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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote
Autoren: Michael Connelly
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sie mit dem Türpfosten abschloß. Er machte sie mehrere Male auf und zu und betrachtete sie, zufrieden mit seiner Leistung.
    Das Glücksgefühl des Erfolgs war kurzlebig. Da er jetzt mit seiner Arbeit fertig war, war er geistig nicht mehr abgelenkt. Beim Zusammenfegen der Hobelspäne auf der Veranda kehrten die lästigen Gedanken zurück.
    Hinojos hatte ihm geraten, sich zu beschäftigen. Jetzt wußte er, was er tun würde. Er hatte erkannt, daß es eine Aufgabe gab, die er tun mußte – egal, wieviel Projekte ihm sonst noch einfielen, um Zeit totzuschlagen. Er lehnte den Besen an die Wand und ging hinein, um sich fertig zu machen.

4
    D as Archiv der Polizei von Los Angeles sowie die Zentrale ihrer Flugstaffel, bekannt unter dem Spitznamen Piper Tech, befand sich in der Ramirez Street in Downtown, nicht weit vom Parker Center. Bekleidet mit Anzug und Schlips stoppte Bosch kurz vor elf seinen Wagen vor dem Tor. Er hielt seinen Polizeiausweis aus dem Fenster und wurde durchgewunken. Man hatte seinen Ausweis, seine goldene Dienstmarke und seine Waffe einkassiert, als er in der vorherigen Woche suspendiert worden war. Später hatte man ihm jedoch seinen Ausweis wiedergegeben, damit er für die Streßtherapie bei Carmen Hinojos Zutritt zu den VTh-Räumen hatte.
    Nachdem er geparkt hatte, ging er an dem beige gestrichenen Lagerhaus vorbei, in dem die städtische Geschichte der Gewalt archiviert wurde. Das Gebäude mit einer Grundfläche von tausend Quadratmetern enthielt die Akten sämtlicher Fälle, aufgeklärte und unaufgeklärte. Hier landeten sie, wenn sich niemand mehr für sie interessierte.
    Am Eingangsschalter lud eine Büroangestellte Akten auf einen Wagen, damit sie wieder zu den endlosen Regalen zurückgebracht und vergessen werden konnten. Bosch merkte an der Art und Weise, wie sie ihn musterte, daß selten jemand persönlich hierherkam. Es wurde alles über Telefon und Botendienst abgewickelt.
    »Wenn Sie nach den Sitzungsprotokollen des Stadtrats suchen, das ist gegenüber, Gebäude A, das mit den braunen Verzierungen.«
    Bosch hielt seinen Ausweis hoch.
    »Nein, ich will eine Akte ansehen.«
    Er griff in seine Jackentasche, während sie zum Schalter kam und sich über seinen Ausweis beugte. Sie war schwarz und klein, mit grauen Haaren und einer Brille. An ihrer Bluse war ein Namensschild befestigt: Geneva Beaupre.
    »Hollywood«, sagte sie. »Warum haben Sie es sich nicht per Boten kommen lassen? Diese Fälle haben doch keine Eile.«
    »Ich war in Downtown, im Parker Center … Ich wollte die Akte so schnell wie möglich sehen.«
    »Nun, haben Sie eine Nummer?«
    Aus seiner Tasche holte er einen Zettel mit der Nummer 61-743. Sie beugte sich nach vorne, um zu lesen, dann schnellte ihr Kopf wieder hoch.
    »Neunzehnhunderteinundsechzig? Sie wollen eine Akte von … Ich weiß nicht einmal, wo Einundsechzig ist.«
    »Sie ist hier. Ich habe sie schon einmal eingesehen. Damals hat wohl jemand anders hier gearbeitet. Aber sie war hier.«
    »Nun gut, ich werde nachsehen. Wollen Sie warten?«
    »Ja, ich warte.«
    Das schien sie zu enttäuschen, aber Bosch schenkte ihr das freundlichste Lächeln, das ihm zur Verfügung stand. Sie nahm den Zettel und verschwand zwischen den Regalen. Bosch ging ein paar Minuten in dem kleinen Warteraum vor dem Schalter auf und ab und trat dann nach draußen, um eine Zigarette zu rauchen. Er war nervös, ohne genau zu wissen warum. Er ging weiterhin auf und ab.
    »Harry Bosch.«
    Er drehte sich um und erblickte einen Mann, der sich von einem Helikopterhangar näherte. Er kannte ihn, wußte aber im Moment nicht, wo er ihn hinstecken sollte. Dann fiel es ihm ein: Captain Dan Washington, ehemals Chef des Streifendiensts in Hollywood und jetzt Commander der Flugabteilung. Sie schüttelten sich herzlich die Hände, und Bosch hoffte sogleich, daß Washington nichts von seiner Zwangsbeurlaubung wußte.
    »Wie geht’s in Hollywood?«
    »Alles beim alten, Captain.«
    »Wissen Sie, mir fehlt die alte Gegend.«
    »Ihnen entgeht nicht viel. Wie läuft’s hier?«
    »Kann mich nicht beschweren. Die Position ist ganz gut, ich bin jedoch mehr Flughafendirektor als Polizist. Aber nicht schlecht, wenn man sich zurückziehen muß.«
    Bosch erinnerte sich, daß Washington mit der Polizeiführung aneinandergeraten war und sich dann hatte versetzen lassen, um zu überleben. Bei der Polizei gab es Dutzende solcher Jobs, wo man im Hintergrund abwarten konnte, bis man wieder bessere Karten hatte.
    »Was
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