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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake
Autoren: China Miéville
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stand. Als er nichts mehr zu sagen hatte und der Beamte, der ihn befragt hatte, gerade abgelenkt war, entfernte er sich ein Stück weit und schaute der Polizei bei ihrer Arbeit zu. Beamte betrachteten die alten Ex-Tiere, die ihren Blick geduldig erwiderten, musterten den nicht anwesenden riesigen Formalintank, das Nirgendwo, in dem sich etwas, das so groß und verschwunden war wie der Architeuthis, verbergen mochte.
    Sie maßen den Saal, als könnten ihnen seine Dimensionen Aufschlüsse über den Verbleib des Exponats liefern. Billy hatte keine bessere Idee. Der Saal wirkte riesig. Die anderen Becken und Behälter erschienen verlassen und weit weg von allem, beinahe, als würden die Präparate sich für ihre Anwesenheit entschuldigen.
    Billy starrte auf die Stelle, wo das Architeuthis -Becken eigentlich hätte stehen müssen. Er hatte noch immer einen hohen Adrenalinpegel und hörte den Beamten zu.
    »Wo soll man hier einen Hinweis finden, Kumpel ...«
    »Mist, du weißt, was das heißt, nicht wahr?«
    »Lass mich gar nicht erst davon anfangen. Reich mir lieber das Maßband.«
    »Ernsthaft, ich sage dir, das ist eine Übergabe, ohne Frage ...«
    »Worauf warten Sie, Freundchen? He, Mann!« Das galt Billy. Ein Beamter machte ihm halbwegs höflich klar, er solle sich verpissen, also gesellte er sich nach draußen zu den anderen Angestellten. Sie unterhielten sich angeregt und bildeten nach Tätigkeit getrennte Gruppen. Billy verfolgte eine hitzige Debatte unter den Direktoren.
    »Worum geht es?«, erkundigte er sich.
    »Darum, ob sie das Museum schließen sollen oder nicht«, sagte Josie. Sie knabberte an ihren Fingernägeln.
    »Wie bitte?«, fragte Billy. Er nahm seine Brille ab und musterte sie wütend. »Was soll diese verdammte Debatte? Was muss denn noch passieren, bevor der Laden zugemacht wird?«
    »Ladys und Gents.« Ein älterer Polizist klatschte in die Hände, um sich Gehör zu verschaffen. Seine Beamten umringten ihn. Sie unterhielten sich murmelnd. »Ich bin Chief Inspector Mulholland. Vielen Dank für Ihre Geduld. Es tut mir leid, dass ich Sie so lange warten ließ.« Die Angestellten schnaubten zustimmend, nahmen eine bequeme Haltung ein und kauten auf den Fingernägeln.
    »Ich möchte Sie bitten, über diese Angelegenheit kein Wort zu verlieren, Ladys und Gents«, sagte Mulholland. Eine junge Beamtin betrat den Saal. Ihre Uniform war unordentlich. Sie unterhielt sich freihändig mit jemandem per Telefon und schien sich über etwas zu beschweren, was für Billy nicht ersichtlich war. »Bitte reden Sie mit niemandem über diese Geschichte«, wiederholte Mulholland. Das Gemurmel im Saal erstarb weitgehend.
    »Nun«, sagte Mulholland nach einer kurzen Pause. »Wer von Ihnen hat als Erster das Verschwinden des Ausstellungsstücks bemerkt?« Billy hob die Hand. »Sie sind, soweit ich weiß, Mr. Harrow«, stellte Mulholland fest. »Darf ich Sie alle bitten, noch ein wenig Geduld zu haben und zu warten, auch wenn Sie uns bereits alles erzählt haben, was Sie wissen? Meine Beamten werden sich mit jedem von Ihnen unterhalten.«
    »Mr. Harrow.« Mulholland kam auf ihn zu, während das Personal gehorchte. »Ich habe Ihre Aussage gelesen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich ein wenig herumführen würden. Könnten wir dabei die gleiche Route nehmen wie bei Ihrem Rundgang?« Billy sah, dass die junge Beamtin sich wieder entfernt hatte.
    »Was suchen Sie?«, fragte er. »Meinen Sie, Sie finden es ...?«
    Mulholland sah ihn geduldig an, als wäre Billy ein wenig schwer von Begriff. »Beweise.«
    Beweise. Billy fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. Er stellte sich Spuren auf dem Fußboden vor, wo ein raffinierter Flaschenzug gestanden haben könnte. Oder Tropfen von Konservierungsflüssigkeit, die eine Linie bildeten, so aussagekräftig wie Brotkrümel. Klar.
    Mulholland rief ein paar Kollegen zusammen und ließ sich gemeinsam mit ihnen von Billy durch das Gebäude führen. In einer äußerst knapp gehaltenen Parodie auf seine übliche Verfahrensweise lieferte Billy Erläuterungen zu den Exponaten, an denen sie vorbeikamen. Die Beamten pickten das ein oder andere Teil heraus und erkundigten sich, um was es sich jeweils handelte. »Das ist eine Enzym-Lösung«, sagte Billy dann, oder: »Das ist eine Zeittafel.«
    »Alles in Ordnung, Mr. Harrow?«, fragte Mulholland unterwegs.
    »Nun, das ist schon eine ziemlich große Sache, nicht wahr?«
    Aber nicht nur deswegen blickte Billy ständig über seine Schulter. Er
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