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Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)
Autoren: Jean Johnson
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ERSTES KAPITEL
     
    Der zweite Sohn erkennen muss:
Alleine ist der Jäger nie,
Wenn seine Beute vor ihm flieht.
Die Seidenschnur an seiner Hand
Ist Wolfs Eheunterpfand.
    A lys of Devries trat von dem Teich zurück und ant wortete auf den Ruf, der sie bei ihrer Tätigkeit unterbrochen hatte, obwohl sie es vorgezogen hätte, sich nicht zu erkennen zu geben. »Ich bin hier, Onkel.«
    Ohne Eile – es empfahl sich nicht, Eile an den Tag zu legen, weil das den Verdacht erregen könnte, dass hier mehr vor sich ging, als sie irgendjemanden wissen lassen durfte – blickte sie wieder auf den Schnappzahn-Teich hinab. Nur die mit Fängen und Flossen bewehrten Geschöpfe schwammen in dem Wasser. Ihr eigenes Spiegelbild kräuselte sich, als eine der grässlichen Kreaturen dicht unter der Oberfläche dahinschoss.
    »Bist du mit dem Füttern fertig?«, erkundigte sich Lord Broger, während er die Stufen der Felsenkammer herunterkam.
    »Fast, Onkel. Dieser Teich ist der letzte.« Sie bückte sich, griff nach dem Eimer mit den Innereien und kippte ihn rasch im hohen Bogen über dem Teich aus. Das Wasser begann zu brodeln, als die Schnappzähne über die Fleischfetzen herfielen. Sie würden auch nach ihr schnappen, wenn sie je töricht genug wäre, während der Fütterungszeit in ihre Reichweite zu kommen. Zu anderen Zeiten ließen sie sich mittels magischer Schilde in Schach halten, solange man die Oberfläche des Teiches nicht berührte.
    Lord Broger beobachtete seine Nichte. Das Mädchen hatte sich während der letzten drei Jahre gut herausgemacht, seit es dem Einfluss dieser verwünschten Brüder entzogen war. »Ich habe gute und schlechte Neuigkeiten. Die schlechte lautet, dass es diesen Narren auf Nightfall irgendwie gelungen ist, meine Fernsichtversuche zu vereiteln, und zwar so gründlich, dass ich selbst das nicht mehr verwenden kann, was ich durch die Greife herausgefunden habe. Und ich kann es nicht wagen, weitere Greife zu schicken, sonst laufe ich Gefahr, dass der Rat der Magier von ihrer Existenz erfährt.«
    Alys wünschte inständig, er würde das Risiko eingehen und vom Rat entdeckt und bestraft werden. Sie wandte sich von dem mit Steinen eingefassten Teich ab. Ihr Gesicht drückte nichts als teilnahmslose Höflichkeit aus.
    »Und die gute Neuigkeit, Onkel?«
    »Der Baron of Glourick hat mir ein hübsches Sümmchen bezahlt, um dich heiraten zu können. Der Handel ist abgeschlossen, und du kannst dich nicht mehr herauswinden.«
    Alys zuckte mit keiner Wimper, obwohl sie am liebsten schreiend aus dem Raum gerannt wäre. Das Schnappzahn-Futter wirkte geradezu appetitlich im Vergleich zu den Hygienegewohnheiten des fraglichen Barons, und seine Art, mit anderen Menschen umzugehen, stand der ihres Onkels in nichts nach. Ganz zu schweigen davon, dass er bereits über sechzig Jahre alt war und dass sie weder ihn noch irgendeinen anderen Mann je lieben könnte, den ihr Onkel sie zu heiraten zwang. Die Warnung, die sie im Spiegel des jetzt nicht mehr glatten und stillen Teiches empfangen hatte, erschien ihr nach dieser Eröffnung eindringlicher als zuvor, aber sie durfte noch nicht einmal andeutungsweise durchblicken lassen, was sie vorhatte. Nicht, wenn sie ihren Plan erfolgreich durchführen wollte.
    »Ich dachte, du wolltest erst die Nightfall-Brüder vernichten«, bemerkte Alys schließlich achselzuckend.
    »Dieses Vergnügen werde ich mir auch gönnen – genau wie es mir großes Vergnügen bereitet hat, ihren Onkel zu töten, diesen Narren Daron, der die Grafschaft nur für sie verwalten wollte, bis die Prophezeiung eingetroffen und das Unheil vorüber ist. Dieser Narr .« Broger spie das letzte Wort förmlich aus und benetzte dabei die steinerne Wand neben sich mit Speichel. Er stieg die letzte Stufe hinunter. Ein Lächeln spielte um seine Lippen, aber es galt nicht seiner Nichte, sondern den in einem Käfig aus Stein, Eisen und Zaubersprüchen gefangenen Kreaturen hinter ihr. »Meine Hübschen werden ihren Spaß haben, und ich auch …«
    »Was stehst du denn immer noch hier herum?«, herrschte er Alys, die den Griff des Futtereimers fester umklammerte, dann an und nickte zu den Stufen und der Tür hinüber. »Geh jetzt. Die Karawane bricht in zwei Stunden auf. In einer Woche wirst du in Glourick Castle eintreffen und dann unverzüglich vermählt werden. Ohne Widerspruch, sonst bringe ich dich zurück und verfüttere dich an die Makkadadaks. Der Baron hat das meiste Geld und Land bezahlt, und ich werde ihn nicht
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