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Der Lockvogel

Der Lockvogel

Titel: Der Lockvogel
Autoren: Chris Morgan Jones
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Geruch nach Toast und gebratenem Speck hing in der Luft. Webster rührte in einer Tasse Kaffee, der Löffel klirrte gegen den Rand; sein Tisch war der einzige mit einer Tischdecke.
    »Sind Sie allein?«
    »Sie haben keine Mittagsküche hier. Frau Maurer hat mir ein Omelette gemacht. Ich bin sicher, sie würde Ihnen auch eins machen.«
    Lock schüttelte den Kopf. »Der Geruch reicht mir völlig. Danke.«
    »Kaffee?«
    »Wasser.«
    »Setzen Sie sich.« Webster stand auf und ging in die Küche, er schien sich wie zu Hause zu fühlen. Lock schaute aus dem Fenster, vor dem gepflegte Nebengebäude aus Backstein zu sehen waren. Herr Maurer schob eine Sackkarre mit einem hohen weißen Kühlschrank zu einem weißen Transporter, der mit offenen Hintertüren bereitstand.
    Webster kam mit jeweils einer Flasche stillem und kohlensäurehaltigem Mineralwasser, einem Glas und einer Schale Eiswürfel zurück.

    »Ich wusste nicht, welches Sie wollten.«
    »Was glauben Sie, was die mir gegeben haben?«
    »Dmitri hatte etwas bekommen, das GHB heißt. Es wird aus Fußbodenreiniger hergestellt.« Lock sagte nichts. »Aber es war eine Flasche Gin in Ihrem Zimmer, die ich vorher nicht gesehen hatte. War das Ihre?«
    »Nein. Kein Gin.«
    »Dann haben sie Ihnen wahrscheinlich eine ganze Menge davon eingeflößt. Wenn auch vielleicht nicht aus dieser Flasche.«
    »Das ergibt Sinn. Ich kann das Zeug in meinem Atem schmecken.«
    Webster hielt Lock die Flasche mit stillem Wasser hin. Lock nickte.
    »Wir sollten es machen.«
    Webster schenkte ein und gab Lock das Glas.
    »Sind Sie sicher?«
    »Vollkommen. Ich schulde es Nina. Ganz zu schweigen von Marina und Vika. Verdammt, und allen anderen.« Er nahm einen Schluck. Er konnte es kühl und mineralisch in seiner Kehle spüren.
    Webster beobachtete ihn, als ob er auf mehr wartete. Lock nahm noch einen Schluck.
    »Haben Sie keine Zweifel?«
    »Keine.«
    »Dann haben wir eine Menge zu tun.«

    An diesem Abend rief Lock Malin an. Webster hatte ein Skript für ihn geschrieben und ihn instruiert, einen professionellen Tonfall beizubehalten. Es sei ein Deal wie jeder andere.

    Webster hatte am Nachmittag neue Handys aus der Stadt besorgt. Sechs Stück; ihr Verbrauch war beachtlich. Danach hatte er stundenlang mit Leuten in London über die Operation gesprochen. Leute von einer Sicherheitsfirma wurden eingeflogen, sie würden am Abend eintreffen. Nina plante, ihre Schwester in Graz zu besuchen. Lock staunte, wie exakt jeder Schritt berechnet werden musste. Ihm wurde klar, dass er sich zunehmend auf Webster verließ – er tauschte einen Lenker gegen einen anderen.
    Es war spät in Moskau, als er anrief. Halb elf. Malin würde aber noch wach sein. Er schlief wenig.
    Es klingelte fünf Mal, bevor er abnahm.
    »Richard.«
    »Konstantin.«
    »Wo sind Sie?«
    »An einem Ort, wo Sie mich zur Abwechslung mal nicht finden können.« Sie redeten russisch.
    »Ich wünschte, Sie würden nach Hause kommen.«
    »Es ist nicht mehr mein Zuhause, Konstantin. Seien wir ehrlich, das war es auch nie.« Webster, der neben Lock stand, tippte mit seinem Finger auf das Skript auf dem Tisch. Nicht abschweifen.
    »Richard, ich bin vielleicht der einzige Mensch, der Sie schützen kann. Hören Sie nicht auf andere Leute, die behaupten, sie könnten das.«
    Lock schaute zu Webster hoch, der nickte. »Konstantin, ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich habe etwas, das Sie wollen, und Sie haben etwas, das ich will. Ich habe Dmitris Dateien. Ich weiß, dass Sie danach gesucht haben.«
    Das Skript sah hier eine Pause vor, um Malin Zeit für eine Reaktion zu geben, doch er sagte nichts.

    Lock sprach weiter. »Ohne meine Hilfe werden Sie sie nicht finden, das steht fest. Ich bin bereit, sie Ihnen zu geben – im Tausch gegen meine Freiheit und eine Geldsumme, um mich für den Ärger zu entschädigen, den ich Ihretwegen hatte. Und was Faringdon betrifft: Ich garantiere eine glatte Übergabe meiner Eigentumsrechte an einen neuen Eigentümer Ihrer Wahl. Ich würde vorschlagen, dafür eine russische Lösung zu finden.«
    »Wie viel?«
    »Moment, ich bin noch nicht fertig. Ich würde mich ebenfalls verpflichten, mit jeglichen Strafverfolgungsbehörden lediglich über Dinge zu sprechen, die in meinem Zuständigkeitsbereich lagen. Ich werde keine weitergehenden Spekulationen anstellen. Wie Kesler Ihnen bestätigen kann, reicht das nicht aus, um Ihnen etwas anzuhängen. Nicht in Russland. Ich werde vielleicht nicht so viel Glück haben, aber das
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