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Der Automatische Detektiv

Der Automatische Detektiv

Titel: Der Automatische Detektiv
Autoren: A. Lee Martinez
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EINS
     
    Der Gelehrte Rat hatte eine offizielle Bezeichnung für Empire City:
    Technotopia.
    Schon klar, es war kein echtes Wort, aber darum ging es eben gerade. Der Rat liebte es, Dinge neu zu erfinden, sie zu verbessern und richtig schick zu machen. Natürlich hatte Empire auch noch eine ganze Menge inoffizielle Spitznamen.
    Mutantenburg. Robotville. Die Große Graue Dunstglocke. Die Stadt, Die Niemals Funktioniert.
    Aber Technotopia war die offizielle Parteilinie, in Verbindung mit dem Motto: »Wir bauen die Stadt von morgen. Heute.« Ich denke, alles kam darauf an, welche Vorstellungen man von der Zukunft hatte. Stellte man sich eine glänzende und strahlende Metropole vor, in der alle Probleme der Zivilisation durch die kluge und zufällig auch noch glückliche Anwendung von Wissenschaft, Weisheit und Mitgefühl zu gleichen Teilen gelöst worden waren, dann hatte man wohl Pech. Aber wenn man sich unter der idealen Stadt von morgen eine ausufernde, unpersönliche Großstadt mit um sich greifender Verschmutzung, unkontrollierter Mutation und gefährlicher und unzuverlässiger, bizarrer Wissenschaft vorstellte, dann fühlte man sich hier wahrscheinlich ganz und gar zu Hause.
    Mein Name ist Mack Megaton. Ich bin ein Robo. Oder ein automatischer Bürger, wie der Gelehrte Rat es gern nannte. Es gab drei Klassen von Robotern in Empire. Zunächst die Drohnen: unkomplizierte Modelle, die für banale Aufgaben konstruiert worden waren. Dann gab es die Automatischen: humanoide Modelle, die man für komplexere Arbeiten vorgesehen hatte. Und es gab die Robos: Automatische und Drohnen, die sich als Staatsbürger eigneten. Ich hatte den Robo-Status noch nicht ganz erreicht, aber bisher war meine Bewährungsfrist reibungslos verlaufen und ich war nur noch sechsundvierzig Monate, sechs Tage, vier Stunden und zweiundzwanzig Minuten von diesem Ziel entfernt. Im Augenblick hatte ich also einen eher unklaren Status irgendwo zwischen Automatischem und Bürger inne. Ich durfte nicht wählen, durfte kein öffentliches Amt bekleiden, und wenn der Gelehrte Rat beschloss, einen Widerruf herauszugeben, konnte ich auch nicht viel dagegen tun.
    Ich war gerade einmal zwei Jahre alt und wog kompakte siebenhundertundsechzehn Pfund. Das ist noch leicht, wenn man zwei Meter dreizehn groß ist und ganz aus Metall besteht. Ich konnte mit der Faust Beton durchschlagen und Stahl verbiegen. Nur eine Fliege konnte ich mir nicht binden. Meine Programmierung war auf dem neuesten Stand der Technik: adaptiv, intuitiv, evolutionär. Ich war nicht darauf programmiert zu wissen, wie man ein Taxi fuhr, aber ich kam ganz gut damit klar. Ich war zwar auch nicht dafür konstruiert, Poker zu spielen, aber ich war ein ganz guter Falschspieler, wobei man sagen muss, dass einem Bluffs auch leichter fallen, wenn man über eine Gesichtsplatte ohne Gesichtszüge verfügt. Doch meine künstliche Intelligenz brachte es einfach nicht fertig, ihre binären Einheiten mit der Komplexität zusammenzubringen, die man brauchte, um sich eine Fliege zu binden. Auch meine Hände waren dabei keine große Hilfe. Sie waren nun mal nicht für feinmotorische Aufgaben konstruiert, eher glichen sie Vorschlaghämmern mit Fingern. Aber die Bluestar Taxi Company bestand darauf, dass all ihre Fahrer Fliegen trugen. Wirkliche, waschechte Fliegen. Keine zum Umschnallen. Und genau das brachte mich in den Schlamassel.
    Ein Roboter muss auch seine Rechnungen bezahlen. Echte Rechnungen. Früher wurde ich von einem kleinen Atomenergiekern gespeist. Das war jetzt vorbei. Der Gelehrte Rat hatte ihn als Teil meiner Bewährungsauflagen entfernt. Aber ich verbrauchte täglich weiterhin eine Menge Strom, und der war nicht billig. Nicht in Empire. Es gab kaum genug, um in dieser Stadt durchzuhalten. Meinen gerechten Anteil zu bekommen, um in Betrieb zu bleiben, das kostete eine Menge. So war es ein Glück, dass ich sonst nicht viele Ausgaben hatte, sonst wäre ich nie in der Lage gewesen, mich mit Taxifahren über Wasser zu halten. Unter den gegebenen Umständen musste ich normalerweise mit halber Leistung arbeiten. Früher kam ich mir dabei immer schwergängig vor, aber inzwischen hatte ich mich damit arrangiert.
    Also polierte ich mich jeden Morgen nach meinem Ladezyklus, zog mich an und ging zur Arbeit. Unterwegs hielt ich an der Wohnung meiner Nachbarin an und ließ Julie die Fliege um meinen kaum existenten Hals binden. Ihr machte das nichts aus. Sie war die netteste, warmherzigste Person, die ich in
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