »Ja.«
    »Ich glaube, die Bombe ist in dem Sattelzug – Carlino Masonry Supplies. Sehen Sie ihn?«

    »Ich … stehe daneben …«
    »Vielleicht wollen Sie lieber weggehen. Aber rufen Sie vorher so schnell wie möglich das Bombenentschärfungskommando. Schaffen Sie danach alle so schnell wie möglich von dort weg – das ist ein sehr großer Laster.«
    Schweigen.
    Ich spazierte aus der Lobby, und der Wachmann an der Tür sagte zu mir: »Hey! Wohin wollen Sie?«
    Walsh fragte: »John … sind Sie sich ganz sicher?«
    Sehr gute Frage. Und die Antwort lautete nein, aber ich sagte: »Ja.«
    Der Wachmann sprach mit mir, aber ich winkte ihn weg. Wo zum Teufel blieb Kate?
    »Der Anhänger ist verschlossen«, verriet mir Walsh.
    Inzwischen war er vermutlich dreißig Blocks weiter weg, deshalb fragte ich mich, woher er das wusste. Ich sagte: »Ja, vermutlich ist er verschlossen, Tom.« Ich zögerte, dann sagte ich: »Ich glaube – ich glaube, sie ist auf – «
    Der Wachmann hatte jetzt einen Kollegen dabei, und sie wollten, dass ich mit ihnen hineinging. »Ich warte auf einen Krankenwagen«, sagte ich zu ihnen. Zu Walsh sagte ich: »Ich glaube, sie ist auf acht Uhr sechsundvierzig eingestellt.«
    Er fragte nicht, weshalb ich das glaubte, denn dieser Zeitpunkt hat sich jedem ins Gedächtnis eingebrannt.
    Wieder herrschte Schweigen, und ich dachte schon, die Verbindung wäre unterbrochen, aber dann sagte er: »Das ist in einunddreißig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher