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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Notizbuch des Inspektors sprang er mittenhinein in seine außergewöhnliche Erklärung.
      »Ich bin unverheiratet«, sagte er, »und da ich gesellig bin, pflege ich Beziehungen zu vielen Freunden. Unter ihnen befindet sich die Familie eines Bierbrauers mit Namen Melville, der sich vom Geschäft zurückgezogen hat. An seinem Tisch lernte ich vor einigen Wochen einen jungen Burschen namens Garcia kennen. Soviel ich weiß, stammt er aus Spanien und stand irgendwie mit der Gesandtschaft in Verbindung. Er sprach perfekt englisch, hatte angenehme Manieren und sah so gut aus wie kein anderer, den ich jemals kennengelernt hatte.
      Irgendwie kam es dazu, daß wir Freundschaft schlossen, der junge Mann und ich. Er hat sich wohl von Anfang an zu mir hingezogen gefühlt, und zwei Tage nach unserem ersten Zusammentreffen besuchte er mich in Lee. Eins führte zum anderen, und es endete damit, daß er mich einlud, ein paar Tage in seinem Haus ›Wisteria Lodge‹, das zwischen Esher und Oxshott liegt, zu verbringen. Gestern abend fuhr ich nach Esher, um der Einladung Folge zu leisten.
      Er hatte mir zuvor seine häuslichen Verhältnisse beschrieben. Er besaß einen treuergebenen Diener, einen Landsmann, der sich um seine Bedürfnisse kümmerte. Der Mann spreche englisch, und er führe ihm den Haushalt. Dann gebe es dort einen wundervollen Koch, sagte er, ein Halbblut, den er auf einer seiner Reisen aufgelesen habe und der ein ausgezeichnetes Essen auftischen könne. Ich erinnere mich, daß er sagte, das sei ein seltsamer Haushalt, auf den man da im Herzen von Surrey treffe, und ich habe ihm zustimmen müssen, obwohl ich nicht wußte, wie seltsam er in Wirklichkeit war.
      Ich fuhr also dorthin – ungefähr zwei Meilen südlich von Esher. Ich fand ein mäßig großes Haus, das ein Stück entfernt von der Straße liegt und eine geschwungene, von hohen Immergrünsträuchern gesäumte Auffahrt hat. Es ist ein altes, verfallenes Gebäude in einem heillosen Zustand. Als der Trap vor der blätternden, verwitterten Tür hielt, überkamen mich Zweifel, ob ich klug gehandelt hatte, einen Mann zu besuchen, den ich nur so flüchtig kannte. Er öffnete selbst und begrüßte mich mit einem großen Aufwand an Herzlichkeit. Ich wurde dem Diener überantwortet, einem düsteren, melancholischen Individuum, das mir, den Koffer in der Hand, auf dem Weg zu meinem Schlafzimmer voranging. Das ganze Haus wirkte deprimierend. Wir nahmen das Dinner tête à tête ein, und obgleich mein Gastgeber sein Bestes tat, mich zu unterhalten, schien mir, daß seine Gedanken andauernd abschweiften; er sprach so un bestimmt und so leidenschaftlich, daß ich ihn kaum verstand. Ununterbrochen trommelte er mit den Fingern auf den Tisch, kaute an den Nägeln und gab andere Äußerungen nervöser Ungeduld von sich. Das Dinner war weder gut serviert, noch gut gekocht, und die düstere Gegenwart des schweigsamen Dieners war nicht angetan, uns zu ermuntern. Ich versichere Ihnen, daß ich wünschte, mir fiele irgendeine Entschuldigung ein, die es mir erlaubte, nach Lee zurückzufahren.
      An eine Kleinigkeit erinnere ich mich, die vielleicht von Bedeutung für die Angelegenheit ist, die die beiden Herren untersuchen. Als sie sich ereignete, maß ich ihr keine Bedeutung bei. Gegen Ende des Dinners brachte der Diener einen Brief herein. Ich bemerkte, daß mein Gastgeber sich sogar noch zerstreuter und seltsamer benahm, nachdem er ihn gelesen hatte. Er gab allen Schein auf, sich unterhalten zu wollen, und saß da, rauchte eine Zigarette nach der anderen und war ganz in Gedanken versunken, sagte aber kein Wort darüber, was in dem Brief stand. Gegen elf war ich froh, zu Bett gehen zu können. Einige Zeit später schaute Garcia herein – der Raum lag im Dunkeln – und fragte, ob ich geklingelt hätte. Ich sagte, ich habe nicht geklingelt. Er entschuldigte sich für seine so späte Störung und bemerkte, es sei fast ein Uhr. Danach fielen mir die Augen zu, und ich schlief die ganze Nacht über fest.
      Jetzt komme ich zu dem erstaunlichen Teil meiner Geschichte. Als ich aufwachte, war es heller Tag. Ich schaute auf meine Uhr, es war fast neun. Ich hatte extra gebeten, mich um acht zu wecken, und ich war deshalb sehr verwundert über die Vergeßlichkeit. Ich sprang aus dem Bett und klingelte nach dem Diener. Nichts rührte sich. Ich klingelte wieder und wieder, immer ohne Erfolg. So kam ich zu dem Schluß, die Klingel sei außer Betrieb. Ich warf mir schnell die
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