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Der Leichenkeller

Der Leichenkeller

Titel: Der Leichenkeller
Autoren: Linda Fairstein
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schreienden Babys im Gerichtssaal aufkreuzten, die sie sich extra für den Anlass mieteten, um das Wohlwollen der Geschworenen zu gewinnen, und er hatte sich als Einziger nicht geduckt, als ein berüchtigter Killer den Wasserkrug vom Tisch der Verteidigung nach ihm geworfen hatte.
    Moffett stellte sich den Geschworenen kurz vor und bat mich dann mit einer Handbewegung aufzustehen. »Diese junge Dame ist Alexandra Cooper. Paul Battaglia – das ist der, den ihr immer wieder zum Bezirksstaatsanwalt wählt – hat Miss Cooper die Leitung der Abteilung übertragen, die sich um alle Sexualverbrechen in Manhattan kümmert.«
    Ich nickte den Geschworenen zu und setzte mich.
    »Ihr nettes Lächeln haben Sie damit zum letzten Mal gesehen. Also wenn Sie ihr im Flur oder auf dem Weg hierher ins Gericht begegnen, brauchen Sie sie nicht zu grüßen oder ihr einen guten Abend zu wünschen. Sie kann nicht mit Ihnen reden. Das Gleiche gilt für Mr. Robelon.«
    Moffett stellte Peter zusammen mit der jungen Anwältin aus seiner Kanzlei vor, die ihm zuarbeitete. Ich sah hinüber zum Tisch der Verteidigung und erkannte den Trick, der bei Vergewaltigungsprozessen mittlerweile gang und gäbe war. Die attraktive Emily Frith diente einzig und allein einem Zweck: Sie saß so nahe wie möglich neben Andrew Tripping und hatte ihren Arm auf die Rückenlehne seines Stuhls gelegt. Es spielte keine Rolle, ob sie intelligent war oder ein Prädikatsexamen abgelegt hatte. Sie war lediglich Dekor. Die Geschworenen sollten aus der Interaktion schließen, dass der Angeklagte wohl kein gewalttätiger Sexualverbrecher sein konnte, wenn sie sich in seiner unmittelbaren Nähe so wohl fühlte.
    Als sein Name aufgerufen wurde, erhob sich Tripping, zog die Krawatte glatt und markierte das Unschuldslamm. Hier könnte jeder von euch stehen, war der Subtext, den er an alle männlichen Geschworenen aussandte. Er sah bleicher aus als das letzte Mal, als ich ihn gesehen hatte, seine blasse Haut ein Kontrast zu seinen trübbraunen Augen und rostbraunen Haaren.
    »Da es bereits Viertel vor fünf ist, lasse ich Sie nach Hause gehen. Morgen können Sie – im Gegensatz zu den beiden Anwälten – ausschlafen. Denen gebe ich noch etwas zu tun. Seien Sie morgen um Punkt vierzehn Uhr wieder hier. Dann werden wir die zwölf Geschworenen auswählen.«
    Moffett kam hinter seinem wuchtigen Ledersessel hervor, beugte sich über die Richterbank und drohte den Leuten auf der Geschworenenbank sowie dem Rest der potenziellen Geschworenen auf den Zuschauerplätzen mit dem Finger. »Und denken Sie daran, dass Ihnen alle Ihre alten, abgedroschenen Tricks, sich Ihrer Bürgerpflicht zu entziehen, in meinem Gerichtssaal nichts nützen werden. Sparen Sie sich Ihre Ausreden. Es ist mir egal, ob Sie für Freitag zwei Flugtickets nach Rio haben oder niemand auf Ihre Katze aufpassen kann, falls ich Sie in ein Hotelzimmer sperre, oder ob der Bruder der Nichte Ihrer Cousine am Wochenende in Cleveland sein Bar-Mizwa feiert. Schicken Sie ihm einen Scheck, und von mir aus können Sie Ihr Kätzchen mitbringen.«
    Die Geschworenen verließen den Saal durch die Doppeltür im hinteren Teil des Raums. Ich nahm meinen Block und meine Akte und wartete, bis mich der Richter entließ, damit ich nach unten in mein Büro gehen und mich um den entlaufenen Zeugen und meinen wachsend aussichtsloseren Fall kümmern konnte.
    »Um welche Uhrzeit sollen wir wieder hier sein, Euer Ehren?«, fragte Peter.
    »Neun Uhr dreißig. Und, Alexandra, ich möchte, dass Sie die Leute vom Jugendamt herbestellen.«
    »Ich werde sofort dort anrufen.«
    In den Korridoren und Aufzügen wimmelte es von Beamten, die ihren Arbeitstag nach der Uhr stellten und um Punkt siebzehn Uhr Feierabend machten, um der Stadt ja nicht eine Minute länger als nötig ihre Energie zu schenken. Die Staatsanwälte hingegen schwammen gegen diesen Strom und kämpften sich aus den Dutzenden von Gerichtssälen auf beiden Seiten der Centre Street zurück in ihre Büros, um sich in den kommenden Stunden auf die juristischen Schlachten des folgenden Tages vorzubereiten.
    Laura Wilkie, seit sieben Jahren meine Sekretärin, wartete schon auf mich. Sie stand, den Stenoblock in der Hand, in der Tür zu meinem Büro und machte gerade eine frische Kanne Kaffee, um mich für den bevorstehenden Abend startklar zu bekommen.
    An meinem Eingangsfach waren ein Bündel Telefonnotizen mit einer Büroklammer befestigt. »Die können Sie ignorieren. Freunde, Liebhaber,
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