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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3
Autoren: franklin
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unwillig …«
    Henry wandte sich einem Pagen zu, der auf dem Boden hockte. »Hol einen Block! Und hol Fulk zurück! Sag ihm, er soll eine Axt mitbringen!«
    Bis auf das schluchzende Flehen der Mutter wurde es still im Zelt. Ab und an ließ der Wind von draußen die brennenden Scheite im Kohlebecken aufflammen, sodass sich die Schatten der Männer, die drum herumsaßen, deutlich abzeichneten und dann wieder verblassten.
    Es roch nach zertretenem Gras, Schweiß und Stahl. Als der Arzt und sein Helfer eintraten, brachten sie den Geruch von angetrocknetem Blut mit herein, mit dem ihre Hände und Schürzen befleckt waren.
    »Wie steht es um De Boeuf?«, fragte der König.
    »Ich habe Hoffnung für ihn, Mylord. Mit dreißig Stichen genäht, ja, aber dennoch, ich habe Hoffnung.«
    »Und Sir Gerard?«
    Der Arzt schüttelte den Kopf. »Leider nein, Mylord.«
    »Verdammt«, sagte der König. Als der Arzt seinen Arm nahm, um ihn zu untersuchen, riss er ihn weg. »Kümmert Euch zuerst um den Bischof! Sein Bein muss ausgebrannt werden.«
    »Euer Arm ebenfalls, Mylord. Die Wunde ist tief.« Der Arzt nahm den Schürhaken des Kohlebeckens und schob ihn in die glühende Asche.
    In Begleitung des Pagen, der sich mit einer Axt abschleppte, kam Fulk herein, einen drei Fuß langen Holzstamm in den Armen wiegend wie einen Säugling. Er stellte ihn auf den Boden, nahm dem Pagen die Axt ab, und auf ein Nicken des Königs hin schleifte er den Gefangenen zum Block und schüttelte ihn so kräftig, dass er davor auf die Knie sank. Dann zeigte er ihm die Axt. Die Schneide schimmerte im Licht des Feuers.
    »Schafft die Frau raus!«, sagte Henry. »Nein, zuerst brauchen wir den Namen des Burschen.«
    »Rhys«, sagte der Übersetzer.
    »Nun denn, Rhys …« Er musste abwarten, bis der Page die kreischende Waliserin mit einiger Mühe aus dem Zelt geschleift hatte. »Erzähl mir von Arthur!«
    Die Augen des Gefangenen blinzelten vor Entsetzen. Er war ein großer, schlaksiger Mann, vermutlich in den Dreißigern, mit unschönen Zähnen und zotteligem blondem Haar. Doch er hatte eine einnehmende Stimme, mit der er, nachdem er, von seinen Kameraden getrennt war, Fragen beantwortete, während die Klagen seiner Mutter draußen vor dem Zelt zu hören waren und die Schneide der Axt beinahe seine Nase berührte.
    Nein, nein, er hatte nicht zusammen mit den Rebellen gekämpft, jedenfalls nicht richtig. Sie hatten ihn mitgenommen, damit er ihren Heldenmut in Liedern besang. Er persönlich war mit König Henry Plantagenet als Herrscher vollauf zufrieden. Was für ein schöner Name für ein Ruhmesgedicht, das er jederzeit gerne verfassen würde. Ja, ja, er hatte ein Jahr als Laienbruder in England verbracht, in Glastonbury. Sein Onkel Caradoc ap Griffudd war dort Mönch gewesen, versteht Ihr, aber er, Rhys ap Griffudd ap Owein ap Gwilym …
    Fulk ohrfeigte ihn.
    … hatte seine Berufung eher in der Welt der Barden gesehen und war zurück nach Wales gewandert, um das Harfespiel zu erlernen. Und er war tatsächlich ein sehr guter Barde geworden, oh ja, sein »Marwnat Pwyll« – äh, das hieß »Totenlied für Pwyll« – galt als eine der schönsten Kompositionen, seit Taliesin sein …
    Fulk ohrfeigte ihn erneut.
    »Ach ja, nun gut, die Vision. Dabei wurde Arthurs Sarg beerdigt und betrauert. Mein Onkel Caradoc hatte sie. Das war kurz nach dem Erdbeben, wisst Ihr, und das war schrecklich gewesen, der Boden schwankte wie ein Schiff …«
    Ihn zu ohrfeigen war nutzlos. Der Mann schien nicht verstockt, er war schlicht unfähig, bei der Sache zu bleiben. Man musste einfach Geduld haben.
    Schließlich sagte der König matt: »Dein Onkel hatte also eine Vision von Arthurs Beerdigung. Auf dem Friedhof der Mönche von Glastonbury, zwischen den beiden Pyramiden.«
    »Ja, ja, sehr alt, diese Pyramiden, sehr fremdartig …«
    »Schaff ihn weg, Fulk! Und halte ihn vorsichtshalber von den anderen getrennt! Die werden nicht gut auf ihn zu sprechen sein.« Henry wandte sich an seinen Bischof. »Was denkt Ihr, Rowley?«
    Die Aufmerksamkeit des Bischofs von St. Albans wurde gerade von der Zange in Anspruch genommen, die Stückchen des Kettenpanzers aus seinem Bein zupfte.
    Er überlegte. »Es gibt wahre Visionen, das will ich nicht bestreiten, doch ein sterbender alter Mann …«
    »Aber lohnt es sich, Glastonbury davon zu unterrichten?« Sein Bischof zauderte, und der König fuhr fort: »Ich brauche einen toten Arthur, mein Sohn. Falls da unten in diesem Spalt
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