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Der Automatische Detektiv

Der Automatische Detektiv

Titel: Der Automatische Detektiv
Autoren: A. Lee Martinez
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»Hey, Kleine! Wie geht's?«
    Sie versuchte zu lächeln, wischte sich aber eine Träne weg.
    Ich kniete mich hin. »Was ist los?«
    Sie umarmte mich. »Ich habe meinen Daddy umgebracht«, sagte sie leise und erstickt.
    »Es war nicht deine Schuld.«
    »Aber ich wusste, dass sie ihn töten würden. Ich wusste es, als sie uns mitgenommen haben. Aber ich habe zugelassen, dass sie uns mitnehmen, weil ich wusste, dass ich es tun musste. Ich musste es tun.«
    Sie schniefte. Sie weinte nicht richtig, aber sie war kurz davor. Dann klammerte sie sich fester an mich.
    »Ich wusste, dass alle sterben würden. Und ich wusste, dass du es stoppen musstest. Und der einzige Weg, dich dazu zu bringen, es zu stoppen, war, sie uns mitnehmen zu lassen. Sie meinen Daddy umbringen zu lassen.«
    »Na, na, Kleine!« Ich strich ihr vorsichtig über den Rücken. »Du hast getan, was du tun musstest.«
    Leere Worte, das wusste ich. Vor allem für ein kleines Mädchen, dem die Fähigkeit aufgebürdet war, die Zukunft zu sehen. Jetzt hatte ich es verstanden. Das war der Grund, warum sie mich nicht um Hilfe gebeten hatte. Warum sie mir einen Zettel zugesteckt hatte, von dem sie gewusst hatte, dass ich ihn nicht sofort scannen würde. Sie hatte die Zukunft gesehen, eine Zukunft, in der Empire in seinem eigenen technotopischen Irrsinn brannte, und sie hatte gewusst, dass ihr niemand glauben würde. Nicht ihre Mutter, und ebensowenig die Cops oder ich. Sie hatte es eingerichtet, so gut sie konnte, damit ich mitten in einer Alienverschwörung landete. Sie hatte es getan, obwohl sie wusste, es würde ihren Vater töten.
    Das war eine schwere Entscheidung für ein kleines Mädchen, aber sie hatte sie getroffen. Jetzt musste sie herausfinden, wie sie damit leben konnte. Und das war noch schwerer.
    »Was Gavin … deinem Vater passiert ist, hätte nicht passieren dürfen. Aber es ist nicht deine Schuld. Du hast ihm nicht wehgetan. Das waren sehr böse Leute.«
    »Aber mein Daddy …« Sie entzog sich mir und wischte sich mit dem Ärmel unter der Nase entlang. »Ich wusste …«
    »Schhhhht. Komm.« Ich hob sie hoch und ging zum Balkon hinüber. »Siehst du diese Stadt? Schau dir all die Lichter an. Jedes von diesen Lichtern ist eine Person, jemand, dem du geholfen hast. Kannst du sie alle zählen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Das sind eine Menge Leute, nicht?«
    Sie nickte.
    »Eine Menge Familien. Eine Menge Väter, wette ich.«
    »Mhmmmm.«
    »Und dein Bruder. Was ist mit ihm? Ihm hast du auch geholfen, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Und deiner Mom. Und mir. Mir hast du auch geholfen.«
    »Wirklich?« Misstrauisch verengte sie die Augen. »Wie?«
    »Du hast mir gezeigt, dass ich auch Leuten helfen kann.«
    Sie lächelte, ganz leicht.
    »Du hast das Richtige getan, Kleine. Es ist nicht immer leicht, das Richtige zu tun. Eigentlich ist es das fast nie. Die meisten Erwachsenen schaffen es nicht, es zu tun, wenn es sein muss. Dein Vater wäre stolz auf dich, weil du so ein großes Mädchen bist.«
    Am Balkoneingang scannte ich Lucia. Sie lächelte auch, und ihre Augen waren feucht.
    Ich wollte die Träne von Aprils Wange wischen, vertraute meiner Feinmotorik aber noch nicht genug, um es zu versuchen.
    »Glaubst du wirklich, mein Daddy wäre stolz auf mich?«
    »Ja, Kleine. Das weiß ich. Denn deine Mom und dein Bruder und ich, wir sind alle sehr, sehr stolz auf dich. Lucia auch.«
    »Das stimmt, Süße.« Lucia kam herüber und nahm mir April ab. Sie umarmte sie fest. Die Art von Umarmung, von der ich wünschte, ich könnte sie ihr geben, ohne sie zu zerquetschen. Dann setzte sie sie ab und umarmte sie noch einmal. »So, willst du dir jetzt nicht ein Stück Kuchen holen?«
    April wickelte eine ihrer winzigen Hände um meinen Daumen. »Mack, ich hab dich lieb!«
    »Ich hab dich auch lieb, Kleine.«
    Sie sah Lucia an. »Bist du Macks Freundin? Du bist hübsch!«
    »Und klug«, sagte ich.
    Lucia beugte sich vor und gab April einen Klaps auf den Po. »Na los, Kleine!«
    April ging und gesellte sich zu ihrer Mutter und ihrem Bruder in der Wohnung. Sie hatte noch nicht zu ihrem hüpfenden Gang und zu dem Glänzen in ihren Augen zurückgefunden. Aber sie war noch jung, und Kinder waren robust. Sie umschlang Holt in einer Umarmung. Er umarmte sie wieder.
    Julie blickte durch das Apartment und weinte ebenfalls ein wenig. Schien an diesem Abend die Runde zu machen. Sie schickte mir ein tonloses »Danke«. Ich nickte ihr zu.
    »Du kannst gut mit Kindern umgehen, Mack«,
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