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Der Leuchtturm am Ende der Welt

Der Leuchtturm am Ende der Welt

Titel: Der Leuchtturm am Ende der Welt
Autoren: Jules Verne
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Kette verlangte nur noch einen letzten Zug, den Anker im gewünschten Augenblicke aus dem Grunde zu brechen. Jede Vorsicht außer acht lassend, hatte sich der Turmwärter mit halbem Leibe über das Loch hinausgehoben. Hinter ihm drängte sich Davis gegen seine Schulter, und beide starrten, nach Atem ringend, hinaus. Die meisten der Raubgesellen befanden sich schon wieder an Bord, nur einige trotteten noch auf dem Lande umher. Unter diesen erkannte Vasquez deutlich Kongre, der mit Carcante innerhalb der Einfriedigung des Leuchtturms auf und ab ging.
    Fünf Minuten später trennten sich die Beiden, und Carcante schritt auf die Tür des Nebengebäudes zu.
    »Achtung! sagte Vasquez mit gedämpfter Stimme, der wird jedenfalls auf den Turm hinaufsteigen wollen.«
    Beide glitten wieder nach dem Grunde ihres Versteckes zurück.
     

    Das Feuer des Leuchtturms brannte so hell wie je zuvor. (S. 187.)
     
    Wirklich bestieg Carcante den Leuchtturm noch zum letzten Male; die Goelette sollte nun in kürzester Frist abfahren. Er wollte nur noch den Horizont überblicken und nachsehen, ob ein Schiff in Sicht der Insel vorüberkäme.
    Übrigens schien eine ruhige Nacht bevorzustehen; der Wind hatte sich am Abend fast ganz gelegt, und das versprach bei Sonnenaufgang schönes Wetter.
    Als Carcante die Galerie erreicht hatte, konnten Davis und Vasquez ihn sehr deutlich sehen. Er ging um den Turm herum und richtete sein Fernrohr nach allen Seiten des Horizontes hinaus.
    Plötzlich entrang sich seinem Munde ein grauenvoller Aufschrei. Kongre und die andern hatten den Kopf nach ihm gewendet. Mit lauter, für alle vernehmbarer Stimme rief Carcante:
    »Der Aviso!… Der Aviso!«

Vierzehntes Kapitel.
Der Aviso ›Santa-Fé‹.
    Wie die Aufregung schildern, deren Schauplatz jetzt der Hintergrund der Bucht wurde! Der Ruf »der Aviso… der Aviso!« hatte wie ein Blitzstrahl eingeschlagen, wie ein Todesurteil über die Rotte von elenden Schurken. Die ›Santa-Fé‹, das war die unbestechliche Gerechtigkeit, die nach der Insel kam, die drohende Bestrafung für so viele Verbrechen, der die Buben nun nicht mehr entgehen konnten.
    Aber hatte sich Carcante nicht schließlich doch getäuscht? War das Schiff, das da herandampfte, wirklich der Aviso von der argentinischen Flotte? Sollte es wirklich in die Elgorbucht einfahren oder nicht vielmehr nach der Le Mairestraße oder nach der Severalspitze steuern, um einem Kurse südlich um die Insel zu folgen?
    Sobald Kongre den Alarmruf Carcantes gehört hatte, erstieg er eiligst die kleine Erhöhung nach dem Standplatze des Leuchtturmes, stürmte dessen Treppe hinauf und befand sich nach weniger als fünf Minuten auf der Galerie.
    »Wo ist das Schiff? fragte er.
    – Dort… dort im Nordnordosten.
    – Wie weit entfernt?
    – Etwa noch zehn Seemeilen von hier.
    – Es kann also vor dem Dunkelwerden wohl kaum am Eingange der Bucht sein?
    – Nein… schwerlich!«
    Kongre hatte ein Fernrohr ergriffen. Ohne ein Wort zu äußern, beobachtete er das Schiff mit gespannter Aufmerksamkeit.
    Eins war unzweifelhaft, daß man es hier mit einem Dampfer zu tun hatte, denn man sah deutlich den in dichten Wirbeln hervorquellenden Rauch, ein Zeichen, daß das Kesselfeuer kräftig unterhalten wurde.
    Daß dieser Dampfer aber wirklich der Aviso wäre, darüber konnten sich Kongre und Carcante kaum einen Augenblick unklar sein. Hatten sie dieses Schiff doch während der Bauarbeiten oft genug gesehen, wenn es bei der Stateninsel eintraf oder von ihr wegfuhr. Überdies steuerte der Dampfer gerades Wegs auf die Bucht zu. Hätte sein Kapitän beabsichtigt, in die Le Mairestraße einzulaufen, so hätte er einen mehr westlichen Kurs einschlagen müssen, oder einen mehr südlichen für den Fall, daß er die Severalspitze umschiffen wollte.
    »Ja, sagte Kongre endlich, das ist bestimmt der Aviso!
    – Verdammtes Pech, das uns bis heute hier zurückgehalten hat! wetterte Carcante wütend. Ohne die unsichtbaren Schurken, die unsre Abfahrt zweimal verhindert haben, schwämmen wir jetzt schon weit draußen auf dem Großen Ozean!
    – Da nützt nun freilich alles Reden nicht mehr, erwiderte Kongre. Hier heißt es, zu einem Entschlusse kommen.
    – Recht schön… doch zu welchem?
    – Abzufahren.
    – Wann denn?
    – Auf der Stelle.
    – Doch bevor wir nur einigermaßen weit weg sind, wird der Aviso vor der Bucht liegen.
    – Mag sein; doch er wird auch davor liegen bleiben.
    – Warum denn?
    – Weil er kein Leuchtturmfeuer sehen und
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