Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss des Werwolfs - 1

Der Kuss des Werwolfs - 1

Titel: Der Kuss des Werwolfs - 1
Autoren: Isabell Alberti
Vom Netzwerk:
An den verkrümmten Körpern dreier Werwölfe des Schottlandclans kam er vorbei. Im Tode hatten sie sich in Menschen zurück verwandelt. Er gönnte ihnen keinen Blick.
    Einer Spinne gleich kletterte er außen an der Mauer des Brochs hoch und spähte über die Kante. Das Innere war mit drei Fackeln ausgeleuchtet, in der Mitte stand eine steinerne Kiste, die Abdeckplatte an die Wand des Brochs gelehnt. Das Ganze sah aus wie eine vorbereitete Bühne.
    Vier Krakauer Werwölfe trugen Rhodry herein. Er bewegte sich nicht, der Schwanz hing schlaff herunter, das Fell war glanzlos. An der Hüfte, wo ihn die Peitsche verbrannt hatte, war deutlich rohes Fleisch zu erkennen. Dahinter ging der Anführer des Krakauer Rudels im Anzug, und er trug tatsächlich weiße Handschuhe. Der Scheißkerl hatte während des Kampfes nicht einen Finger gerührt.
    Ihm folgten die anderen Krakauer und verteilten sich im Broch. Eugene presste sich flach auf die Mauerkrone. Er sollte von hier verschwinden, er wusste es. Nur einer der Krakauer musste einen Blick nach oben werfen, und sie hätten ihn entdeckt. Eine unbekannte Macht hielt ihn an seinem Platz und sie hielt die anderen genauso davon ab, nach oben zu schauen.
    Sie hatten Rhodry in die Kiste gelegt, und Maksym Derenski stand davor. Dann tat er etwas, von dem Eugene nicht verstand, was es war, aber es hatte zur Folge, dass Rhodrys Leib starr wurde, als wäre sein Geist aus dem Körper entwichen und nur eine leere Hülle zurückgeblieben. Eugene fühlte die Präsenz seines Freundes nicht mehr. Der Krakauer stellte sich vor die Kiste und zog sich umständlich die Handschuhe aus, indem er an einem Finger nach dem anderen zog. Er gab sie einem neben ihm stehenden Werwolf. Danach streckte er die Hände über der Kiste aus und streute ein Pulver hinein. Die Spannung im Broch war mit Händen zu greifen.
    Derenski begann in einer fremden Sprache und einem merkwürdigen Singsang zu reden. In der Kiste breitete sich ein Leuchten aus, begann an einer Ecke und umfloss Rhodrys Leib, ließ ihn durchsichtig erscheinen. Die Hände des Krakauers fielen herunter, und er wandte sich ab. Seine Schergen schoben den schweren Deckel auf die Kiste. Eugene erhaschte einen Blick auf ein vor Erschöpfung graues Gesicht.
    Derenski sagte ein paar Worte. Danach taten sie etwas, das in Eugene eine Wut aufwallen ließ, dass er sich beinahe fauchend in die Menge gestürzt hätte. Sie malten ein rotes Kreuz auf die Abdeckplatte — das verhasste Christensymbol. Auch wenn es rote Farbe und kein geweihtes Wasser war, es stach ihm in die Augen. Die Krakauer hatten ebenfalls den Blick abgewandt und fluteten eilig aus dem Broch. Eugene blieb zurück.

Kapitel 1
    Nora strampelte im Halbschlaf das Laken von ihrem Leib. Ohne die Augen zu öffnen, wusste sie, dass die Sonne auf ihre Beine schien. Sie badete in der Wärme, drehte sich auf die Seite und strich sich das verwuschelte Haar aus der Stirn. Sie war mitten in einem Traum aufgewacht und wollte ihn nun festhalten. Jemand hatte nach ihr gerufen. Sie erinnerte sich an einen Mann, an blasse Haut und ausgestreckte Hände; er hatte einen schwarzen Anzug getragen, die Hosen eng, das Hemd am Hals offen, und das hatte ihn ungeheuer aufregend aussehen lassen. Sie hatte versucht, zu ihm zu gelangen, aber wie in Träumen üblich, war er verschwunden, bevor sie sich berühren konnten. Bestimmt küsste er besser als Leonardo di Caprio in »Titanic« oder Humphrey Bogart in »Casablanca«. Doch seine Leidenschaft für sie brannte heiß wie Feuer über Raum und Zeit hinweg. Einzig der Tod könnte sie trennen, sie hatten eine Verbindung von Blut und Seele.
    Sie glühte jetzt noch, wenn sie an die Blicke dachte, die er ihr zugeworfen, mit denen er sie ausgezogen hatte. Fest kniff sie die Augen zusammen, um wieder einzuschlafen und den Mann zurückzuholen. Und wirklich hatte sie den Eindruck, als glitte sie wieder tiefer in ihren Traum. Nebel wallte auf, und in ihm erschien der Fremde, kalt und blass und gleichzeitig Verführung pur. Ein Windstoß hatte sein schwarzes Haar durcheinandergewirbelt, und er wartete — auf sie. Die einzige Frau seit Äonen, die das Feuer seiner Leidenschaft zu stillen vermochte.
    Sie wollte auf ihn zulaufen, doch sie konnte ihm nicht näherkommen; stattdessen zerfaserte seine Gestalt im Nebel, bis sie sie nicht einmal mehr erahnen konnte. Das Surren einer Mücke riss sie aus ihrem Traum. Das Insekt schien über ihr zu kreisen und kam immer näher. Nola brummte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher