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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3
Autoren: franklin
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Arthur tot?
    Die Erde erzitterte wieder, leicht, wie ein Hund, der sich schlafen legt. Caradoc hörte andere Stimmen, und diesmal riefen sie seinen Namen. Ein Arm schob sich unter seinen Kopf. »Sie begraben König Arthur«, sagte er. »Drei seiner Lords in Kapuzenmänteln, dort drüben.«
    »Ganz ruhig, Onkel!«, erwiderte Rhys und rief den Hügel hinauf den anderen suchenden Mönchen zu: »Ich hab ihn gefunden. Hier, er ist hier.«
    »Schau, Junge!«, sagte Caradoc. »Zwischen den Pyramiden, in den Spalt. Ich habe gesehen, wie sie den Sarg hinabließen. Ich habe ihr Wehklagen gehört.«
    »Eine Vision, ja?«, fragte Rhys, der zum Friedhof hinüberspähte und nichts sah.
    »Eine Vision, klar wie der helle Tag«, sagte Caradoc. »Es ist traurig, dass Arthur tot ist.«
    »Still jetzt, Onkel!«, sagte Rhys. »Gleich kommt Hilfe.« Um den alten Mann zu beruhigen und zu trösten, begann er zu singen, kein Kirchenlied, sondern ein Lied, das walisische Mütter ihren Kindern vorsangen – ein Lied über Arthur Pendragon.
    … als Minnegesang im Land erklang
    und das Wetzen von Schwertern,
    das Schlagen von Rudern auf dem Weg in den Hafen,
    das Murmeln von Wasser in der Meereshöhle …
    Caradocs Augen schlossen sich, und er lächelte. »Gut, gut«, flüsterte er. »Dann werde ich zumindest dort ruhen, wo König Arthur ruht. Bin ich nicht so allein.«
    Als die anderen Mönche dazukamen, sang Rhys noch immer und wiegte einen Toten in den Armen.
    Sie bestatteten Bruder Caradoc am nächsten Morgen. Falls es je einen Erdspalt im Friedhof gegeben hatte, so war er durch das letzte Nachbeben wieder geschlossen worden, denn es war nichts mehr davon zu sehen.
    Und Rhys ap Griffudd erzählte niemandem, was sein Onkel gesehen hatte. Rhys, der sich nicht für das Leben als Mönch eignete und nun wusste, dass er nie einer werden würde, war mit ganzer Seele Waliser, und diese Engländer sollten nicht erfahren, dass Arthur tot war.
    So bewachten die beiden Pyramiden zwanzig Jahre lang den Ort, an dem Arthur vor den Augen eines alten Mönchs begraben worden war, und niemand wusste um die Bedeutung dessen, was zwischen ihnen lag.
    Bis …
     
    März, A. D. 1174, und Sturm brauste durch eine Schlucht in Wales, blies Schilfrohrhalme und Fackelflammen in dieselbe Richtung wie die flatternden Haare auf den abgetrennten Köpfen auf den Spitzen einer Reihe von Pfählen, die zu den Zelten von Henry Plantagenet führte. Der Wind ließ Gras, Blätter und Äste in stürmischem Einverständnis nicken.
    Mit der Eisenspitze durch ihre walisischen Hirne konnten die Köpfe nicht nicken, doch sie drehten sich leicht, sodass ihre leeren Augen wanderten, als wollten sie nicht nur den Grund der Schlucht beobachten, wo englische Soldaten Gräber aushoben, sondern auch eine humpelnde Gestalt im Kettenpanzer, die eine Frau den steilen Hang zu den Zelten hinaufzerrte.
    Als die Frau auf einer Höhe mit den Pfählen war, brach sie auf Walisisch in Wehklagen aus, starrte jeden Kopf an und rief irgendwas, das vermutlich ein Name war.
    Der Gepanzerte blieb stehen und rang nach Luft – die Frau war beleibt, und er hatte Mühe, sie hinter sich herzuziehen. »Hör mal«, sagte er, »die wurden im Kampf getötet. Im
Kampf.
Verstanden? Meine Leute haben bei den Leichen ein bisschen über die Stränge geschlagen, mehr nicht. Der König lässt keine Gefangenen enthaupten, jedenfalls nicht oft – er ist ein guter König.
Gut.
«
    Aber die Frau verstand ihn nicht, ganz gleich, wie laut und deutlich er sprach.
»Duw, Duw«,
schrie sie und reckte die Arme zum Himmel. Der Mann musste hinter sie treten und sie anschieben, damit sie weiterging.
    Der Eingang des größeren Zeltes war von innen erhellt und ließ die Umrisse Henrys II . erkennen. Er war ebenfalls in Kettenrüstung, schrie ebenfalls laut, aber vor Wut. Diese galt einer Reihe von gefesselten Männern, die man vor ihm auf die Knie gezwungen hatte, während ein Waffenknecht das Kettenhemd des Königs hinten löste und es ihm behutsam abnahm.
    »Das hat doch alles keinen Sinn, ihr blöden Sauhunde. Keinen
Sinn!
« Zu dem Übersetzer an seiner Seite sagte der König: »Erklär ihnen das! Erklär ihnen, dass ich mit ihrem Lord Deheubarth, oder wie auch immer der Mistkerl sich ausspricht, Frieden geschlossen habe. Mit mir als ihrem König müssen sie nicht mehr Steuern zahlen, als sie ihm bisher bezahlt haben.« Er stockte. »Jedenfalls nicht viel mehr.« Er drückte sich einen Lappen auf den linken Arm, um die Blutung
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