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Der Lockvogel

Der Lockvogel

Titel: Der Lockvogel
Autoren: Chris Morgan Jones
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Russisch.«
    »Dann übersetzen Sie es mir.«
    Webster drückte eine Reihe von Knöpfen und legte das Handy auf einen gepolsterten Hocker, der zwischen ihnen stand.
    »Das ist Locks Stimme. Das ist Malin.«
    »Was sagen sie?«
    Webster beschrieb die Szene – den Leibwächter, Malin am Tisch, Lock ruhig, Blacks Männer rundum positioniert – und ging die Unterhaltung durch, wie er es in seinem Kopf schon hundertmal getan hatte. Der Austausch der Papiere, Malins Enttäuschung, seine Versicherung, dass er Lock die ganze Zeit beschützt habe. Während sie zuhörten und er redete, nahm Webster seine Uhr ab, säuberte sie an seinem Hemd und folgte mit den Augen geistesabwesend dem langsamen und unerbittlichen Fortschreiten des Sekundenzeigers.
    »Glauben Sie ihm?«
    »Ich glaube, dass Lock ihm glaubte.«
    »Und Sie?«
    »Ich glaube ihm. Er wird wohl kaum geplant haben, dass Lock praktisch neben ihm starb. Schauen Sie sich an, in welcher unangenehmen Lage er ist. Schauen Sie in die Zeitungen.«
    Hammer nickte. Er hatte sein Trommeln unterbrochen, aber nun fing er wieder damit an.
    »Also wer war es?«, fragte er.

    Webster seufzte. »Der Nächsthöhere auf der Leiter. Jemand im Kreml. Eine Fraktion im Kreml. Es ist Russland. Wir werden es nie wirklich erfahren.«
    Hammer grunzte. »Sie waren schon vor ihm da.«
    »Die Russen?«
    Er nickte. »Die beiden Burschen aus dem Flugzeug hatten nichts damit zu tun.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Sie haben eine Nacht im Holiday Inn am Flughafen verbracht. Dann konnte ich sie nirgends mehr finden. Sie waren verschwunden. Am Ende fand ich sie in Hannover. Sie waren zwei Nächte dort, dann zwei Nächte in Dortmund. Es sind Vertreter. Sie verkaufen Dünger.«
    »Wie weit ist Hannover von Berlin?«
    »Die hätten es nicht tun können, und Sie haben es selbst gesagt. Das war nicht Malin.«
    Webster nickte. »Die Deutschen waren so oder so nicht daran interessiert.« Er schaute auf seine Hände hinab. »Ich hätte auf Alan Knight hören sollen. Er hat versucht, mir zu sagen, dass diese Geschichte anders war. Ich dachte, er sei paranoid. Inzwischen glaube ich, er lag richtig.«
    »Unterschätze nie die Macht deines Gegners«, sagte Hammer, als würde er ein bekanntes Sprichwort wiederholen. Webster nickte, er schaute immer noch nach unten. »Sofern du weißt, wer dein Gegner ist.«
    »Nichts Neues von Alan?«
    Hammer schüttelte den Kopf. Sie schwiegen eine Weile.
    »Das mit der Presse tut mir leid«, sagte Webster.
    Hammer schnaubte. »Lieber Gott, machen Sie sich deswegen keine Gedanken. Wird schon schiefgehen. Besonders, wenn Tourna erst anfängt, damit anzugeben.«

    »Verdammt. Wie geht es dem Klienten?« Er hatte Tourna vollkommen vergessen.
    »Freut sich wie ein Schneekönig. Er findet Sie großartig.«
    »Das ist nicht Ihr Ernst?«
    »Doch. Er will Sie anheuern.«
    »Die Kosten haben ihm nichts ausgemacht?«
    »Mir hat er gesagt, er hätte auch das Doppelte gezahlt.«
    »Er ist verrückt.«
    »Allerdings. Ich habe ihn Montagabend angerufen, ihn informiert und ihn vor dem Presserummel gewarnt. Am Dienstag rief er zurück, um mir zu gratulieren. Er weiß, dass Malin keine Chance hat, das zu überstehen.«
    »Ich wünschte, ich könnte mich darüber freuen.«
    Hammer sagte nichts.
    »Hat er Lock erwähnt?«
    »Mit keinem Wort.«
    Webster schüttelte den Kopf und seufzte leise.
    Hammer beobachtete ihn einen Moment lang. »Sie sollten nach Hause gehen.«
    »Bei mir zu Hause ist nichts passiert?«
    »Nichts.«
    »Danke.« Webster wollte aufstehen, dann hielt er inne, wie um etwas zu sagen. Sie schauten sich einen Moment lang an. »Ich weiß noch nicht, wann ich zurückkomme.«
    »Lassen Sie sich Zeit.«
    »Ich weiß nicht, ob ich zurückkomme.«
    Hammer schaute ihn einfach mit seinen milden Augen an. Seine Hand zupfte an seinem Kinn, seine Finger schlossen sich über seinem Mund.
    »Ich komme gerade von Marina Lock. Ich musste seine letzten Worte weitergeben.«

    Hammer sagte immer noch nichts.
    »Eigentlich hätte ich sie seiner Tochter übermitteln sollen, weil sie für sie bestimmt waren. Aber sie war nicht da. Die ganze Woche habe ich mir vorgestellt, das kleine Mädchen zu treffen – verdammt, ich weiß noch nicht einmal, wie alt sie ist.« Er schüttelte den Kopf. Die Worte kamen schnell, sein Ton war hart. »Die ganze Woche habe ich mir vorgestellt, wie ich es ihr sage, und Angst davor gehabt, dass sie mich fragt, wer ich bin. Ich war wie versteinert. Wer ich bin? Ich bin der
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