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Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn

Titel: Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
Autoren: Jan Guillou
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verlegene Bischof wusste nicht recht, was er antworten sollte. Schließlich hatte der Jarl ihre Lage wohl zutreffend beschrieben. Derart mächtige Truppen wie jene auf der gegenüberliegenden Seite konnten diesen seichten Fluss wirklich rasch durchwaten.
    »Ich finde, Ihr solltet einen guten Teil der Nacht in stillem Gebet verbringen, Birger. Das wisst Ihr sehr wohl«, antwortete er vorsichtig.

    »Und Ihr wisst, was ich von solchen Dingen halte!«, entgegnete der Jarl barsch. »Haben nicht etwa jene dort drüben auch ihre Gottesleute dabei? Haben nicht etwa Knut Magnusson, der sich dreist König nennt, Knut Folkesson, der sich ebenso dreist Jarl nennt, Filip Larsson und sein Halbbruder Filip Knutsson, diese Schlange, und die anderen Aufständischen mindestens einen Bischof in ihrem Gefolge? Und beten die Gottesleute dort drüben nicht auch ihrer Gewohnheit gemäß die halbe Nacht für den Sieg? Und gegen diese soll ich Euch aufstellen, als wäre das Gebet zu Gott ein Zweikampf! Ich dächte, der Herr würde sich in diesem Falle voller Abscheu von uns abwenden. Nun, all das wisst Ihr ja, Bischof.«
    »Ihr schlagt nach Eurem Großvater Arn«, sagte der Bischof leise, brach ein Stück Brot und sprach das Tischgebet. Am Tisch wurde es ganz still, und die drei anderen senkten zumindest des Scheines halber einen Moment lang die Köpfe wie zum Gebet.
    »Ja, das stimmt«, erwiderte der Jarl, als mit dem Essen begonnen werden durfte. »Und wagt nicht zu behaupten, Arn Magnusson sei etwas anderes gewesen als ein Krieger Gottes und überdies ein Heiliger. Und gerade er fand es vermessen, vor einer Schlacht für den Sieg zu beten. Wisst Ihr, worum er in solchen Stunden bat? Dass er selbst nicht vermessen handle, dass er, wenn er sein Schwert zöge - eben jenes Schwert, das ich nun trage -, nicht daran denken möge, wen er töten, sondern wen er verschonen solle! Darüber sollte man einmal nachdenken. Und doch war er viel mehr ein Heiliger als dieser Erik Jedvardsson.«
    »Dies ist vielleicht nicht die günstigste Stunde für Gotteslästerung«, antwortete der Bischof ausweichend.
    »Gotteslästerung!«, schnaubte der Jarl. »Gotteslästerung, nur weil ich unumwunden meine Zweifel daran ausspreche,
dass Erik Jedvardsson, der Heilige Sankt Erik, meiner Treu, ein sonderlich heiliger Mann gewesen sein soll. Er wurde einen Kopf kürzer gemacht, weil er sich überraschen ließ, und er starb so rasch, weil er zu betrunken war, um sich zu verteidigen. Übrigens hat sich keiner der drei letzten Päpste dazu überreden lassen, diesen Trunkenbold heiligzusprechen. Wenn ich also lästere, so habe ich doch drei Päpste auf meiner Seite und befinde mich in guter Gesellschaft.«
    »Ich verstehe nicht, dass Ihr Euch an einem Abend wie diesem, der Euer letzter hier auf Erden sein kann, solchen Übermutes erdreisten könnt«, antwortete der Bischof wütend.
    »Das wäre nicht das Schlimmste«, antwortete der Jarl leise und plötzlich nachdenklich. »Für die meisten hier im Lager kann dies tatsächlich die letzte Nacht bedeuten. In einem Krieg kann man nie wissen, wie es kommt. Selbst bei gründlichster Planung kann sich etwas Unvorhergesehenes ereignen. So ist es nun einmal. Aber ich fürchte nicht den Tod, falls Ihr das glauben solltet. Schlimmer wäre eine Niederlage. Denn sollten wir unterliegen, so wären die meisten von uns morgen zur Mittagsstunde tot. Aber nicht Ihr und im schlimmsten Falle auch nicht ich. Ihr behaltet Euer Leben, weil Ihr Bischof seid, und ich, weil ich als Gefangener gefesselt zu Pferde nach Norden gebracht und gegen die Königskrone meines Sohnes Valdemar getauscht werden soll. Das wäre schlimmer als der Tod.«
    Der Jarl nahm ein Stück Fleisch und führte es wütend zum Mund. Alle vier saßen für eine Weile schweigend da und aßen, während sich die Dunkelheit auf sie herabsenkte. Einige königliche Pagen aus Näs trugen Teerlichter herbei und stellten sie in Eisenhaltern um sie herum
auf. Sie nahmen ihre Umhänge hervor und hüllten sich darin ein. Es war die Zeit nach dem Michaelistag. Der Herbst war ungewöhnlich kalt, und es hatte bereits einige Frostnächte gegeben.
    Es war ein kurzes Mahl, da sowohl Knut Torgilsson, der die Verteidigung der östlichen Wälle befehligte, als auch Sture Bengtsson, der die westlichen Stellungen halten sollte, eine lange Nacht mit viel Arbeit vor sich hatten. Sie empfahlen sich höfisch, und Bischof Kol segnete beide, bevor sie sich mit großen Schritten in verschiedene Richtungen
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