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Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition)
Autoren: Ben Winters
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missmutigen Chef und den beiden Polizisten hin und her und scheint nicht recht zu wissen, wer seine Verachtung mehr verdient.
    »Er wird’s überleben«, sage ich zu Michelson. »Wenn das letztes Jahr passiert wäre, hätte man den gesamten Tatort für sechs bis zwölf Stunden dichtgemacht, nicht nur das Männerklo.«
    Michelson hebt die Schultern. »Neue Zeiten.«
    Ich mache ein finsteres Gesicht und wende dem Besitzer den Rücken zu. Soll er sich doch aufregen. Der Laden ist nicht mal ein echtes McDonald’s. Es gibt keine echten McDonald’s mehr. Das Unternehmen ist letzten August bankrottgegangen, nachdem sich vierundneunzig Prozent seines Werts binnen drei Wochen Börsenpanik in Luft aufgelöst hatten, und hat Hunderttausende bunter, leerer Fassaden hinterlassen. Viele dieser Läden, wie der hier auf der Main Street von Concord, in dem wir jetzt stehen, sind daraufhin in Piratenrestaurants verwandelt worden, betrieben von rührigen Einheimischen wie meinem neuen besten Freund da drüben, die ein Bombengeschäft mit Trostfraß machen und null Stress wegen der Franchise-Gebühren haben.
    Es gibt auch keine echten 7-Elevens mehr und keine echten Dunkin’ Donuts. Es gibt noch echte Paneras, aber das Paar, dem die Kette gehört, hat ein einschneidendes spirituelles Erlebnis gehabt und das frühere Personal der meisten Restaurants gegen Angehörige seiner Religionsgemeinschaft ausgetauscht. Deshalb lohnt es sich nicht mehr, dorthin zu gehen, sofern man sich nicht die frohe Botschaft anhören will.
    Ich winke McConnell zu mir herüber, erkläre ihr und Michelson, dass wir die Sache hier als verdächtigen Todesfall behandeln werden, und bemühe mich, Ritchies sarkastisch hochgezogene Augenbrauen zu ignorieren. McConnell wiederum nickt ernst und schlägt eine neue Seite in ihrem Notizbuch auf. Ich gebe den Streifenpolizisten am Tatort ihre Marschbefehle: McConnell soll weiter Aussagen aufnehmen und, wenn sie damit fertig ist, die Familie des Opfers ausfindig machen und unterrichten. Michelson soll hier an der Tür bleiben und den Tatort bewachen, bis jemand von Fentons Institut kommt, um die Leiche abzuholen.
    »Alles klar.« McConnell klappt ihr Notizbuch zu.
    »Besser als arbeiten«, sagt Michelson.
    »Komm schon, Ritchie«, sage ich. »Ein Mann ist tot.«
    »Ja, Stretch. Das haben Sie schon mal gesagt.«
    Ich tippe mir grüßend an die Stirn, nicke den beiden zum Abschied zu und bleibe dann abrupt stehen, die Hand auf dem Griff der Seitentür zum Parkplatz des McDonald’s, weil eine Frau nervös vom Parkplatz her auf mich zukommt. Sie trägt eine rote Wollmütze, aber keinen Mantel, keinen Schirm gegen die ständigen Schneeböen, als wäre sie einfach irgendwo rausgelaufen, um hierherzukommen. Dünne Arbeitsschuhe schlittern durch den Matsch auf dem Parkplatz. Dann sieht sie mich, merkt, dass ich sie ansehe, und ich erkenne den Moment, in dem sie feststellt, dass ich ein Polizist bin. Ihre Stirn furcht sich vor Angst, und sie macht auf dem Absatz kehrt und läuft davon.
    Mit meinem vom Department gestellten Chevrolet Impala fahre ich die State Street entlang nach Norden, weg vom McDonald’s. Vorsichtig steuere ich durch den über einen halben Zentimeter dicken gefrorenen Niederschlag auf der Fahrbahn. Die Seitenstraßen sind gesäumt von geparkten und stehen gelassenen Wagen; Schnee sammelt sich auf ihren Windschutzscheiben. Ich komme am Capitol Center for the Arts vorbei, hübscher roter Backstein und große Fenster, und werfe einen flüchtigen Blick in das volle Café, das jemand gegenüber eröffnet hat. Vor Collier’s, dem Eisenwarenladen, stehen Kunden Schlange – offenbar gibt es neue Ware. Glühbirnen. Schaufeln. Nägel. Auf einer Leiter steht ein Junge im Highschool-Alter, streicht mit schwarzem Marker auf einem Pappschild Preise durch und schreibt neue dran.
    Achtundvierzig Stunden, denke ich. Die meisten gelöst en Mordfälle werden binnen achtundvierzig Stunden nach dem Verbrechen gelöst.
    Mein Wagen ist der einzige auf der Straße, und die Fußgänger drehen den Kopf und schauen mir nach. Ein Penner lehnt an der mit Brettern vernagelten Tür von White Peak, einem Hypotheken- und Immobilienmakler. Ein Grüppchen Teenager lungert vor einem Raum mit Geldautomaten herum; sie lassen eine Marihuana-Zigarette kreisen, und ein Junge mit einem struppigen Ziegenbärtchen stößt den Rauch träge in die kalte Luft aus.
    Auf die Glasscheibe eines zweistöckigen ehemaligen Bürogebäudes Ecke State und Blake
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