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Der Liebestempel

Der Liebestempel

Titel: Der Liebestempel
Autoren: Carter Brown
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er Ihnen erzählt, was er wußte, und ist dann einfach verschwunden? «
    »Ich habe ihn in einem
Ambulanzwagen ins Krankenhaus geschickt. Er ist vierundsechzig Jahre alt und
ein bißchen gebrechlich. Daß er den Toten aus der Tiefe herausziehen mußte, hat
seinem Herzen nicht sonderlich gutgetan.«
    Ich wandte mich Polnik zu und lächelte ihn mit leicht glasigem Blick an.
»Sie haben mit ihm gesprochen, bevor die Ambulanz kam, Sergeant?«
    »Ein sehr netter alter Bursche,
aber ganz durcheinander — genau wie der Doktor gesagt hat, Lieutenant. Er heißt
George Spooner . Er hat nicht mehr gewußt als das, was
ich Ihnen schon gesagt habe.«
    »Der Tote ist ein Mann namens Magnuson , niemand hat ihn seit über einem Jahr gesehen, und
seine Frau hat anderthalb Kilometer südlich von hier ein Haus am See«, sagte
ich. »Vermutlich muß ich mit ihr reden.«
    Murphy schüttelte bewundernd
den Kopf. »In der Morgenfrühe waren Sie immer ein Schnelldenker, Wheeler.«
    »Ich werde die Ehefrau
brauchen, um den Toten zu identifizieren«, sagte ich selbstgefällig, »Wann
wollen Sie die Autopsie vornehmen?«
    »Sagen wir, heute
nachmittag .« Er gähnte geruhsam. »Dann kann ich wenigstens meinen Schlaf
nachholen.«
    »Dann überlasse ich es jetzt
Ihnen, den Toten in die Leichenhalle zu bringen«, sagte ich. »Wetten, Ihre Frau
ist ganz versessen darauf, daß Sie sich die Hände waschen, bevor Sie ins Bett
hüpfen?«
    »Ich muß mich für die große
Gelegenheit fit halten«, sagte Murphy mit einem kleinen satanischen Lächeln.
»Für den Tag Ihrer Ermordung, wenn ich meine Hände in Unschuld waschen werde,
Wheeler, und den Rest dem Leichenbestatter überlasse.«
    »Wollen Sie, daß ich mitkomme,
Lieutenant?« fragte Polnik erwartungsvoll.
    »Diesmal nicht«, sagte ich.
»Sie fahren ins Krankenhaus. Wenn der alte Spooner ausreichend wohlauf ist, um reden zu können, versuchen Sie, alles was er über Magnuson — und seine Frau — weiß, aus ihm herauszubringen.«
    »Okay, Lieutenant.« Polniks Gorillastirn runzelte sich unter der Last neuer
Verantwortung. »Und was dann?«
    »Wir sehen uns dann im Büro
wieder«, sagte ich müde. »Und untersuchen Sie die Taschen des Toten, bevor der
Leichenwagen kommt.«
    »Das habe ich bereits getan.«
    »Und was haben Sie gefunden?«
    »Nichts, Lieutenant.«
    »Sieht ganz nach einem
erfolgreichen Tag aus«, bemerkte Murphy zuvorkommend.
    Ich kehrte zum Austin-Healy
zurück, stieg ein, wendete und rumpelte ein paar hundert Meter weit über die
Grasbuckel hinweg, bis ich wieder die ungeteerte Straße erreichte und in südlicher Richtung davonfuhr. Nach ungefähr anderthalb
Kilometer hielt ich und zündete mir eine Zigarette an. Hier wirkte der See
völlig anders, sein tiefblaues Wasser hatte etwas Einladendes, während das
Sonnenlicht auf seiner Oberfläche funkelte. Nur ein einziges Haus war zu sehen,
ein schimmerndes weißes Gebäude mit einem blauen Schindeldach und einem
säuberlich gemähten Rasen, der sich bis zu einem kleinen Pier hinunter
erstreckte, an dem ein kleines Ruderboot lag. Alles sah jetzt in der
Morgenfrühe so friedlich aus, daß ich so etwas wie Gewissensbisse spürte, weil
ich all das mit meiner Nachricht von einem gewaltsamen Tod aufstören mußte. Es
sind die gelegentlichen kleinen philosophischen Anwandlungen, die das Leben
eines Polizeibeamten lebenswert machen.
    Ungefähr zehn Sekunden später
parkte ich den Wagen auf der mit Kies bestreuten Zufahrt und ging die Stufen
zum Eingang hinauf. Der Druck auf den Klingelknopf löste innen gedämpftes Glockenspiel
aus, und dann wartete ich etwa eine Minute, bevor die Tür geöffnet wurde. Ein
großer Bursche in einem eng um seine massige Gestalt gehüllten Bademantel stand
da und starrte mich finster an. Sein zerzaustes dunkles Haar hing über seine
dunklen Augen herab, und sein dichter Schnurrbart sträubte sich über dem
energisch geschnittenen Mund und dem Kinn.
    »Was, zum Teufel, wollen Sie
denn mitten in der Nacht?« bellte er.
    Ich zeigte ihm meine
Dienstmarke. »Lieutenant Wheeler vom Büro des Sheriffs. Ich möchte gern mit Mrs. Magnuson sprechen.«
    »Weshalb?«
    »Wer sind Sie eigentlich?«
fragte ich kalt. »Vielleicht der Herr, über den die freundlichen Nachbarn
tratschen?«
    »Ich bin Paul Bryant, Gast hier
im Haus und ein alter Freund.« Er gab sich offensichtlich Mühe, seine Abneigung
gegen mich zu verbergen. »Sie schläft noch. Ich meine, vielleicht handelt es
sich um etwas, was ich für sie erledigen
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