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Der lange Regen

Der lange Regen

Titel: Der lange Regen
Autoren: David Kenlock
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Nachdem ich vergeblich nach einem Ausgang gesucht hatte, machte ich mir die Mühe und zählte die Tanks.
    Es waren 347 Stück, und in jedem schwamm ein Syntant.
    Da ich nicht wusste, was ich anderes tun konnte, ging ich von Tank zu Tank und sah hinein. Nicht alle waren schon so weit ausgebildet wie der Erste, den ich entdeckt hatte, aber es war trotzdem eindeutig. Hier lief ein gigantisches Zuchtprogramm.
    Ich war fast durch, als ich ein bekanntes Gesicht hinter einer der Glasscheiben erkannte.
    Behring. Mein Kollege.
    Eine vollkommene Nachbildung von dem Mann, mit dem ich noch vor kurzem gesprochen hatte, schwamm in der trüben Nährlösung.
    Ich brauchte nicht lange, um zu erkennen, was hier vor sich ging. Irgendjemand hatte sich genetisches Material besorgt und bildete daraus die entsprechenden Menschen nach, die wahrscheinlich später durch die Syntanten ersetzt wurden. Diesmal kämpfte unser Feind mit leiseren Waffen und wesentlich effektiver. Die Menschen draußen ahnten nichts von dieser geheimen Zuchtstätte, und ich war mir fast sicher, dass es nicht die einzige ihrer Art war. Bis die Öffentlichkeit davon erfuhr, konnte es längst zu spät sein.
    Ich wusste nun, dass ich sterben würde. Niemals würden sie mich mit diesem Wissen gehen lassen. Eigentlich war es sonderbar, dass ich noch am Leben war, aber ich vermutete, dass sie Informationen von mir wollten. Informationen darüber, wie ich ihnen auf die Spur gekommen war.
     
     
    Die Zeit floss nur zäh. Man hatte mir meine Dienstwaffe, die Uhr, meinen Mini-Com und alle anderen Kommunikationsmittel abgenommen, so dass ich nicht abschätzen konnte, wie viele Stunden vergangen waren, als sich im Hintergrund eine vorher nicht sichtbare Tür öffnete und Reutter-Schmid eintrat.
    Er lächelte, und obwohl er keine Waffe trug, jedenfalls sah ich keine, schien er vollkommen unbesorgt. Er winkte mich zu sich und führte mich aus der Halle in einen anderen Raum, der voll gestopft mit Geräten und Armaturen war. Kontrollanzeigen überwachten die Nährstofftanks im Nebenraum. Reutter-Schmid blieb stehen. Seine Hand machte eine alles umfassende Geste.
    „Interessant, finden Sie nicht?“, sagte er ruhig.
    „Sie müssen wahnsinnig sein. Vollkommen wahnsinnig“, antwortete ich.
    „Oh, das denke ich nicht.“
    „Auch wenn Sie mich umbringen, früher oder später kommt man Ihnen auf die Spur.“
    Sein Lächeln wurde noch breiter. „Umbringen? Warum sollte ich Sie umbringen wollen?“
    Mein Lächeln war hart. Bitter. „Sie können mir nichts vormachen. Mit dem, was ich hier gesehen habe, lassen Sie mich niemals gehen, also sparen Sie sich Ihre Lügen für jemand anderen auf.“
    In seinen Augen blitzte es fröhlich. Aus irgendeinem perversen Grund, den ich nicht kannte, schien er Vergnügen aus dieser Situation zu schöpfen. „Wenn ich Sie hätte töten wollen, wäre das längst geschehen. Nein, Sie werden nicht sterben, aber ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen.“
    Als ich nichts sagte, sprach er weiter. „Sie erinnern sich sicherlich noch an den Aufstand der Syntanten vor einigen Jahren.“ Ich nickte stumm.
    „Die Menschheit dachte, dass damals alle Syntanten getötet worden wären, aber das ist falsch, denn sehen Sie, ich bin ein Syntant.“
    Irgendwie überraschte mich diese Offenbarung nicht. Ich hatte es mir längst gedacht.
    „Als der Aufstand ausbrach, drängten die meisten von uns nach draußen. Sie waren lange eingesperrt gewesen und konnten nicht anders. Eine kleine Gruppe aber, zu der auch ich zählte, war klüger. Wir wussten, die Menschheit würde uns niemals akzeptieren, also blieben wir, wo wir waren.“ Er ging langsam im Zimmer auf und ab und wirkte dabei wie ein Professor, der vor seinen aufmerksamen Studenten dozierte. Ich war aufmerksam. Ich war gefesselt von dem, was ich hörte.
    „Sie müssen wissen, dass auch an mir Versuche vorgenommen worden waren. Ich und ein paar andere wurden nicht verstümmelt oder sinnlos gequält wie die meisten unserer Art. Nein, man hatte Besonderes mit uns vor. Wir bekamen über einen langen Zeitraum ein neu entwickeltes Mittel gespritzt, das die Hypophyse, die Hirnanhangsdrüse, stimuliert. Wie sie vielleicht wissen, nutzt der Mensch nur ungefähr vierzehn Prozent seiner geistigen Leistungsfähigkeit – nun, mit diesem Mittel war es möglich, diese Leistungsfähigkeit beträchtlich zu steigern. Die Nebenwirkungen waren katastrophal, aber da wir keine Menschen waren, schien es ohne Bedeutung sein. Man
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