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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe
Autoren: Nelson DeMille
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Khalils Brust noch einmal hob und dann nicht mehr.
    Ich wandte meinen Kopf um und schaute zu Vince Paresi, der an dem großen Kran hing. Ich holte tief Luft und sagte zu ihm: »Es ist vorbei, Captain – wir haben gewonnen.«

49
    I ch wollte nicht ins nächste Krankenhaus gebracht werden – ich wollte ins Bellevue, folglich fuhr der Notarztwagen dorthin.
    Ich hatte Druckverbände auf meinen Wunden und zwei Kanülen in den Armen, durch die Kochsalzlösung rann, und es ging mir phantastisch. Das müssen wir noch mal machen.
    Genau genommen dämmerte ich ein ums andere Mal weg, aber ich kann mich noch erinnern, wie ich im Bellevue ankam und den Leuten in der Notaufnahme erklärte, dass meine Frau Patientin auf der Sicherheitsstation war – danach kann ich mich an nicht mehr viel erinnern.
    Die Sonne fiel durchs Fenster, und an der Jalousieschnur hing ein Plüschlöwe.
    Ich war mir ziemlich sicher, dass ich nicht träumte, und das Zimmer kam mir eindeutig bekannt vor.
    Jemand drückte meine Hand, und ich wandte den Kopf um und sah Kate neben meinem Bett stehen. Sie trug die weiße Bluse und den blauen Rock, die ich ihr gebracht hatte, und es dauerte ein paar Sekunden, bis ich das verarbeitet hatte.
    Sie lächelte und fragte mich: »Wie geht’s dir, mein Hübscher?«
    Ich wusste nicht, wie es mir ging, erwiderte aber: »Nicht schlecht.« Und ich fügte hinzu: »Du solltest den andern Typ sehen.« Er ist tot.
    Sie rang sich ein Lächeln ab und sagte: »Du wirst wieder gesund werden.«
    »Gut.« Aber ich kann nicht nach Minnesota fliegen.

    Sie hatte Tränen in den Augen, und sie beugte sich vor und küsste mich auf die Wange – genau dort, wo Khalil auf meinen Nerv gebissen hatte. Autsch!
    Ich legte meine Hand auf die Stelle und spürte einen Verband, dann einen weiteren am Kinn, wo mich das Arschloch ebenfalls gebissen hatte. Dann machte ich das typische Mackerding, weil ich nicht auseinanderhalten konnte, was geschehen war und was ein schlechter Traum war, und tastete nach meinem Gemächt. Eins, zwei, Ausrufezeichen. Noch einmal – eins, zwei –
    »Ist alles okay? Was tut dort weh?«
    »Nichts.« Ich fand die Bettsteuerung und richtete mich in Sitzhaltung auf.
    Ich war an Schläuche und Drähte angeschlossen und warf einen Blick auf die Monitore, die ganz okay aussahen. Allmählich stellte sich das Hochgefühl ein, das man kriegt, wenn einen der Sensenmann knapp verpasst hat, und ich beugte mich vor und sagte: »Ich will raus.«
    »Drei, vier Tage, hat der Arzt gesagt«, erklärte mir Kate. »Aber ich habe ihm gesagt, eine Woche.«
    Nicht komisch.
    »Du hast etwas Blut verloren, aber sie haben schon nachgefüllt. « Und sie fügte hinzu: »Ich habe dem Neurologen erklärt, dass du schon vor dem Blutverlust geistig behindert warst und er deshalb nicht zu viel erwarten soll, wenn er dich untersucht.«
    Womit hatte ich diesen Sarkasmus verdient?
    Kate hielt mir eine Tasse mit Eiswasser an den Mund und ließ mich einen Schluck trinken. Ich bemerkte jetzt, dass ihr Bett noch im Zimmer stand, und fragte sie: »Bleibst du da?«
    »Nein, du bleibst da. Ich gehe.«
    »Aha?« Ich ließ mich zurücksinken und spürte trotz der Schmerzmittel, wo ich die beiden Messerstiche abbekommen hatte. Genau genommen tat mir der ganze Körper weh. Es war ätzend.

    Ich starrte eine Weile an die Decke, dann sagte ich: »Khalil ist tot.«
    »Ich weiß.«
    »Vince Paresi ist tot. Khalil hat ihn umgebracht.«
    Schweigen, dann: »Ich weiß.«
    Sie weinte wieder, und um ehrlich zu sein, hatte auch ich einen kleinen Kloß im Hals. Ich hatte keine Ahnung, wie Khalil Paresi umgebracht hatte, und hoffte inständig, dass es schnell gegangen war.
    Sie zog einen Stuhl ans Bett, nahm meine Hand, und wir saßen eine Weile schweigend beieinander.
    Schließlich sagte sie zu mir: »Tom ist am … Tatort. Er kommt später zu Besuch.«
    »Ich empfange keine Besucher namens Tom.«
    »John … er möchte dich sehen und … dir gratulieren.«
    »Keine Fotos.«
    Ohne darauf einzugehen, sagte sie zu mir: »Wenn du bereit bist, darüber zu reden … Ich möchte wissen, was passiert ist.«
    Ich war jetzt bereit, darüber zu reden, wusste aber, dass ich die gleiche Geschichte dem halben Justizministerium – von Tom Walsh gar nicht zu sprechen – noch mindestens zwanzigmal erzählen musste, deshalb sagte ich: »Wenn ich heimkomme. « Und ich fügte hinzu: »Du kannst mir bei meinem Bericht helfen.«
    »Blas dich nicht so auf.«
    Ich lächelte.
    Ich
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