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Der Leuchtturm am Ende der Welt

Der Leuchtturm am Ende der Welt

Titel: Der Leuchtturm am Ende der Welt
Autoren: Jules Verne
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abzusegeln. Jene unbekannten Feinde waren sicherlich allen Bewegungen des Avisos gefolgt, sie würden bei dessen Einlaufen in den Landeinschnitt zur Stelle sein, und wenn sich darunter, wie doch anzunehmen war, der dritte Turmwärter befand, so konnten sich Kongre und die Seinigen der Strafe für ihre Verbrechen auf keine Weise mehr entziehen.
    Kongre hatte alle diese Möglichkeiten und deren unausweichliche Folgen ins Auge gefaßt. Das hatte ihn auch zu dem einzigen, vielleicht noch Rettung versprechenden Entschlusse gebracht, ohne Säumen abzufahren, und da der von Norden kommende Wind günstig war, die Nacht zu benutzen, um mit vollen Segeln womöglich noch das offne Meer zu erreichen. Dann konnte die Goelette, wenn sie den Ozean vor sich hatte, noch vor dem Tagesgrauen mehr in Sicherheit sein. Bei der Unmöglichkeit, den Leuchtturm zu sichten, befand sich der Aviso, der sich in der Dunkelheit dem Lande voraussichtlich nicht zu sehr nähern wollte, von der Stateninsel auch ziemlich weit entfernt. Wenn nötig, wollte dann Kongre zu noch größrer Sicherheit statt nach der Le Mairestraße zu steuern, einen Kurs nach Süden einschlagen, die Severalspitze umschiffen lassen und sich dann hinter der Südküste verborgen zu halten suchen. Er drängte also zum schleunigsten Aufbruch.
    John Davis und Vasquez, die die Absicht der Räuber errieten, beratschlagten, wie sie diese zum Scheitern bringen könnten, erkannten aber bald voller Verzweiflung, daß sie das gar nicht vermöchten.
    Gegen halb acht Uhr ließ Carcante die wenigen noch auf dem Lande weilenden Leute heranrufen. Sobald die Mannschaft vollzählig an Bord war, wurde das Boot aufgehißt, und Kongre gab den Befehl, den Anker emporzuwinden.
    John Davis und Vasquez hörten den regelmäßigen Aufschlag des Sperrkegels, während sich die Kette durch die Drehung des Spills einrollte.
    Nach fünf Minuten lag der Anker auf seinem Kranbalken. Sofort setzte sich die Goelette langsam in Bewegung. Sie trug jetzt alle Leinwand, die obern und die untern Segel, um die allmählich abflauende Brise so gut wie möglich auszunutzen. Sanft wiegend glitt sie aus dem Landeinschnitte heraus und hielt sich, um mehr Wind abzufangen, möglichst in der Mitte der Bucht. Bald boten sich ihrer Fahrt jedoch gewisse Schwierigkeiten. Da es schon bald Niedrigwasser war, wurde die Goelette von keiner Strömung mehr unterstützt, und bei dem dreiviertel Backstagswind kam sie kaum noch vorwärts. Ja sie gewann an Weg jedenfalls gar nichts mehr, oder glitt vielleicht gar wieder etwas rückwärts, wenn – nach zwei Stunden – die Flut einsetzte. Selbst unter sonst noch so günstigen Umständen, konnte sie vor Mitternacht nicht dem Kap Sankt-Johann gegenüber angelangt sein.
    Das machte indes nicht viel aus. So lange die ›Santa-Fé‹ nicht in die Bucht hereindampfte, brauchte Kongre kein Zusammentreffen mit ihr zu befürchten. Ehe dann die nächste Ebbe bei Tagesanbruch eintrat, durfte er hoffen, schon ziemlich weit draußen zu sein.
    Die Mannschaft tat ihr Möglichstes, die Fahrt der ›Carcante‹ zu beschleunigen, sie war aber wehrlos gegen die recht ernste Gefahr, aus dem Kurse verschlagen zu werden. Nach und nach trieb der Wind das Fahrzeug näher an das südliche Ufer. Kongre kannte das zwar nur unzulänglich, wußte aber, daß es mit dem langen Streifen von Felsblöcken, der sich davor hinzog, sehr gefährlicher Natur war. Eine Stunde nach der Abfahrt glaubte er auch, ihm so bedenklich nahe zu sein, daß er vor dem Winde wenden ließ, um sich davon fern zu halten.
    Die Kursänderung war bei dem in der Nacht noch weiter abnehmenden Winde nicht ohne Mühe auszuführen.
    Das Manöver gestattete jedoch keinen Aufschub. Das Steuer wurde umgelegt, die Schoten im Hinterdeck spannte man weiter an und ließ gleichzeitig die am Vorderdeck nachschießen Wegen Mangel an Fahrt luvte die Goelette aber trotzdem nicht an, sondern trieb langsam weiter auf das Ufer zu.
    Kongre erkannte die vorliegende Gefahr, der gegenüber ihm nur noch ein einziges Mittel übrig blieb, das er denn auch zur Anwendung brachte. Das Boot wurde hinuntergelassen, sechs Mann, die eine Trosse mitnahmen, stiegen hinein, und mit Hilfe von Rudern gelang es ihnen, die Goelette zu drehen, die nun Steuerbordhalfen führte. Eine Viertelstunde später konnte sie ihren ersten Kurs wieder aufnehmen, ohne die Gefahr, auf die Klippen am Südufer geworfen zu werden.
    Unglücklicherweise machte sich jetzt fast gar kein Wind mehr bemerkbar; die
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