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Der Lilienring

Titel: Der Lilienring
Autoren: Andrea Schacht
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Valentin aus dem professionellen Zwielicht begegnet, den ich bei der Suche nach Valerius kennen gelernt hatte. Einer der vielen Irrläufer, doch dieser zeichnete sich durch besonderen Charme aus.
    »Hey, Liebschen. Wie isset?«, hatte er gefragt, als er mich erkannte.
    »Jot isset!«, antwortete ich ihm in gleicher Mundart.
    »Un – hasse ding Macker jefunden?«, wollte er dann grinsend wissen.
    »Ja, ich habe ihn gefunden.«
    »Schaad, hättst och bei mir ding Auskommen ham können.«
    »Vielleicht ein andermal, Valentin!«

    »Na dann machet mal jot, ne!«
    »Machs och jot!«
    Amüsiert und mit einer gewissen Schadenfreude in der Stimme antwortete ich der Kommissarin: »Wissen Sie was? Dazu befragen Sie am besten den Richter Dr. Fabian Pönsgen, der hat uns zusammengebracht. Lassen Sie sich die Akte geben.«
    Mehr Fragen fielen ihr dann zum Glück nicht mehr ein. Oder besser, mehr stellte sie nicht. Ich war entlassen, sollte mich aber weiterhin zur Verfügung halten.
     
    Ich fuhr durch den regnerischen Apriltag nach Hause und überdachte noch einmal unser Gespräch. Wie es schien, hatte die weitere Beschäftigung mit dem tödlichen Unfall meines Vaters tatsächlich neue Erkenntnisse gebracht. Und die standen im Zusammenhang mit den Bonbons, die er beständig zu lutschen pflegte. Hatte ihm jemand präparierte Pfefferminzdrops in die Dose gefüllt? Das war sicher nicht schwierig. Tabletten konnte man zermörsern, Bonbons etwas klebrig zu bekommen war ebenfalls kein Problem, sie in dem weißen Staub zu wälzen ganz einfach. Dass sie ein bisschen komisch geschmeckt haben, wird Julian wenig irritiert haben. Denn er lutschte sie nicht wegen des Genusses, sondern in dem festen Glauben, sie hielten seine Stimme geschmeidig. Wenn also die Bonbondose, die er von mir erhalten hatte, mit derartig manipulierten Süßigkeiten gefüllt war, dann musste der Verdacht zunächst einmal auf mich fallen. In zweiter Linie würde er Rose treffen, zumal sie diejenige war, die er an jenem verhängnisvollen Abend noch besucht hatte. Wahrscheinlich war sie es auch, die ihn als Letzte lebend gesehen hatte.
    Arme Rose, sie würde man als Nächstes in die Mangel nehmen. Noch war sie mit ihrer Mutter in einem
Wellness-Hotel. Der Rummel um die erste, erfolgreiche Ausstellung ihrer gläsernen Kunstwerke und die unliebsame Aufmerksamkeit in der Presse, die über die Fotos von Rose und mir auf Julians wohl gehütetes Geheimnis gestoßen war, hatten ihre Nerven bis zum Zerrei ßen gespannt. Kurz vor Ostern, an jenem zehnten April, hatte sie versehentlich eine zu hohe Dosis Beruhigungsmittel genommen und dann unglücklicherweise noch Sekt dazu getrunken. Als sie aus dem Krankenhaus entlassen worden war, hatte Sophia, ihre Mutter, sie kurzerhand ins Auto gepackt und war mit ihr fortgefahren. Roses jüngere Schwester, die vierzehnjährige Cilly, war für die Tage zu mir gezogen. Sie hatte gerade Osterferien, und so war sie mir eine willige Helferin darin, die Ausstellungsstücke zurück in Roses Atelier zu schaffen. Üble Nebenwirkung der ganzen Sache war nämlich, dass der Veranstalter, ein angesehenes Kreditinstitut, das sein Foyer engagierten Künstlern der Region für die Präsentation ihrer Werke zur Verfügung stellte, uns aufgefordert hatte, sofort die Ausstellung abzubrechen.
     
    Als ich vor dem Haus einparkte, in dem ich im letzten Jahr eine Wohnung bezogen hatte, stand ein mir nicht unbekannter roter Porsche vor der Tür. Der Besitzer, Marc Britten, war offensichtlich schon oben, Cilly würde ihn mit Wonne eingeladen haben zu bleiben. Ich hingegen würde ihm mit Wonne gleich ein ungeputztes Gemüsemesser in die Seite rammen. Mit jeder Treppenstufe, die ich höher stieg, stieg auch meine Wut auf den Profi-Fotografen mit seinen sauberen Beziehungen zur Schmuddelpresse.
    »Dass du dich überhaupt noch hierher wagst!«, fuhr ich ihn also an, als ich in mein Wohnzimmer trat, wo er sich lässig und leider wahnsinnig attraktiv aussehend im Sessel lümmelte und mit Cilly flirtete.

    »Warum nicht, Herzchen. Hübsch siehst du aus. Du solltest häufiger vor Zorn schnauben!«
    »Anders werde ich dir zukünftig auch nicht mehr begegnen. Weißt du eigentlich, was du angerichtet hast?«
    »Nein, Anita-Schätzchen. Was denn?«
    »Sie meint das hier, Marc!«
    Cilly warf ihm ein Magazin hin, das mit der Überschrift lockte: »Caesar Kings geheime Tochter – Selbstmord?«
    »Au Scheiße!«
    »Jetzt sag nur nicht, dass du davon nichts gewusst
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