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Der Kuss Des Kjer

Der Kuss Des Kjer

Titel: Der Kuss Des Kjer
Autoren: Lynn Raven
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dem Bett zu ihrer Linken und ging davor in die Knie. Ihr Herz pochte hart in ihrer Kehle und sie musste die Hand vor den Mund pressen, um nicht laut zu schreien.
    »Ich hoffe, Ihr vergebt uns die Scharade dort draußen. Sie soll die Nivard täuschen«, hörte sie Königin Naísee hinter sich sagen, während sie den Blick nicht von dem Mann lösen konnte, der von Kissen und weichen Fellen gestützt halb auf der Seite ruhte - und schlief. Seine Arme waren von den Fingern bis hinauf zu den Ellbogen fachkundig mit feinem Leinen verbunden und der Geruch von Kräutern hing an ihnen. Dunkle Schatten lagen unter seinem Auge, die Wangenknochen traten erschreckend scharf hervor. Er lebt! Wie benommen streckte sie die Hand nach ihm aus - und zog sie zurück, aus Angst, ihm auch nur durch die kleinste Berührung Schmerz zuzufügen. »Ich dachte, er sei tot! « Sie brachte nicht mehr als ein bebendes Flüstern hervor.
    »Wir auch - zuerst. Es war Kardan, dem auffiel, dass er noch atmete, als wir ihn abnahmen. Weil er sich eine ganze Zeit nicht mehr bewegt hatte, hielten die Nivard ihn für tot. Wir ließen sie in ihrem Glauben und brachten ihn hierher. Mein Heiler hat sich sofort um ihn gekümmert, aber in den ersten Stunden fürchteten wir ... « Sie schüttelte den Kopf, betrachtete den Schlafenden auf dem Bett mit einem erstaunlich zärtlichen Blick, ehe sie Lijanas wieder ansah. »Er hat nach Euch gefragt, kaum dass er wusste, wo er war. Deshalb ließ ich Euch von Brachan und Raulen holen.
    Die beiden hätten Euch schon früher gesagt, dass er am Leben ist, doch der Nivard wegen konnten sie es nicht wagen. - Ich lasse Euch mit ihm allein! - Wenn Ihr etwas braucht oder irgendetwas ist, ruft. Es ist immer jemand nebenan.« Der Vorhang schloss sich hinter ihr. Lijanas schaute der Frau verwundert nach, während sie sich vom Boden erhob. Hat nicht alle Welt behauptet, sie sei verrückt? Ihr Verstand ist so gesund wie meiner.
    Sie ließ sich auf den Stuhl neben Mordans Lager sinken und verdrängte das Erstaunen darüber, dass offenbar Königin Naísee selbst die ganze Zeit an seiner Seite gesessen und über ihn gewacht hatte. Zu ihrer Linken stand ein silberverziertes Tischchen mit einem wassergefüllten Tonkrug, Becher, einigen flachen Tiegeln und Leinen - und einer schlanken Phiole, in der eine dunkle Flüssigkeit glänzte. Vorsichtig schnupperte sie an dem Inhalt und erkannte den Geruch: bitterer Anad zusammen mit der Süße von Honig schmerzlindernd und betäubend.
    »Durst!« Das Wort war nur ein rauer Hauch, begleitet von einem schwachen Stöhnen. Rasch stellte Lijanas die Phiole zurück, ergriff stattdessen den Becher und beugte sich über Mordan. Behutsam hob sie seinen Kopf von den Kissen und träufelte ihm in winzigen Schlucken Wasser zwischen die mit Grind überzogenen Lippen, bis sie merkte, dass er genug hatte, und ihn sanft zurückbettete. Ihre Hände schlossen sich um den kühlen Ton, einmal mehr glitt ihr Blick über seinen Körper, die dünne Seidendecke, die bis zu seinen Rippen gezogen war; die Haut von der Sonne verbrannt; die Spuren von Hunger, Schlägen und Schlimmerem - Oh Gnädige, was haben sie ihm angetan?!

    Wieder drang ein leiser Laut der Qual aus Mordans Kehle und Lijanas beeilte sich, etwas von dem Inhalt der Phiole in den Becher zu träufeln, doch noch ehe sie ihm etwas von der Medizin einflößen konnte, hob er mit einem schweren Atemzug das Lid.
    »Lijanas?« Er flüsterte ihren Namen nur. Kurz huschte etwas wie Erleichterung über seine Züge. »Du bist ... gekommen?« Seine Stimme war brüchig.
    »Natürlich! - Aber du musst schlafen! Wir können später ... «
    » Du hast mich ... nicht gehen lassen! «
    Lijanas wusste sofort, was er meinte - und für einen kurzen Moment glaubte sie, in seinen Worten läge Bedauern und Anklage, bis sie ihn leise »Danke! « murmeln hörte.
    Vorsichtig strich sie ihm durch sein so grausam kurz geschnittenes Haar, mit einem Mal war ihre Kehle eng.
    Nach einem Augenblick, der ihr wie eine Ewigkeit vorkam, sprach Mordan erneut. »Ich konnte ... dich spüren.« Auf dem Seidenlaken zuckten seine Finger unruhig. Sie legte ihre Hand behutsam darüber.
    »Manchmal ... Da oben am ... Kreuz. Wenn ich ... dachte, ich würde ...
    könnte nicht noch ... einmal ... « Er schluckte schwer. »Es war, als ...
    wärst du direkt ... direkt neben mir.«
    »Ich weiß.« Lijanas fuhr sacht durch die kurzen Strähnen. »Ich konnte dich auch spüren. Die ganze Zeit! « Unter ihrer
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