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Traeume aus der Ferne

Traeume aus der Ferne

Titel: Traeume aus der Ferne
Autoren: Alexandra Liebert
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Das zweite Leben
    I mmer wenn ich unter der Dusche stand, klingelte es an der Tür.
    Für eine Sekunde überlegte ich, ob ich es einfach ignorieren sollte. Aber dann siegte doch meine Neugierde. Ich trocknete mich ab, stieg in meine kurze Hose und warf mir ein T-Shirt über.
    »Du?« brachte ich gerade noch so hervor, bevor mir die Kinnlade herunterklappte.
    »Schön, dass du dich noch an mich erinnerst«, begrüßte mich Linda mit einem schiefen Lächeln.
    Linda! Wie oft hatte ich schlaflose Nächte wegen dieser Frau gehabt. Wie oft hatte ich mir gewünscht, in ihren Armen einschlafen zu dürfen.
    Wir waren die besten Freunde gewesen, die man sich nur vorstellen konnte. In meinen Augen waren wir füreinander geschaffen. Sie war meine Traumfrau.
    Nachdem ich mir meiner Gefühle für sie bewusst geworden war, hatte ich sie erst einmal monatelang für mich behalten. Ich hatte Angst, unsere Freundschaft zu zerstören, wenn ich ihr meine Liebe gestand. Selbst wenn ich manchmal das Gefühl hatte, dass sie auch mehr für mich empfand, gab sie mir eigentlich stets zu verstehen, dass sie niemanden an sich heranlassen würde.
    Doch eines Tages hielt ich es nicht mehr aus. Ich fasste den Entschluss, es ihr zu sagen. Also lud ich sie zum Essen zu mir ein. Als sie kam und den festlich gedeckten Tisch mit dem Kerzenlicht sah und die romantische Musik hörte, hatte ich den Eindruck, sie wäre am liebsten sofort wieder auf und davon. Ich sah regelrechte Panik in ihren Augen, wusste es aber nicht so richtig zu deuten. Statt dessen versuchte ich durch eine witzige Bemerkung die Stimmung zu lockern, was mir auch einigermaßen gut gelang. Das Essen war dann auch sehr angenehm und entspannt. Anschließend sah ich Linda über den Tisch hinweg tief in die Augen. Sie versuchte mir immer auszuweichen. Ich griff nach ihrer Hand, streichelte sie sanft mit meinem Daumen. Ich stotterte herum wie ein Teenager, und es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich die Worte »Ich liebe dich« endlich über die Lippen brachte.
    Linda zog abrupt ihre Hand weg, fing fürchterlich an zu weinen und stand auf. Sie sagte nur: »Du darfst mich nicht lieben«, und rannte aus der Wohnung.
    Ich habe sie nie mehr wiedergesehen. Obwohl ich alles mögliche versucht hatte, konnte ich nichts in Erfahrung bringen. Keiner ihrer Freunde schien irgend etwas zu wissen. Nach einigen Wochen kam schließlich ein Brief von ihr, ohne Absender. Darin stand nur: Hör auf, nach mir zu suchen. Glaub mir, es ist besser so!
    Das war jetzt fast zwei Jahre her.
    Und nun stand sie vor mir.
    »Störe ich?«
    Erst jetzt wurde mir bewusst, dass wir immer noch an der Tür standen.
    »Soll ich lieber wieder gehen?« fragte Linda nun etwas unsicher.
    »Nein, nein. Tut mir leid. Komm rein.«
    Linda ging an mir vorbei und stand dann etwas unschlüssig im Gang.
    Ich ging voran in die Küche. »Hast du Lust, mit mir zu frühstücken?«
    Eigentlich wollte ich fragen: Was in aller Welt fällt dir ein, nach zwei Jahren hier wieder aufzutauchen und mich so aus der Bahn zu werfen? Wie kannst du hier einfach aufkreuzen, nachdem du mich damals so im Regen hast stehenlassen?
    Statt dessen war ich ganz ruhig. Ich war gespannt, wieso sie hergekommen war. Was sie mir zu sagen hatte.
    »Eine Tasse Kaffee würde mir genügen.«
    Also setzte ich den Kaffee auf und werkelte so lange mit Tassen, Löffeln und Zucker herum, bis er durchgelaufen war. Ich stellte uns beiden Kaffee auf den Tisch, nahm einen Schluck und schaute Linda herausfordernd an.
    »Ich weiß, du erwartest eine Erklärung von mir. Und genau deshalb bin ich ja auch hier. Aber bevor ich dir das erzähle, möchte ich dir noch etwas anderes sagen. Es hat mir damals das Herz gebrochen, dich einfach so sitzenzulassen. Aber unter diesen Umständen . . . wenn ich geblieben wäre . . . glaube mir . . . du hättest noch viel mehr gelitten, als es so schon der Fall war.«
    »Wieso konntest du nicht einfach sagen, dass du mich nicht liebst? Glaubst du wirklich, das wäre schlimmer für mich gewesen als diese Situation, in der du mich einfach alleingelassen hast? Denkst du, ich wäre damit nicht klargekommen? Denkst du, ich hätte dich bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit angemacht?«
    »Wieso ich dir nicht einfach gesagt habe, dass ich dich nicht liebe?« Linda verzog ihren Mund zu einem müden Lächeln. Sie hielt sich krampfhaft an der Kaffeetasse fest.
    »Weil ich dich geliebt habe. So sehr, wie ich noch nie einen Menschen geliebt
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