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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit
Autoren: Nelson Mandela
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übergriffen. Rundfunk- und Fernsehsender stellten ihre Arbeit ein. Auf den Straßen von Mafikeng kam es zu Auseinandersetzungen zwischen der Homeland-Polizei und streikenden Arbeitern und Studenten. Mangope bat die weißen rechtsgerichteten Verbündeten um Militärhilfe. Wenig später ließen seine eigenen Kräfte ihn im Stich, und Anfang März wurde er gestürzt. Wenige Wochen später kapitulierte Brigadier Gqozo in Ciskei und ersuchte Südafrika um Aufnahme des Homelands.
    In Natal nahm die Gewalt zu. Inkatha-Anhänger vereitelten unseren Wahlkampf in Natal. 15 ANC-Wahlhelfer wurden nach Aufhängen eines ANC-Posters angeschossen und zu Tode gehackt. Im März erklärte Richter Johann Kriegler mir und Mr. de Klerk, aufgrund fehlender Kooperation seitens der KwaZulu-Regierung könnten ohne unmittelbare politische Intervention keine freien Wahlen abgehalten werden. Um in Natal unsere Stärke zu demonstrieren, veranstaltete der ANC einen Massenzug durch das Zentrum von Durban. Anschließend versuchte die Inkatha in Johannesburg das gleiche, doch mit nur mäßigem Erfolg.
    Am 28. März marschierten Tausende von Inkatha-Mitgliedern mit Speeren und Knüppeln durch Johannesburg zu einer Versammlung in der Stadtmitte. Zur gleichen Zeit versuchte eine bewaffnete Inkatha-Gruppe in das Shell House, das Hauptquartier des ANC, einzudringen, wurde aber von bewaffneten Wachmännern zurückgeschlagen. Auch gaben nicht identifizierte Heckenschützen im Stadtzentrum Schüsse ab, und insgesamt fanden 53 Menschen den Tod. Es war ein gräßliches Schauspiel, das den Eindruck erwecken konnte, Südafrika stünde am Rand eines Bürgerkrieges. Die Inkatha versuchte die Wahl verschieben zu lassen, doch weder Mr. de Klerk noch ich gedachten nachzugeben. Der Wahltag war sakrosankt.
    Internationaler Vermittlung stimmte ich zu, und am 13. April traf eine Delegation unter Führung von Lord Carrington, dem früheren britischen Außenminister, und Henry Kissinger, dem früheren US-Außenminister, in Johannesburg ein. Doch als die Inkatha informiert wurde, der Wahltermin stehe nicht zur Verhandlung, lehnte sie es ab, die Unterhändler zu sprechen, die wieder abreisten, ohne mit irgend jemandem gesprochen zu haben. Nun wußte Häuptling Buthelezi, daß die Wahl, komme, was wolle, stattfinden werde. Am 19. April, acht Tage vor der Wahl, akzeptierte Häuptling Buthelezi das Angebot einer verfassungsmäßigen Rolle der Zulu-Monarchie und willigte ein, an der Wahl teilzunehmen.
    Zehn Tage vor der Stimmabgabe führten Mr. de Klerk und ich unsere einzige Fernsehdiskussion. In Fort Hare war ich ein fairer Debattenredner gewesen, und in meinen jüngeren Jahren in der Organisation hatte ich mich in öffentlichen Veranstaltungen an vielen leidenschaftlichen Debatten beteiligt. Ich war zuversichtlich. Doch am Tag zuvor hielten wir eine Scheindebatte ab, in welcher der Journalist Allister Sparks Mr. de Klerk geschickt nachahmte. Zu geschickt, fanden meine Wahlberater und kritisierten mich, weil ich zu langsam und nicht aggressiv genug gesprochen hätte.
    Doch in der tatsächlichen Debatte griff ich die National Party ziemlich heftig an. Ich beschuldigte sie, Rassenhaß zwischen Farbigen und Afrikanern am Kap zu schüren, indem sie ein hetzerisches Comicheft verteile, nach dem der ANC-Slogan laute: »Töte einen Farbigen, töte einen Farmer.«
    »Keine Organisation in diesem Land ist so spalterisch wie die neue National Party«, erklärte ich. Als Mr. de Klerk sich kritisch über den ANC-Plan äußerte, Milliarden von Dollar für Wohnungs- und Sozialprogramme auszugeben, beschimpfte ich ihn und erklärte, er sei wohl beunruhigt darüber, daß wir so viele unserer Ressourcen den Schwarzen zugute kommen lassen müßten.
    Doch als sich die Diskussion ihrem Ende näherte, hatte ich das Gefühl, zu grob mit dem Mann umgesprungen zu sein, der in einer Regierung der nationalen Einheit mein Partner sein würde. Zusammenfassend erklärte ich: »Der Wortwechsel zwischen Mr. de Klerk und mir sollte eine bedeutsame Tatsache nicht verdunkeln. Ich denke, wir sind für die ganze Welt ein leuchtendes Beispiel von Menschen aus verschiedenen rassischen Gruppen, die eine gemeinsame Loyalität, eine gemeinsame Liebe für ihr gemeinsames Land teilen… Trotz der Kritik an Mr. de Klerk«, erklärte ich und schaute zu ihm hinüber, »Sir, Sie sind einer von jenen, auf die ich baue. Wir wollen das Problem dieses Landes gemeinsam angehen.« An diesem Punkt streckte ich meine Hand nach
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