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Der König der Narren

Der König der Narren

Titel: Der König der Narren
Autoren: Tanja Kinkel
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hatten sie und Kunla hin t er dem Stein im Graben gehockt, aber nun erhob sie sich.
    Kunla zögerte. » W as ist, wenn sie krank sind?«, fragte er. » W ir sollten die G arde holen.«
    » W enn du nicht selbst etwas unte r nimmst, wirst du nie mit einem Tross reisen dürfen«, gab Res heftig zurück und stellte fest, dass sie ärge r lich war, weil es nicht stim m t e. Kunla, der vorsic h tige, zurückhalten d e Kunla, würde d i e Ebene v o n Kenfra in jedem Fall verlassen dürfen, wenn er wollte. Er würde s e inen er s ten Reisezug b egleiten, sobald sein Vater entschied, dass er alt genug w ar, zu m al er sich ohne sie, die ihn hin und wieder zu W i dersetzlichkeiten anstiftete, nie eine unüberlegte Handlung zuschulden kom m en ließ. Er würde seinen Vater m it Stolz und Zufriedenh e it erfüllen. Kunla stand die W elt offen, und das Schlim m s te war, dass sie ihn noch nicht ein m al darum beneiden konnte, ohne sich zu schä m en. Kunla war ihr einziger Freund; die Mädchen, d i e sie kannte, verstanden nicht, warum sie nicht glücklich und dankbar war, eine W eberin werden zu dürfen, und die anderen Jungen wären nie bereit gewesen, m it einem Mädchen zu spielen. Ohne Kunla und seine verlässliche Freundschaft wäre sie in Siridom völlig all e in g e wesen, vor allem in den let z ten Jahren, seit sie beide begonnen h a tten, im m er rascher zu w achsen. Sie schä m te sich dafür, dass sie m anch m al vor Eifersucht fast erstickte, wenn sie daran dachte, dass Kunla fast alles, was ihr verboten war, eines T ages in den Schoß fallen würde.
    D a m it er nicht m erkte, was ihr durch den Kopf ging, rannte sie die paar Schritte zu d e m Tross und ergriff die losen Zügel des vordersten Laufvogels. Es war nicht schwer, i hn zum Stehen zu bringen; die Tiere waren erschöpft. Sie schnalzte beruhigend m it der Zunge. Kunla, der ihr langsa m er gefolgt war, ging um den ersten W agen heru m .
    So nah neben den Vögeln wur d e Res bewusst, dass noch etwas fehlte. Die Ankunft des Trosses hatte keine neuen Gerüche m it sich gebracht; sie roch das morgenfeuchte Gras zu beiden Seiten der Straße, und die aufkomm e nde Brise trug etwas von den beißenden Schwaden m it sich, die aus den Far b m i schtrögen im Innern des Ortes strö m t en. Aber die Vögel, die dir e kt neben ihr standen und leicht zitterten, roch sie nic h t. Die W agen hätten genauso gut nicht da sein können. Sie spürte, wie sich die Haare auf ihrem A r m aufstellten.
    Kunlas Sti mm e klang leicht ersti c kt. »Sie sind alle leer«, rief er. Res stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte dem Laufvogel, dessen Zügel sie hielt, in die A ugen zu schauen. Laufvögel sprachen nor m alerweise n ic h t m it anderen Phantásiern, aber s ie v ersta n den Anweisungen und daher bestimmt auch Fragen. »Was ist geschehen ? «
    Der Laufvogel senkte den Kopf, und als sein Blick sie tra f , tr a t Res unwill k ürlich einen Schritt z u r ü ck. Statt in runde, dunkle Augen, wie sie erwartet hatte, schaute s i e in zwei blass g raue Löcher.
    Verblasst, dachte Res, und ihr w u rde kälter und kälter. Das ist das ric h tige W ort für diesen Tross. Verblasst, nicht ganz hier, wie eine Blu m e, aus der Duft und Farben herausgepresst worden waren, oder wie eine alte Erinnerung.
    Sie konnte den Blick des Vogels nic h t länger aushalt e n, fasste sich ein Herz und kletterte in den W agen hinein. W ie Kunla gesagt hatte, schien er leer zu sein, aber die Stille und Dunkelheit fühlten sich ähnlich verblasst an. Sie erkannte drei große W eidenkörbe im hinteren Teil des W agens.
    »Komm da raus«, sagte Kunla plötzlich. Er m us s te erneut um den Wagen herumgegangen sein, denn seine Stim m e kam nun von vorne.
    »Res, wir sollten wirklich die Garde holen.«
    Die W eidenkörbe erschienen ihr fes t er, wirklicher als alles andere in diesem Wagen. Vorsichtig str e ckte sie eine Hand aus und fühlte die gefloc ht enen Zwei g e unter ihren Fingerspitzen. Es war alles ganz gewöhnlich, bis der Korb begann, sich unter ihrer Hand zu bewegen. Unwillkürlich schrie Res auf und zuckte zurück.
    »Res ? «
    Sie hörte, wie Kunla in den W agen kletterte, a b er sie brac h te es nicht fertig, die Augen von dem Weidenkorb zu wenden.
    »Res, ist dir etwas geschehen ? «
    Scham und Dankbarkeit erfüllten sie von n e u e m . Kunla wollte nichts lieber, als den Tross sich selbst überlassen und die Garde holen, aber w enn er glaubte, dass sie Hilfe brauchte, dann stürzte er sich
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