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Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn

Titel: Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
Autoren: Jan Guillou
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empfahl der Kardinal Rom, diesen einzigen vernünftigen Mann im Norden zu unterstützen.
    Birger Jarl konnte also nicht nur lesen, was unter nordischen Potentaten damals noch recht ungewöhnlich war, er sprach außerdem auch lateinisch. Wie war das möglich?

    Unsere Historiker können diese interessante Frage nicht beantworten. Ein Romanautor schon.
    Einen interessanten Ausgangspunkt bietet der Umstand, dass Birgers Mutter, Ingrid Ylva aus der Familie der Sverker, nicht wieder heiratete, nachdem sie durch die Schlacht von Gestilren Witwe geworden war. Das ist recht sonderbar. Von ihr heißt es, sie sei eine Schönheit gewesen und hätte außerdem magische Kräfte besessen. Sie war reich, stammte aus einer Königsfamilie und dürfte eine wunderbare Partie gewesen sein. Fest steht jedoch, dass sie nicht wieder heiratete.
    Fest steht auch, dass ihr die Erziehung ihrer Kinder, mit der sie großen Erfolg hatte, sehr am Herzen lag. Von ihren Kindern wurden zwei zu Bischöfen, einer wurde Staatsoberhaupt (Birger), ein weiterer Lagmann und eine Tochter Königin. Ingrid Ylva war eine der energischsten und einfallsreichsten alleinerziehenden Mütter der schwedischen Geschichte.
    Das fordert die Fantasie heraus und stellt außerdem einen guten Ausgangspunkt für einen Roman dar, der die gesamte Jugend und Erziehung Birgers zum zukünftigen Reichsgründer schildern soll. War es Birger Jarl, der Schweden schuf, so war es Ingrid Ylva, die Birger schuf. Daraus konnte eine wahnsinnig aufregende Geschichte entstehen!
    Wenn man mit Hilfe der wenigen gesicherten Fakten erst den Jarl Birger beschreibt, dann führt die Geschichte weiter in den eigentlichen Kern von Schwedens Entstehung.
    Zunächst stellt sich die Frage, wo man die Grenze zwischen Staat und Mafiagesellschaft ziehen soll, um zu sagen, hier, genau hier, entsteht Schweden. Es gibt Historiker, die meinen, dass man bis Gustav Vasa warten muss, um diese Grenze zu finden.

    Birger wuchs jedoch in einer ganz anderen Gesellschaft auf als der, die er schuf. Die Welt seiner Jugend war die Welt der Adligen, eine Welt der Mafiabosse, die selbst ihre Gesetze schufen und taten, was sie wollten. Keiner, der ihnen nicht an Stärke überlegen war und sich der Hilfe einer größeren Anzahl bewaffneter Banditen erfreuen konnte, herrschte über sie. Wo der Staat schwach und nicht präsent ist, übernimmt die Mafia die Macht. In moderner Zeit ist das auf Sizilien der Fall, in Birgers Zeit war es in Östra Götaland so.
    Doch von dem Augenblick an, in dem jemand aufsteht und sagt, ab jetzt gibt es Gesetze, denen alle unterworfen sind, Gesetze, die sich nicht bei einem Thing ändern lassen, tritt eine Veränderung der Gesellschaft ein. Es ist der Beginn eines Staates, vorausgesetzt dieser Staat besitzt das Gewaltmonopol, um den Respekt vor den staatlichen Gesetzen aufrechtzuerhalten und um die Schutzversprechungen der Mafiabosse bedeutungslos erscheinen zu lassen.
    Birger Jarls »Friedensgesetze« sind immer missverstanden worden, obwohl jedes Schulkind sie hat lernen müssen. »Schutz der Frau« wirkt wie ein netter feministischer Vorschlag, »Schutz der Kirche« wie ein (vollkommen unnötiger) Erlass, sich nicht in der Kirche zu prügeln, und das Verbot der unwillkommenen Besuche bei Bauern wirkt auch eher wie eine hübsche Idee. Dem war jedoch ganz und gar nicht so. Der Erlass des Staates sah vor, dass alle, die gegen die Gesetze verstießen, für vogelfrei erklärt wurden.
    Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass sich manche Folkunger, unter anderem auch Verwandte von Birger, dagegen auflehnten. Ihre Mafiaprivilegien standen auf dem Spiel. Sie wünschten keinen Staat. Es ist auch nicht weiter verwunderlich, dass Birger, nachdem er den Aufruhr niedergeschlagen
hatte, die Rebellen hinrichten ließ, ob sie nun Verwandte waren oder nicht. Für seine Zeitgenossen war das ein ungeheuerlicher Vorgang. Für uns heute scheint das fast eine Selbstverständlichkeit zu sein: Aufruhr und Landesverrat? Die strengste Strafe, die das Gesetz vorsieht, natürlich.
    Birger führte also das Römische Recht ein, und das ist die entscheidende Veränderung. Anschließend sind sich alle seine Nachfolger einig, wie der Staat organisiert werden soll. Dass sie sich darüber streiten, wer an der Spitze dieses Staates steht, hat keine prinzipielle Bedeutung.
    Es war also dieser von Birger Jarl gegründete Staat, den Gustav Vasa viel später erbte und durch wirtschaftliche und juristische Veränderungen
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