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Der Leuchtturm am Ende der Welt

Der Leuchtturm am Ende der Welt

Titel: Der Leuchtturm am Ende der Welt
Autoren: Jules Verne
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sich danach richten kann; er wird es aber nicht wagen, im Finstern dem Landeinschnitte zuzudampfen.«
    Die Vermutung, die Kongre hier aussprach, war ja ganz richtig; auch John Davis und Vasquez waren derselben Ansicht. Sie wollten aber von der Stelle, wo sie sich befanden, nicht weggehen, so lange sie von der Galerie aus noch gesehen werden konnten. In ihrem engen Schlupfwinkel sprachen sie jedoch dieselben Gedanken aus, wie der Anführer der Räuberbande. Das Leuchtfeuer des Turmes hätte jetzt, wo die Sonne eben untergegangen war, schon angezündet sein müssen. Ohne daß er diesen Lichtschein sah, würde es der Kommandant Lafayate, obwohl er die Formation der Insel gewiß hinlänglich kannte, kaum gewagt haben, seine Fahrt vorläufig fortzusetzen. Und da er sich das Ausbleiben des Lichtes doch nicht würde erklären können, kreuzte er voraussichtlich die ganze Nacht auf freiem Wasser. Freilich war er schon zehnmal in die Elgorbucht eingefahren, doch immer nur am Tage, und da ihm jetzt der Leuchtturm als leitendes Seezeichen fehlte, wagte er sich jedenfalls nicht in die finstre Bucht hinein. Außerdem mußte ihm doch wohl der Gedanke kommen, daß die Insel der Schauplatz ernster Vorfälle gewesen sein müsse, da die Turmwärter nicht auf ihrem Posten waren.
    »Wenn der Kommandant nun aber, sagte Vasquez, das Land vor sich überhaupt noch nicht gesehen hat, und in der Erwartung, das Leuchtfeuer in Sicht zu bekommen, weiter fährt, kann ihm da nicht dasselbe geschehen, was der ›Century‹ widerfahren ist? Läuft er nicht Gefahr, an den Klippen des Kaps Sankt-Johann zugrunde zu gehen?«
    John Davis antwortete nur durch eine ausweichende Handbewegung. Es war nur zu richtig, daß alles so kommen könnte, wie Vasquez es ausgesprochen hatte. Gewiß herrschte jetzt kein Sturm, und die ›Santa Fé‹ befand sich deshalb nicht ganz in derselben Lage, wie seinerzeit die ›Century‹. Wenn es das Unglück wollte, war eine Katastrophe aber immerhin nicht ausgeschlossen.

    »Wir wollen schnell nach dem Ufer hinuntergehen. Binnen zwei Stunden können wir schon am Kap sein. Vielleicht ist es da noch Zeit genug, ein Feuer zu entzünden, um die Nähe des Landes erkennbar zu machen.
    – Nein, entgegnete John Davis, dazu ist es zu spät. Vor Verlauf einer Stunde liegt der Aviso vielleicht schon an der Einfahrt zur Bucht.
    – Was sollen wir dann aber beginnen?
    – Warten… ruhig warten!« antwortete John Davis.
    Es war jetzt weit über sechs Uhr, und die Insel verschwand schon allmählich in der Dämmerung.
    Die Vorbereitungen zur Abfahrt waren auf der ›Carcante‹ inzwischen mit größtem Eifer betrieben worden. Kongre wollte um jeden Preis von hier wegzukommen versuchen. Von quälender Unruhe verzehrt, war er entschlossen, den Ankerplatz unverzüglich zu verlassen. Geschah das erst mit dem Gezeitenwechsel am Morgen, so setzte er sich der Gefahr aus, dem Aviso in den Weg zu kommen. Wenn der Kommandant das Schiff aber aus der Bucht herauskommen sah, würde er es jedenfalls nicht weiterfahren lassen, sondern ihm befehlen, gegenzubrassen, und dann würde er dessen Kapitän ausfragen. Ohne Zweifel suchte er dabei zu erfahren, warum das Leuchtfeuer in der Laterne des Turmes nicht angezündet wäre. Die Anwesenheit der ›Carcante‹ mußte ihm ja mit Recht verdächtig erscheinen. Hatte er die Goelette dann zum Halten veranlaßt, so würde er zu ihr an Bord gehen, hier Kongre kommen lassen und auch dessen Mannschaft besichtigen. Da mußte ihm aber schon das wilde Aussehen der Leute den begründetsten Verdacht erwecken. Daraufhin zwang er das Schiff voraussichtlich. umzukehren und ihm zu folgen, und dann würde er es gewiß bis zur weitern Klärung der Sachlage in dem kleinen Landeinschnitte zurückgehalten haben.
    Fand der Kommandant der ›Santa-Fé‹ nun die drei Turmwärter hier nicht wieder, so konnte er sich deren Verschwinden jedenfalls nicht anders als durch einen unvermuteten Angriff erklären, dem sie zum Opfer gefallen sein mußten. Und führte ihn das dann nicht auf den Gedanken, daß die Angreifer die Leute des Schiffes gewesen sein möchten, das hier allem Anscheine nach zu entfliehen sachte? Endlich kam hierzu noch eine weitre Erschwerung der Sachlage.
    So gut wie Kongre und seine Bande die ›Santa-Fé‹ draußen vor der Insel gesehen hatten, mußte man als wahrscheinlich, ja als gewiß annehmen, daß auch die sie bemerkt hätten, die die ›Carcante‹ zweimal angegriffen hatten, als sie schon im Begriff war
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