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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Autoren: Charlotte Thomas
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Herrn, und was ich für ein Glück hätte, dass mein Onkel alles so vorausschauend für mich geregelt habe. Um nichts müsse ich mich selbst kümmern, alles werde von guten und weisen Menschen in die Hand genommen.
    Meine vorsichtigen Versuche, diese Pläne infrage zu stellen, wurden sofort mit freundlichen, aber bestimmten Worten unterbunden. In meinem jugendlichen Alter, so wurde mir erklärt, habe ein Mensch noch kein eigenes Entscheidungsrecht. Das gelte umso mehr für mich, der ich, unbeleckt von allen Einwirkungen der Zivilisation, in der Einöde aufgewachsen und folglich noch viel unerfahrener als andere Burschen meines Alters sei.
    Nicht einmal den Zeitpunkt des Aufbruchs durfte ich mitbestimmen. Gleich nach dem Morgenmahl würde es auf die Reise gehen, Paulina hatte bereits in aller Frühe meine Sachen packen müssen.
    Der Prior, der mir mittlerweile als Bruder Hieronimo vorgestellt worden war, beobachtete sie wohlwollend bei ihren Verrichtungen an der Kochstelle. »Sagte ich Euch bereits, dass Euer Rührei köstlich ist, Monna Paulina?«
    Sie nickte mit roten Wangen, blieb aber stumm, offenbar furchtsam darauf bedacht, keinen Unwillen zu erwecken. Von meinem Horchposten oben an der Treppe hatte ich vorhin mitbekommen, wie der Notar – sein Name war Barbarigo – sie davon unterrichtet hatte, dass künftig das Landgut unter seiner Mitverwaltung stehe und noch entschieden werden müsse, wer vom Gesinde hierbleiben dürfe.
    Nach dem Essen verschwanden die Männer der Reihe nachin Richtung Abtritt, während es für mich ans Abschiednehmen ging. Mein Reisesack war bereits in die Kutsche verfrachtet worden, und ich selbst stand auf meine Krücken gestützt in der Küche und rang mit den Tränen. Ich verlor den Kampf schon, bevor Paulina mich weinend in die Arme nahm und mir beteuerte, wie lieb sie mich habe, mindestens so sehr wie einen eigenen Sohn, und wie sehr sie hoffe, dass ich in der Fremde bei den frommen Mönchen glücklich sein möge.
    Pater Anselmo kam vom Abtritt zurück. Bedrückt legte er mir die Hand auf die Schulter. »Mein lieber Junge, ich weiß, dass dein Onkel Vittore im Laufe des letzten Jahres seine Pläne geändert hatte, doch blieb ihm nicht mehr die Zeit, seine Anordnungen über deine weitere Erziehung zu widerrufen. Immerhin kann ich zu deiner Beruhigung sagen, dass er diesen beiden Männern vertraut hat, sonst hätte er es ihnen nicht überlassen, sich um dich zu kümmern. Dabei bist du im Grunde bereits ein Mann, stark und mutig genug, dein Leben selbst in die Hand zu nehmen und für dich einzustehen. Zögere nicht, genau das zu tun, wenn dir die Zeit dafür gekommen scheint! Erweise dich als der kluge und tapfere Bursche, zu dem dein guter Onkel dich herangezogen hat!« Pater Anselmo wiegte den Kopf, als glaubte er selbst nicht so recht, was er eben gesagt hatte. »Nun ja, wirkliche Lebenserfahrungen konntest du hier draußen so fernab der Welt nicht sammeln. Eigentlich überhaupt keine. Aber es wird sich schon alles zum Guten fügen, der Herr wird es richten.«
    »Und was wird aus mir?«, schluchzte Paulina. »Wo soll ich denn hin, wenn das Gut in fremde Verwaltung kommt? Wer will denn eine alte Magd von bald fünfzig Jahren noch haben?«
    »Fünfzig?«, fragte Pater Anselmo. »Ihr scherzt! Ich selbst werde am nächsten Stephanstag einundsechzig und war sicher, dass Ihr mindestens zwanzig Jahre jünger seid!«
    Paulina hörte schlagartig mit dem Weinen auf und trocknete sich mit der Schürze die Tränen. »Wirklich?«, fragte sie schüchtern.
    »Aber gewiss! Meine Haushälterin – Ihr wisst, sie starb im letzten August, Gott hab ihre Seele gnädig – war just in Eurem Alter, aber sie hätte dem Äußeren nach leicht Eure Mutter sein können.«
    Verblüfft blickte ich von Paulina zu Pater Anselmo und wieder zurück. Beide wussten schon seit vielen Jahren ganz genau voneinander, wie alt sie waren. Pater Anselmo führte schließlich das Taufregister, und Paulina war im Dorf geboren und aufgewachsen, genau wie er selbst, dem sie zu seinem sechzigsten Geburtstag im letzten Jahr eigens einen Kuchen gebacken hatte.
    »Mit Euren Kochkünsten könntet Ihr überall sofort eine neue Anstellung finden«, betonte Pater Anselmo. Er blickte sehnsüchtig zum Tisch, wo noch die Reste vom Frühstück standen. »Allein, was Ihr innerhalb kürzester Zeit an Köstlichkeiten auf diesen Tisch gezaubert habt …«
    Paulina wurde rot und achtete sorgsam darauf, mich nicht anzusehen. »Ach, Pater, Ihr
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