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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Rebecca Gablé
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stand mit auf dem Rücken verknoteten Händen vor dem Tisch und starrte auf Rupert hinab. Ihre bleichen Lippen bewegten sich, als versuche sie erfolglos, etwas zu sagen.
    Untypisch behutsam ergriff Francis ihren Ellbogen, aber ermachte keine Anstalten, sie wegzuziehen, sondern murmelte: »Ja, schau ihn dir nur genau an. Siehst du? Er kann dir nichts mehr tun.«
    Sie wandte ihm plötzlich das Gesicht zu, als habe sie seine Anwesenheit erst jetzt richtig wahrgenommen. »Francis …«
    Er hob ergeben die Schultern und grinste, sehr zufrieden mit sich, so schien es.
    »Wie kommst du hierher?«
    »Durchs Fenster natürlich. Ich wollte etwas mit dir bereden und kam gerade vorbei, und es schien das Einfachste … Na ja, glückliche Fügung. Es war mir eine Ehre, Euch zu Diensten zu sein, Madam.« Er machte eine kleine spöttische Verbeugung, und Annot kicherte.
    Sie unterdrückte es gleich wieder, denn es klang verdächtig hysterisch. Aber ein kleines Lächeln blieb. Francis’ Kaltblütigkeit hatte ihr immer schon gefallen. Jetzt gab sie ihr Sicherheit und half ihr, den Schock dieser plötzlichen Heimsuchung zu überwinden.
    Zögernd sah sie wieder auf Rupert hinab. Die Augen waren weit aufgerissen und schienen immer noch boshaft zu funkeln, das Gesicht war eine starre, grinsende Fratze.
    Francis wies nachlässig auf das, was aus der aufgeschnürten Hose ragte, und bemerkte: »Nun sieh ihn dir an, diesen Hundesohn. Er kommt mit einem gewaltigen Lustzapfen ins Jenseits und wird allerhand zu erklären haben.«
    Annot musste schon wieder glucksen. Dann wandte sie sich ab, aber ihre Knie schlotterten nach wie vor, sie taumelte, und Francis fing sie bereitwillig auf. Er fand außerordentlichen Gefallen an der Rolle, in die er hier so unvermutet gestolpert war. Und sie diente seinen Absichten.
    Annot hatte das Gesicht an seine Schulter gepresst, eine Hand in die unmöglichen roten Locken gekrallt, und weinte ein bisschen. Aber sie riss sich bald wieder zusammen, denn wenn sie jetzt alles hätte beweinen wollen, was Rupert Hillock ihr angetan hatte, dann hätte es weiß Gott lange gedauert, und das wollte sie Francis nicht zumuten.
    »Ich … ich bin dir so dankbar.«
    Er winkte großspurig ab. »Komm. Überlassen wir Hillock sich selbst. Kein Anblick für eine Dame.« Er legte den Arm um ihre Schultern und führte sie zur Tür.
    »Was soll jetzt mit ihm werden?«, fragte Annot ein wenig verzagt.
    »Heute Nacht lasse ich ihn abholen, und er wird spurlos verschwinden. Ich nehme nicht an, dass irgendwer ihn sonderlich vermissen wird, nicht wahr?«
    Sie atmete tief durch und trat mit ihm auf den stillen Korridor hinaus. Während sie sorgsam die Tür absperrte, fragte sie über die Schulter: »Du wolltest etwas mit mir besprechen?«
    Er nickte. »Ich wollte dich fragen, ob du mich vielleicht heiraten möchtest.«
    »Wie bitte?« Annot sah ihn ungläubig an.
    »Du hast mich verstanden. Es ist mein Ernst, weißt du.«
    »Also manchmal bist du doch wirklich wunderlich. Wieso in aller Welt sollte ich heiraten?«
    »Wieso nicht? Warum willst du immer allein bleiben? Du könntest es weitaus schlechter antreffen als mit mir.«
    »Ah ja?« Ihre Augen funkelten. »Dann lass hören, was so sehr für dich spricht.«
    Mit langen Schritten ging er neben ihr her die Galerie entlang, zählte seine Vorzüge auf, und ihm war gleich, wer ihn hörte.
    »Ich biete dir meine Freundschaft und Ergebenheit«, erklärte er, als sie die kleine Halle im Erdgeschoss betraten.
    »Aber die habe ich auch so schon«, entgegnete sie und reichte ihm einen Becher Wein.
    Er trank durstig und lautstark. »Dann meinen Schutz, den du offenbar nötig hast.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Jetzt nicht mehr.«
    »Oh, komm schon. Hillock ist nicht der einzige Kerl, der Grund hätte, einen Groll gegen dich zu hegen. Du weißt zu viel über zu viele mächtige Männer. Das ist gefährlich.«
    »Ich bin daran gewöhnt.«
    »Na schön. Dann biete ich dir die Hälfte all meiner gestohlenen Reichtümer.«
    »Das klingt nicht schlecht. Aber ich habe genug Geld, Francis.«
    »Herrgott noch mal«, knurrte er, trat zu ihr und zog sie ein wenig stürmisch an sich. Ihre Nackenhaare sträubten sich. Der Schrecken war noch zu gegenwärtig, und im Augenblick wäre es ihr lieber gewesen, kein Mann hätte sie angefasst, aber sie ließ es sich nicht anmerken. Er spürte es trotzdem irgendwie, ließ sie wieder los und hob die Hand zu einer Geste, die einer Entschuldigung gleichkam.
    Dann strich er
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