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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote
Autoren: Michael Connelly
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aufgetaucht, der ihn verstörte.
    »Außerdem kann man den Rock an der Hüfte zuknöpfen. Solche Röcke gibt es heute noch, ich habe sogar selbst einen. Praktisch ist, daß man den Rock wegen des weiten Bunds mit oder ohne Gürtel tragen kann. Der Rock hat keine Schlaufen.«
    Bosch starrte auf das Foto.
    »Keine Schlaufen.«
    »Richtig.«
    »Sie meinen also …«
    »Eventuell war das nicht ihr Gürtel. Es kann …«
    »Aber es war ihr Gürtel. Ich erinnere mich daran. Der Muschelgürtel. Ich habe ihn ihr zum Geburtstag geschenkt. Ich habe ihn identifiziert – als McKittrick kam, um mir mitzuteilen, daß sie tot war.«
    »Nun … damit lassen Sie die Luft aus meiner Theorie. Dann muß der Täter wohl schon in ihrem Apartment auf sie gewartet haben.«
    »Nein, es passierte nicht dort. Man hat den Tatort nie herausgefunden … Aber was für eine Theorie hatten Sie überhaupt?«
    »Ach, ich weiß nicht. Ich dachte nur, daß er eventuell einer anderen Frau gehört hat, die der Auslöser für die Tat des Mörders war. Man nennt so etwas Aggressionsübertragung. In diesem Fall macht es keinen Sinn mehr. Es gibt jedoch Beispiele, wo ein Mann eine Frau mit den Strümpfen seiner Ex-Freundin erwürgt. Dabei stellt er sich vor, er bringt seine Freundin um. Meine Theorie war, daß der Gürtel diese Funktion hatte.«
    Bosch hörte schon nicht mehr zu. Er wandte sich ab und schaute aus dem Fenster, ohne wirklich etwas zu sehen. In seinem Kopf fügten sich die Teile zusammen. Silber und Gold. Der Gürtel mit zwei ausgeweiteten Löchern. Zwei Freundinnen, die wie Schwestern waren. Eine für beide, beide für eine.
    Aber dann wollte die eine ein neues Leben anfangen. Sie hatte ihren Märchenprinzen gefunden.
    Und die andere würde zurückbleiben.
    »Harry, alles in Ordnung?«
    Er schaute wieder zu Hinojos.
    »Das ist es.«
    »Das ist was?«
    Er griff in die Aktentasche und zog das Foto heraus, das vor mehr als dreißig Jahren beim St.-Patricks-Ball aufgenommen worden war. Die Wahrscheinlichkeit war gering, aber er mußte nachsehen. Diesmal betrachtete er nicht seine Mutter. Er sah Meredith Roman an, die hinter dem sitzenden Johnny Fox stand. Und zum erstenmal sah er, daß sie den Gürtel mit den silbernen Muscheln trug. Sie hatte ihn sich ausgeliehen.
    Dann dämmerte es ihm. Sie hatte Harry geholfen, den Gürtel auszusuchen. Sie hatte ihn beeinflußt. Diesen Gürtel hatte sie nicht ausgewählt, weil er seiner Mutter gefallen würde, sondern weil er ihr gefiel und weil sie wußte, daß sie ihn ausleihen könnte. Zwei Freundinnen, die alles teilten.
    Bosch steckte das Foto wieder in die Tasche und schloß sie. Er stand auf.
    »Ich muß gehen.«

48
    B osch benutzte den gleichen Trick wie vorher, um ins Parker Center zu kommen. Als er im dritten Stock aus dem Aufzug trat, stieß er beinahe mit Hirsch zusammen, der nach unten fahren wollte. Er hielt ihn am Arm fest und die Aufzugstüren schlossen sich wieder.
    »Sie gehen nach Hause?«
    »Das war meine Absicht.«
    »Sie müssen mir noch einen Gefallen tun. Ich lade Sie zum Mittagessen ein. Oder Abendessen. Was Sie wollen. Tun Sie mir nur noch den einen Gefallen. Es ist wichtig und dauert nicht lange.«
    Hirsch schaute ihn an. Bosch konnte sehen, daß er allmählich wünschte, sich nie mit ihm eingelassen zu haben.
    »Wie heißt es so schön, Hirsch? Wenn man jemandem den kleinen Finger gibt, nimmt er gleich die ganze Hand. Also, was ist?«
    »Hab’ ich noch nie gehört.«
    »Aber ich.«
    »Ich bin zum Abendessen mit meiner Freundin verabredet und …«
    »Wunderbar. Es wird nicht lange dauern. Sie werden Ihr Abendessen nicht verpassen.«
    »Okay, was wollen Sie?«
    »Hirsch, Sie sind mein Retter. Wissen Sie das?«
    Bosch bezweifelte, daß er überhaupt eine Freundin hatte.
    Sie gingen zum Labor. Es war niemand mehr da, da es schon fast fünf Uhr war und heute anscheinend Flaute herrschte. Bosch stellte seine Tasche auf einen Schreibtisch und öffnete sie. Er fand die Weihnachtskarte, holte sie mit den Fingerspitzen heraus und hielt sie Hirsch zum Anschauen hin.
    »Das kam vor fünf Jahren mit der Post. Meinen Sie, Sie können Fingerabdrücke finden? Vom Absender? Ich bin sicher, Sie werden meine ebenfalls finden.«
    Hirsch runzelte die Stirn und betrachtete die Karte. Seine Unterlippe schob sich vor, während er über das Problem nachdachte.
    »Ich kann’s versuchen. Abdrücke auf Papier sind relativ dauerhaft. Die Öle bleiben lange erhalten. Selbst wenn sie verdunsten, hinterlassen
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