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Der Küss des schwarzen Falken

Der Küss des schwarzen Falken

Titel: Der Küss des schwarzen Falken
Autoren: Barbara McCauley
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Street hinunterfuhr.
    Richtig erleichtert war er dann, als er entdeckte, dass es
Papa Pete’s Diner
noch gab. Es lag wie ehedem an der Ecke der Sixth Street. Hier bekam man das beste Essen in der Stadt. Zu besonderen Anlässen ging es mit der ganzen Familie dorthin. Rand konnte sich noch lebhaft daran erinnern, was es an seinem achten Geburtstag gegeben hatte: einen Riesenhamburger, Pommes frites und einen Schokoladenmilchshake mit Schlagsahne und einer Kirsche obendrauf. Ihm war danach fast schlecht geworden, aber es war der beste Geburtstag, den er je erlebt hatte.
    Ein paar andere Läden von früher gab es auch noch:
Joe’s Barbershop, Peterson’s Hay and Feed, King’s Hardware
– alles einst vertraute Namen, an die er seit dreiundzwanzig Jahren nicht mehr gedacht hatte.
    Er war viel in Texas herumgekommen, aber nie wieder in Wolf River gewesen. Natürlich war das kein Zufall. Er hatte immer einen Bogen um diese Stadt gemacht. Er wollte nicht erinnert werden – nicht an seine Kindheit, nicht an seine Eltern, die er verloren hatte, nicht an seine Geschwister, die er verloren glaubte. Seitdem er das Haus von Edward Sloan verlassen hatte, war er nie länger an einem Ort geblieben. Sobald er irgendwo das Gefühl bekam, sich einzuleben, fand er es an der Zeit, seinen Pick-up mit seinen Habseligkeiten zu beladen und weiterzuziehen. Glücklicherweise kam ihm sein Beruf dabei sehr entgegen. Überall gab es Pferde, die zugeritten werden mussten oder Training brauchten.
    Rand bog von der Main Street ab und verließ die Stadt Richtung Süden. Der Himmel war tiefblau. Es war ein heißer Tag. Er hatte das Fenster heruntergekurbelt, um den Fahrtwind hereinzulassen und die Landschaft unmittelbarer zu betrachten. An einige der Höfe und Häuser links und rechts konnte er sich noch erinnern, auch wenn ihm die Namen der Besitzer nicht mehr einfielen. Doch die Erinnerungen genügten ihm, Namen waren nicht so wichtig. Er brauchte etwas, woran er sich festhalten konnte, vor allem jetzt, da in seinem Leben alles drunter und drüber ging. Und zu allem Überfluss hatte ihn auch noch Grace verlassen.
    Sie war in diesen schwierigen Tagen so etwas wie ein Prüfstein für ihn geworden. Erst jetzt, nachdem sie gegangen war, wurde ihm langsam klar, was er an ihr gehabt hatte, was für einen Halt sie ihm gegeben hatte. Ihm, der immer davon ausgegangen war, dass er niemanden brauchte.
    Als er gestern Abend ins Hotel zurückgekehrt war, das Zimmer leer und dafür Grace’ Brief gefunden hatte, war er anfangs nur maßlos erstaunt gewesen. Er hatte sich einfach nicht vorstellen können, was sie dazu bewogen hatte, einfach zu verschwinden. Dann hatte er Wort für Wort den Brief noch einmal gelesen.
    Es tut mir leid, dass ich so überstürzt abreise, aber jetzt muss ich wirklich nach Hause, und ich hasse Abschiede.
    Seine nächste Reaktion war Wut gewesen. Er hatte nach seinem Koffer getreten, nach dem Bett, die Türen zugeknallt und geflucht. Er hatte sich ausgerechnet, wann sie in Dallas ankommen würde, um sie anzurufen und ihr wenigstens am Telefon seine Meinung darüber zu sagen, dass sie sich einfach so aus dem Staub machte, bevor ihm zu seinem noch größeren Ärger eingefallen war, dass er ja nicht einmal ihre Privatnummer hatte, sondern nur die Geschäftsnummer der Stiftung.
    Noch einmal war ohnmächtiger Zorn in ihm aufgewallt. Aber nachdem er sich noch eine Weile ausgetobt hatte, hatte er sich müde auf die Bettkante sinken lassen und langsam begonnen, wieder nachzudenken. Was hatte er ihr vorzuwerfen? Dass sie gegangen war? War es nicht klar gewesen, dass sich ihre Wege würden trennen müssen. Sie hatte sich ihm ganz hingegeben, sich ihm geschenkt. Was erwartete er noch? Fairerweise sollte er sich ebenso fragen: Was hätte sie von dir zu erwarten gehabt? Und ehrlicherweise musste er darauf antworten: nichts.
    Er war dann hinunter in die Hotelbar gegangen. Auf dem Zimmer hatte er es nicht mehr ausgehalten. Er hatte gehofft, wenigstens im Whiskey Trost zu finden. Aber zwei Stunden und eine halbe Flasche später war ihm aufgegangen, dass das kompletter Unfug war.
    Rand trat in die Bremsen. Er war so in Gedanken gewesen, dass er um ein Haar die Abfahrt verpasst hätte, die er gesucht hatte: Cold Springs Road. Im letzten Augenblick schaffte er es noch, in die zweispurige Straße einzubiegen. Rechts und links war sie von Eichen und Büschen gesäumt. Häuser gab es hier draußen nicht. Der kleine Fluss trat regelmäßig über die Ufer.
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