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Der Liebestempel

Der Liebestempel

Titel: Der Liebestempel
Autoren: Carter Brown
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schnell zu reagieren?« sagte ich mit respektvoller Stimme.
    »Ganz recht.« Er nickte
anerkennend. »Sie wissen wahrscheinlich, wie das ist. Man kann den Finger am
Abzug nicht aufhalten, wenn es einmal anfängt.«
    »Klar, und außerdem will man
das auch gar nicht«, pflichtete ich bei. »Darauf kommt es an. Ist das hier die
Waffe?«
    »Ja. Ich trage immer gern eine Achtunddreißiger mit...«
    Mein linke Schulter traf den
Schalter und das bernsteingelbe Licht begann schwindelerregend zu wirbeln,
löste sich schnell in tiefes Purpurrot auf, verwandelte sich in
Mitternachtsblau, wieder in lebhaftes Scharlachrot — nur wartete ich nicht
lange genug, um in den Genuß des Farbenspiels zu kommen. Während Annan geredet
hatte, war er so von der Vorstellung seiner eigenen Gerissenheit fasziniert
worden, daß sich seine rechte Hand ein bißchen gesenkt hatte. Nicht sehr weit,
nur ein paar Zentimeter. Es war anzunehmen, daß er jetzt automatisch die Waffe
anheben würde, bevor er abdrückte — oder wenn nicht, so würde er mir eine Kugel
in den Unterleib jagen. Deshalb trat ich im selben Augenblick, als ich mit der
linken Schulter den Schalter berührte, mit dem rechten Bein zu.
    Meine Schuhspitze traf ihn in
die Lendengegend, und er schrie auf, während er herumwirbelte. Ich hörte, wie
die Pistole auf den Boden fiel, dann sank Annan auf die Knie nieder, mit vor
Schmerz abgeknicktem Oberkörper. Ich wartete, bis das Kaleidoskop von
Mitternachtsblau auf Bernsteingelb gewechselt hatte, so daß ich die Pistole auf
dem Boden sehen und aufheben konnte. Annan wimmerte unentwegt, aber ich fand,
dies sei keine Garantie dafür, daß er nicht in jedem Augenblick losbrüllen
konnte. Deshalb gab ich ihm einen Schlag auf den Kopf mit dem Kolben, und er
sackte vollends zusammen. Dann schaltete ich das Licht aus, das Farbkarussell
kam zum Stillstand, und der Raum blieb wieder in bernsteingelbes Licht
getaucht.
    Cherie starrte mich stumm an,
und ihre Augen glänzten. »Ich weiß nicht, wie Sie’s gemacht haben, Lieutenant«,
sagte sie zitternd. »Aber ich bin vielleicht froh!«
    »Seine Eitelkeit übersteigt die
meine noch«, sagte ich selbstzufrieden. »Er kam nicht mal auf den Gedanken,
seine dunkle Brille abzunehmen. Er war wie ein Blinder im Nebel, als die
Lichter zu wirbeln anfingen.«
    Ich bückte mich, packte ihn am
Jackenkragen und schleppte ihn in den Raum. »Wir werden ihn hierlassen«, sagte
ich. »Vielleicht genießt er die Überraschung, wenn er aufwacht.« Ich zog Cherie
auf den Korridor hinaus, und bevor ich die Tür hinter Annan schloß, schaltete
ich sowohl die wirbelnden Lichter als auch die ohrenbetäubende Jazzmusik an.
    Cherie wartete gehorsam,
während ich die Tür von außen verschloß und den Schlüssel in meine Gesäßtasche
steckte.
    »Was wollen Sie jetzt tun?«
flüsterte sie.
    »Wir schleichen auf
Zehenspitzen ins Büro zurück und bereiten den beiden dort eine große
Überraschung«, sagte ich. »Vielleicht bleiben Sie besser hinter mir, wenn wir
dort sind.«
    »Darauf können Sie sich
verlassen«, hauchte sie inbrünstig. »Ich war in dem Augenblick, als ich vorhin
den Kopf um den Türpfosten streckte, überzeugt, daß Sie mir umgehend die Rübe
herunterschießen würden.«
    Ich probte auf dem Weg zurück
im Geist meine Eröffnungsansprache, und, wie mir schien, in ganz kurzer Zeit
waren wir fast an der offenen Bürotür angekommen. Auf die letzten Schritte
legte ich mein ganzes Gewicht, so daß meine Schritte beim Eintreten laut
hallten. Rafe saß zusammengesunken über dem
Schreibtisch, den Kopf in den Armen vergraben, während Justine noch im selben Stuhl saß, meine Pistole dicht vor sich auf dem Rand der
Schreibtischplatte. Wenn je ein Gesicht sämtliche möglichen
Ausdrucksvariationen widerspiegelte, so das ihre. Es begann mit Ungläubigkeit
und endete mit dem festen Entschluß, nicht glauben zu wollen.
    »Es gehört zu den Spielregeln«,
sagte ich, beglückt meine vorher geprobte Rede beginnend, »daß jeder Spieler
seinen eigenen Faktor X haben muß, den er zu seinem Vorteil ausspielen darf.«
    Justine räusperte sich anhaltend. »Was
war denn dein Faktor X, Al?«
    »Eine dunkle Brille.« Ich
grinste selbstgefällig. »Pech, was?«
    »Was ist mit Don?«
    »Er schläft im psychedelischen
Raum, aber wir haben alles schön in Betrieb gesetzt, so daß er sich nicht
einsam fühlen wird, wenn er aufwacht.«
    »Und was geschieht nun?«
    »Ich rufe im Büro des Sheriffs
an, und man wird jemanden schicken,
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