Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Leichenkeller

Der Leichenkeller

Titel: Der Leichenkeller
Autoren: Linda Fairstein
Vom Netzwerk:
mich?«
    Ich reichte den beiden Männern eine sehr kurze Namensliste. Dieser Fall ruhte weitgehend auf Paige Vallis’ Schultern. »Morgen kommt vielleicht noch ein Name dazu.«
    Peter Robelon lächelte erneut. »Bevor ich die ganze Nacht schlaflos daliege, Alex – würden Sie mir einen Anhaltspunkt geben?«
    »Ich gehe davon aus, dass Sie in der Lage sein werden, Ihr übliches, vernichtendes Kreuzverhör anzustellen, selbst wenn ich Mutter Teresa als Augenzeugin aus dem Hut zaubere. Ich lasse Sie gerne im Ungewissen.«
    Mercer Wallace, der zuständige Detective von der Sonderkommission für Sexualverbrechen, war Ende letzter Woche von einem Kollegen aus der Mordkommission kontaktiert worden. Er hätte da einen – angeblich zuverlässigen – Informanten, der auf Rikers Island Trippings Zellengenosse gewesen war. Dieser hätte, gleich nachdem sie zusammengesperrt wurden, belastende Informationen aufgeschnappt. Man wollte diesen Informanten – Kevin Bessemer – heute Abend in mein Büro bringen, um mich seine Aussage, für die er im Gegenzug einige Jahre Haftverkürzung forderte, beurteilen zu lassen.
    Auf eine Handbewegung von Moffett hielt uns der Gerichtspolizist die Tür auf. Der Richter zog mich in den Flur. »Schön, dass Sie mir zur Abwechslung mal einen Fall bringen, bei dem die ersten drei Reihen meines Gerichtssaals nicht voller Reporter sind.«
    »Glauben Sie mir, Euer Ehren, mir ist es so auch lieber.«
    »Tun Sie sich einen Gefallen, Alex.« Moffett drehte sich zu Robelon um; zweifelsohne gab er ihm mit einem Augenzwinkern zu verstehen, dass unser kleines Tête-à-Tête zugunsten seines Mandanten sei. »Denken Sie darüber nach, ob wir den Fall nicht bis morgen um diese Uhrzeit vom Tisch wischen können. Wie hat er es überhaupt bis hierher geschafft? Ich bezweifle, dass Sie in Zukunft noch häufiger Gnade vor meinen Augen finden werden.«
    »Euer Ehren, mit Verlaub, der vorliegende Fall ist wirklich eine sehr eindringliche und schreckliche Geschichte, wie ich Ihnen hoffentlich morgen Vormittag in meinem Gesuch hinreichend deutlich machen kann.«
    Er ließ mich los und steuerte zügig seinen Platz auf der Richterbank an. Robelon und ich gingen zu unseren jeweiligen Tischen.
    Mercer Wallace stand am Geländer und sah aus, als ob er auf mich gewartet hätte. Moffett kannte ihn von einem früheren Prozess. »Miss Cooper, wollen Sie noch kurz mit Detective Wallace sprechen, bevor ich mit der Vorstellungsrunde beginne?«
    »Sehr gern, Euer Ehren.«
    Mercer drehte mich zu sich um, sodass ich den Geschworenen den Rücken zukehrte. »Mach weiter ein Pokerface, Alex. Ich habe gerade etwas erfahren, das du wissen solltest, bevor du dem Richter verklickerst, wie zwingend dein Fall ist. Ich hoffe, ich bin nicht zu spät dran.«
    »Ich höre.«
    Er beugte sich vor und sprach so leise er konnte. »Wenn der Polizeipräsident davon erfährt, werden Köpfe rollen. Zwei Jungs haben Kevin Bessemer von Rikers herübergebracht, damit du ihn vernehmen kannst. Sie gerieten wegen eines Unfalls auf dem FDR Drive in einen Stau, der Häftling sprang aus dem Auto und verschwand in Höhe der 119. Straße auf Nimmerwiedersehen in der Sozialbausiedlung. Er ist ihnen entwischt.«
    »Was?«
    »Pokerface, Mädchen. Du hast es versprochen.«
    »Hatte man ihm denn keine Handschellen angelegt?«
    »Nach Aussage der Jungs war er hinter dem Rücken an den Händen gefesselt. Cool bleiben, Alex! Der Richter guckt schon. Deine Wangen sind feuerrot.«
    »Ich kann morgen nicht mit der Geschworenenauswahl anfangen. Verdammt, wie schinde ich bloß noch etwas Zeit heraus?«
    »Sag ihm einfach, was passiert ist, Blondie. Sag ihm, dass dein Informant spurlos verschwunden ist.«

2
     
    »Einen schönen guten Tag, meine Damen und Herren.« Moffett stand breitbeinig auf seiner kleinen Bühne und sonnte sich sichtlich in der Gewissheit, in seinem Gerichtssaal das Sagen zu haben.
    »Ich hoffe, Sie hatten alle einen erholsamen Sommer und ein angenehmes Labor-Day-Wochenende, damit Sie sich jetzt frisch erholt dieser ernsthaften Angelegenheit widmen können.«
    Geschworene mochten Harlan Moffett. Er war einundsiebzig Jahre alt, hatte dichtes weißes Haar und eine kräftige Statur. Nach drei Jahrzehnten auf der Richterbank meisterte er praktisch alles, was jemals vor dem Obersten Gerichtshof des Staates New York zur Verhandlung kam. Er hatte Geduld mit nervösen Zeugen, null Toleranz für schluchzende Verwandte oder Freundinnen eines Angeklagten, die mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher