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Der Leuchtturm am Ende der Welt

Der Leuchtturm am Ende der Welt

Titel: Der Leuchtturm am Ende der Welt
Autoren: Jules Verne
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Die zwei andern suchten ihre Wohnstätte noch nicht auf… (S. 6.)
Erstes Kapitel.
Am ersten Tage des Betriebes.
    Die Sonne versank allmählich hinter den Anhöhen, die die Aussicht im Westen begrenzten.
    Das Wetter war schön. An der andern Seite spiegelten vereinzelte Wölkchen über dem Meere, das im Osten und Nordosten zusammenfloß, die letzten Strahlen wieder, die aber auch bald in den Schatten der unter der hohen Breite von fünfundfünfzig Graden der südlichen Erdhälfte ziemlich langen Dämmerung verlöschen sollten.
    In dem Augenblicke, wo von der Sonnenscheibe nur noch die obere Hälfte sichtbar war, donnerte ein Kanonenschuß an Bord des Avisos ›Santa-Fé‹ und, im Winde sich entfaltend, wurde die Flagge der Argentinischen Republik an der Gaffel des Briggsegels gehißt.
    Genau zu derselben Zeit blitzte dem Schiffe gegenüber ein glänzender Lichtschein auf, der von dem obersten Teile eines in Flintenschußweite vom Ufer der Elgorbai befindlichen Leuchtturmes hinausstrahlte, der Bai, worin die ›Santa-Fé‹ verankert lag. Zwei Wächter und eine Gruppe Arbeitsleute am Ufer, sowie die auf dem Vorderteile des Fahrzeuges versammelte Mannschaft begrüßten mit lautem Zuruf das erste an dieser weltentlegenen Küste entzündete Leuchtfeuer.
    Zwei weitere und von dem scharfen Echo der Umgebung noch mehrfach wiederholte Kanonenschüsse antworteten darauf; dann wurde, entsprechend den für Kriegsschiffe geltenden Vorschriften, die Flagge wieder eingeholt, und nun wurde es still auf der Stateninsel hier an der Stelle, wo die Gewässer des Atlantischen und des Stillen Ozeans einander begegnen. (Diese Stateninsel ist also nicht mit dem Staten Island im Hafenbereich von New York zu verwechseln.)
    Die Arbeiter begaben sich sofort an Bord der ›Santa-Fé‹ und am Lande blieben nur drei Wächter zurück, von denen sich einer schon auf dem Turme auf seinem Posten befand.
    Die zwei andern suchten ihre Wohnstätte noch nicht sogleich auf, sondern gingen plaudernd längs des Ufers hin.
    »Na, Vasquez, begann der Jüngere von beiden, morgen geht der Aviso nun wieder in See….
    – Jawohl, Felipe, antwortete Vasquez, und ich hoffe, er wird keine schlechte Heimfahrt haben.
    – O, es ist eine etwas weite Strecke, Vasquez!
    – Ach was, der Rückweg ist nicht länger, als es der Herweg war.
    – Das möcht’ ich doch ein bißchen bezweifeln, erwiderte Felipe lachend.
    – Zuweilen, Kamerad, fuhr Vasquez fort, braucht man sogar mehr Zeit zu der Ausreise als zu der Rückfahrt, wenigstens wenn man für die zweite einigermaßen günstigen Wind hat. Übrigens sind fünfzehnhundert Meilen (etwa 2800 km) doch keine so große Sache, wenn ein Schiff eine gute Maschine hat und reichlich Segel führt.
    – Ja freilich, Vasquez, und dazu kennt der Kommandant Lafayate den Weg ganz genau.
    – Nun, der ist ja ganz gerade, alter Junge. Auf der Fahrt hierher ist er nach Süden gesteuert, auf der Heimreise wird er einen Kurs nach Norden einhalten, und wenn der Wind auch weiter vom Lande her stehen bleibt, dann hat der Kapitän den Schutz der Küste und er segelt wie auf einem Flusse hin.
    – Nun ja, meinte Felipe, doch auf einem Flusse, der nur ein einziges Ufer hat.
    – Das ist gleichgültig, wenn’s nur das, gute’ ist, und das ist’s allemal, so lange man Landwind hat.
    – Ganz recht, gab Felipe zu; der Wind hat aber seine Launen, und wenn er nun ins Gegenteil umschlägt….
    – Dann hat man eben Pech, Felipe, ich hoffe aber, das werde der ›Santa-Fé‹ erspart bleiben. In vierzehn Tagen kann sie die fünfzehnhundert Meilen recht gut zurückgelegt haben und schon auf der Reede von Buenos-Ayres vor Anker liegen. Freilich, wenn’s dem Winde einfiele, von Osten her zu blasen….
    – Dann fände das Schiff weder am Lande noch nach der Seeseite zu einen Schutzhafen.
    – Ganz recht, Kamerad. Feuerland oder Patagonien, nirgends ein sicherer Platz! Da heißt’s: hinaus aufs hohe Meer, um nicht gegen die Küste geworfen zu werden.
    – Meiner Meinung nach scheint das gute Wetter aber von Dauer zu sein, Vasquez!
    – Das glaub’ ich auch, Felipe. Wir stehen ja erst am Anfang der schönen Jahreszeit. Drei Monate vor sich zu haben, das ist schon etwas.
    – Und die Arbeiten, flocht Felipe ein, sind auch zur richtigen Zeit beendet worden.
    – Das weiß ich, Kamerad, das weiß ich, mit Anfang Dezember, und das heißt für Seeleute drüben im Norden soviel wie Anfang Juni. Zu der Zeit kommt ja selten so ein Hundewetter, das ein Schiff
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