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Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen
Autoren: Pam Jenoff
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die Bewegung aktiv. Aber Stanislaw ist doch sicher kein … ich will ihn gerade fragen, da beugt er sich über die Rückenlehne und gibt mir die Hand. “Viel Glück”, sagt er.
    Ja, er hat recht. Es ist besser, manche Dinge nicht auszusprechen. Ich ergreife seine Hand, dann beuge ich mich etwas ungeschickt nach vorn und gebe ihm einen Kuss auf seine glatte, volle Wange. “Gott beschütze Sie.” Ich steige aus und drücke die Tür leise ins Schloss.
    Mit zügigen, fast lautlosen Schritten biege ich um die Ecke in die verlassene Straße ein, bleibe aber gleich wieder stehen, als ich zu meiner Überraschung in Krysias Haus alle Lichter brennen sehe. Selbst wenn sie schon wach sein sollte, würde sie nur die Lampen anmachen, die unbedingt nötig sind. Etwas stimmt da nicht, und ich renne los.
    Nach einigen Metern muss ich unvermittelt innehalten, da ich ein Militärfahrzeug vor dem Gebäude parken sehe. Jemand ist ins Haus gekommen, wird mir bei diesem Anblick klar. Mir gefriert das Blut in den Adern: Die Gestapo ist zurück.
    Was soll ich nur machen? Ich muss Krysia und Łukasz helfen, aber wie? Ich kann nicht einfach mitten in der Nacht mit einem blutverschmierten Kleid ins Haus kommen und fragen, was dort los ist. Das würde mehr Fragen nach sich ziehen, als ich beantworten könnte. Ich überlege, ob ich weglaufen soll. Wer überleben kann, muss auch überleben, hat Marta gesagt. Andererseits kann ich Krysia und Łukasz nicht im Stich lassen. Ich muss irgendetwas unternehmen. Verzweifelt verstecke ich mich hinter einer Hecke.
    In geduckter Haltung bewege ich mich um das Grundstück herum bis zum Garten hinter dem Haus, so wie es Jozef in jener Nacht tat, als er mich aus dem Ghetto zu Krysia brachte. Ich werfe einen Blick durch das Fenster in der Diele, doch da ist niemand. Sie müssen oben im ersten Stock sein. Ich mache einen langen Hals, um sehen zu können, was sich dort oben abspielt, kann durch die Vorhänge aber nur die Köpfe von mindestens zwei Männern ausmachen. Was sie tun, entzieht sich meinen Blicken. Ich ziehe mich in den Schutz der Büsche zurück und überlege krampfhaft, was hier los ist. Warum sind diese Männer hier? Sollten sie etwa wissen, was dem Kommandanten zugestoßen ist, und nach mir suchen? Nein, das ist unmöglich. Erstens können sie in der kurzen Zeit diesen Zusammenhang überhaupt nicht hergestellt haben, zweitens können sie nicht vor uns eingetroffen sein. Vielleicht sind es die beiden Gestapo-Leute vom letzten Mal, die ihre Drohung wahrgemacht haben und mit weiteren Fragen hergekommen sind. Ich sehe zur Laube, die einer der beiden Männer beim vorherigen Besuch unbedingt hatte inspizieren wollen, aber die Tür ist verschlossen. Vielleicht hat jemand aus der Bewegung meinen Fluchtplan verraten, und sie sind hier, um mein Entkommen zu verhindern?
    Ich sollte Hilfe holen, geht es mir durch den Kopf, doch dann muss ich stumm auflachen. Da ist niemand mehr, der mir helfen könnte. Ich denke zurück an Marta, die mit der Waffe in der Hand auf der Brücke kauerte und bereit war, im Kampf zu sterben. Sie hätte gewusst, was zu tun ist.
    In diesem Moment erinnere ich mich an die Pistole des Kommandanten. Fast hätte ich vergessen, dass sie in meinem Rockbund steckt. Ich ziehe sie, aber ich habe noch nie in meinem Leben eine Waffe abgefeuert, sodass ich keine Ahnung habe, ob ich das überhaupt kann. Der Kommandant hat zwei Schüsse abgegeben, also sollte ich noch Munition für vier Schüsse haben. Nachdenklich drehe ich die Pistole in der Hand hin und her. Plötzlich höre ich einen lauten Knall aus dem ersten Stock und zucke vor Schreck zusammen. Irgendetwas ist passiert, ich muss ins Haus und sehen, was dort los ist. Ich lege einen Finger an den Abzug der Waffe und halte sie vor mich, während ich um die Ecke laufe. Kurz bevor ich an der Tür angelangt bin, höre ich Schritte. Jemand kommt die Treppe herunter. Mit einem hastigen Satz nach hinten bringe ich mich in Sicherheit und warte ab.
    Durch das Fenster sehe ich drei Gestapo-Leute in die Diele kommen. Keiner von ihnen war beim letzten Mal hier. Die Haustür wird geöffnet. “Die alte Frau hat gelogen”, höre ich einen der Männer sagen, als sie den Garten betreten. O Gott, sie haben Krysia verhört. Ich frage mich, ob sie Łukasz gesehen haben.
    “Ich glaube nicht, dass sie noch mehr wusste”, meint ein anderer. Seine Stimme klingt leiser, folglich entfernen sie sich von mir und bewegen sich in Richtung Gartentor.
    Der erste
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