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Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition)
Autoren: Ben Winters
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Armbanduhr, bereit, wieder zu verschwinden. Aber ich hocke noch immer hier unten, lasse den Blick meiner zusammengekniffenen Augen unverwandt über den Körper des Versicherungsmenschen schweifen. Für seinen letzten Tag auf der Erde hat sich Peter Zell einen zerknitterten braunen Anzug und ein blassblaues Anzughemd mit Button-down-Kragen ausgesucht. Seine Strümpfe passen fast, aber nicht ganz zueinander, beide braun, einer dunkel und einer nicht ganz so dunkel, der elastische Stoff schon ein bisschen ausgeleiert, sodass sie ihm die Waden runtergerutscht sind. Der Gürtel um seinen Hals – die Ligatur, wie Dr. Fenton es nennen wird – ist richtig schön: glänzendes schwarzes Leder, die Buchstaben B&R in die goldene Schnalle graviert.
    »Detective? Hallo?«, sagt Dotseth, und ich schaue blinzelnd zu ihm hoch. »Möchten Sie mir noch irgendwas mitteilen?«
    »Nein, Sir. Danke.«
    »Keine Ursache. War mir wie immer ein Vergnügen, junger Mann.«
    »Außer … Moment.«
    »Verzeihung?«
    Ich stehe auf und drehe mich zu ihm um. »Also. Ich habe vor, jemanden zu ermorden.«
    Eine Pause. Dotseth wartet, belustigte, übertriebene Geduld. »Na schön.«
    »Und ich lebe in einer Zeit und einer Stadt, in der Leute sich an allen Ecken und Enden umbringen. Rechts und links. In der Stadt der Hänger.«
    »Okay.«
    »Würde ich es dann nicht so hindrehen, dass es wie Selbstmord aussieht?«
    »Kann sein.«
    »Kann sein, ja?«
    »Ja. Kann sein. Aber der da?« Dotseth reckt fröhlich den Daumen zu der zusammengesunkenen Leiche. »Das ist ein Selbstmord.«
    Er zwinkert, stößt die Tür der Herrentoilette auf und lässt mich mit Peter Zell allein.
    »Na, wie sieht’s aus, Stretch? Warten wir auf den Fleischwagen, oder schneiden wir die Piñata selber runter?«
    Ich bedenke Officer Michelson mit einem strengen, mi ssbilligenden Blick. Ich kann dieses lässige, falsche, mor bide Harter-Bursche-Getue nicht ausstehen, »Fleischwagen« und »Piñata« und all so was, und Ritchie Michelson weiß, dass ich es nicht ausstehen kann, und genau deshalb ärgert er mich jetzt damit. Er hat an der Tür der Herrentoilette gewartet, theoretisch den Tatort bewacht, und dabei einen Egg McMuffin in der gelben Zellophanverpackung gegessen. Farbloses Fett tropft ihm vorn aufs Uniformhemd.
    »Also wirklich, Michelson. Ein Mann ist tot.«
    »’tschuldigung, Stretch.«
    Den Spitznamen finde ich auch nicht gerade den Brüller, was Ritchie ebenfalls weiß. Wer lässt sich schon gern als langes Elend bezeichnen.
    »Jemand von Dr. Fentons Institut sollte binnen einer Stunde hier sein«, sage ich, und Michelson nickt und rülpst in die geschlossene Hand.
    »Sie wollen das hier Fenton übergeben, hm?« Er knüllt die Verpackung seines Frühstückssandwichs zusammen und wirft sie in den Müll. »Ich dachte, die macht keine Selbstmorde mehr.«
    »Steht im Ermessen des Detective. Und in diesem Fall ist eine Autopsie gerechtfertigt, denke ich.«
    »Ach ja?«
    »Ja.«
    Im Grunde ist es ihm egal. Trish McConnell macht unterdessen ihren Job. Sie ist auf der anderen Seite des Restaurants, eine kleine, energische Frau, unter deren Polizistenmütze ein schwarzer Pferdeschwanz heraushängt. Sie hat eine Traube von Teenagern am Getränketresen zusammengetrieben. Nimmt ihre Aussagen auf. Notizbuch in der Hand, der Stift fliegt. Sie ahnt die Anweisungen ihres vorgesetzten Ermittlers voraus und führt sie aus. Officer McConnell mag ich.
    »Sie wissen aber«, sagt Michelson, der nur redet, um zu reden, und mich allmählich echt auf die Palme bringt, »das Präsidium sagt, bei solchen wie dem da sollen wir die Zelte ziemlich schnell abbrechen.«
    »Weiß ich.«
    »Stabilität und Kontinuität der Gemeinschaft, dieser ganze Schmonzes.«
    »Ja.«
    »Außerdem ist der Eigentümer kurz davor auszuflippen, weil seine Toilette zu ist.«
    Ich folge Michelsons Blick zum Tresen und dem rotgesichtigen Besitzer des McDonald’s, der zu uns herüberstarrt. Angesichts des knallgelben Hemdes und der ketchupfarbenen Weste wirkt sein unnachgiebiger Blick allerdings ein wenig lächerlich. Jede Minute Anwesenheit der Polizei ist eine Minute entgangenen Gewinns, und es steht außer Frage, dass der Kerl hier drüben wäre und mir mit dem Finger vor der Nase rumwedeln würde, wenn er eine Festnahme nach Titel XVI riskieren wollte. Neben dem Manager steht ein schlaksiger junger Bursche, dessen Vokuhila-Matte den Schirm einer Tresenkraft umrahmt. Mit süffisantem Grinsen schaut er zwischen seinem
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